Entscheidungsstichwort (Thema)

Testament

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Zusätze Dritter in einem Testament gelten in der Regel als nicht geschrieben und machen nicht das Testament als solches ungültig, wenn davon ausgegangen werden kann, daß die Erblasserin die mit ihrer eigenen Unterschrift räumlich abschließende letztwillige Verfügung auch ohne zusätzliche Unterschriften errichtet haben würde.

2. Die Anfechtung kann nur auf solche irrige Vorstellungen und Erwartungen gestützt werden, die die Erblasserin bei Errichtung der letztwilligen Verfügung tatsächlich gehabt hat; dazu gehören auch Vorstellungen und Erwartungen, die sie zwar nicht in ihr Bewußtsein aufgenommen, aber als selbstverständlich ihrer Verfügung zugrunde gelegt hat.

 

Normenkette

BGB §§ 2078, 2276 Abs. 1, § 2279 Abs. 1, § 2295

 

Verfahrensgang

LG München II (Beschluss vom 17.11.1992; Aktenzeichen 6 T 2213/92)

AG Starnberg (Beschluss vom 05.05.1992; Aktenzeichen VI 285/91)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3 gegen den Beschluß des Landgerichts München II vom

17.November 1992 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß auf die Beschwerde der Beteiligten zu 3 die Nr.III des Beschlusses des Amtsgerichts Starnberg vom 5.März 1992 aufgehoben wird.

II. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 720.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die am 1991 im Alter von 83 Jahren verstorbene Erblasserin war kinderlos und seit 1988 verwitwet. Ihre Geschwister sind vorverstorben. Als gesetzliche Erbin kommt die Nichte der Erblasserin (Beteiligte zu 3) in Betracht. Die mit der Erblasserin nicht verwandten Beteiligten zu 1 und 2 hatten sich Anfang des Jahres 1989 bereit erklärt, die Erblasserin im Bedarfsfall zu pflegen und vor einem Umzug in ein Altenheim zu bewahren. Die Erblasserin konnte sich jedoch bis an ihr Lebensende im eigenen Haus selbst versorgen. Zum Nachlaß gehören Grundbesitz und Bankguthaben.

Die Erblasserin und ihr vorverstorbener Ehemann hatten sich im Jahr 1978 durch notarielle Erbverträge gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt und außerdem bestimmt, daß der Länger- lebende über den Nachlaß des Erstversterbenden frei verfügen könne. Nur für den Fall gleichzeitigen Versterbens hatten sie die Tochter des Ehemanns als Alleinerbin eingesetzt.

Nach dem Tod ihres Ehemannes hat die Erblasserin am 16.1.1989 ein eigenhändig geschriebenes und unterschriebenes Testament errichtet. Es lautet wie folgt:

Testament!

Mein letzter Wille.

Mein Haus und Garten …..,

Mein Wald …., gehört nach meinen Tod.

Herrn u. Frau …. (Beteiligte zu 1 und 2),

welche sich bereit erklärten, das Sie sich um

mich kümern u pflegen wen ich ich solte

krank sein bis nach meinen Tod.

Und ich muß nicht ins Altersheim.

Es hat sonst niemand ein Recht auf mein

Vermögen.

… (Erblasserin)

…(Beteiligter zu 1)

…(Beteiligte zu 2)

Das Nachlaßgericht hat am 26.8.1991 den Beteiligten zu 1 und 2 einen gemeinschaftlichen Erbschein als Miterben je zur Hälfte auf Grund des Testaments vom 16.1.1989 bewilligt und erteilt. Die Beteiligte zu 3 hatte die Einziehung des Erbscheins angeregt und beantragt, ihr auf Grund gesetzlicher Erbfolge einen Erbschein als Alleinerbin zu erteilen, hilfsweise als Miterbin zu 1/7 bezüglich des im Testament nicht erwähnten Barvermögens von rund 100.000 DM. Diese Anträge waren vom Nachlaßgericht abgewiesen worden; die dagegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 3 war am 6.12.1991 durch das Landgericht zurückgewiesen worden.

Mit einem am 12.2.1992 beim Nachlaßgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Beteiligte zu 3 die Anfechtung der Erbeinsetzung im Testament vom 16.1.1989 erklärt und unter Wiederholung ihres Erbscheinsantrags erneut die Einziehung des Erbscheins vom 26.8.1991 angeregt. Durch Beschluß vom 5.3.1992 hat das Nachlaßgericht nach mündlicher Anhörung der Beteiligten zu 1 und 2 die Anregung auf Einziehung des Erbscheins (Nr.1), den erneuten Antrag auf Erteilung eines Erbscheins (Nr.2) sowie die Anfechtung des Testaments (Nr.3), zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte Beschwerde wies das Landgericht am 17.11.1992 zurück. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3. Sie beantragt, den Beschluß des Landgerichts aufzuheben, das Nachlaßgericht anzuweisen, den gemeinschaftlichen Erbschein als unrichtig einzuziehen und ihr einen Erbschein als gesetzliche Alleinerbin zu erteilen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die weitere Beschwerde ist nicht begründet.

Das Landgericht hat ausgeführt:

Die dem erteilten Erbschein zugrunde liegende Testamentsauslegung sei richtig. Das Nachlaßgericht habe weder das rechtliche Gehör der Beteiligten zu 3 noch die gesetzliche Aufklärungspflicht verletzt. Die von der Beteiligten zu 3 beantragte Vernehmung einer ehemaligen Freundin der Erblasserin sei nicht geboten. Auch wenn man den in deren Wissen gestellten Vortrag als wahr unterstelle, ergäben sich hieraus keine Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit des erteilten Erbscheins. Bei der Errichtung des Testaments sei es für die Erblasserin wesentlich gewesen, sich sch...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge