Entscheidungsstichwort (Thema)
Testamentsauslegung
Leitsatz (redaktionell)
Auch wenn bei der Testamentsauslegung nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften ist, geht es dabei nicht um die Ermittlung eines von der Erklärung losgelösten Willens des Erblassers, sondern um die Klärung der Frage, was der Erblasser mit seinen in dem Testament enthaltenen Worten sagen will. Nur die Erforschung dieses Willens ist dem Gericht aufgetragen. Ein Sinn, der in dem Wortlaut überhaupt nicht zum Ausdruck kommt, darf der Willenserklärung nicht beigelegt werden.
Normenkette
BGB § 133
Verfahrensgang
LG Ansbach (Beschluss vom 13.05.1993; Aktenzeichen 4 T 233/93) |
AG Ansbach (Aktenzeichen VI 719/91) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3 gegen den Beschluß des Landgerichts Ansbach vom 13. Mai 1993 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 30.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die am 1991 verstorbene Erblasserin war kinderlos. Sie war in zweiter Ehe mit dem Beteiligten zu 3 verheiratet. Die Eltern der Erblasserin hatten nach ihrer Scheidung jeweils erneut geheiratet. Aus der zweiten Ehe des Vaters stammt der Beteiligte zu 1, aus der zweiten Ehe der Mutter der Beteiligte zu 2. Der zweite Ehemann der Mutter hat im Jahr 1958 die Erblasserin adoptiert.
Den wesentlichen Nachlaßwert bilden Miteigentumsanteile zu je 1/2 an 2 Grundstücken, die die Erblasserin gemeinsam mit dem Beteiligten zu 3 im Jahr 1987 erworben hatte. Ferner sind Bankguthaben im Wert von ca. 32.000 DM, Bilder und verschiedene bewegliche Habe ohne größeren Wert vorhanden.
Die Erblasserin hat eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene letztwillige Verfügung hinterlassen, die auszugsweise wie folgt lautet:
„Testament 8.1.1990
oder mein letzter Wille:
Lieber !
Du weißt ja am besten, daß ich leider eigentlich nichts zu vererben habe. Keine Lebensversicherung, keine großen Summen Geld. Nur paar Bilder und bißl persönlichen Kram. Trotzdem bitte ich Dich, mir ein paar Wünsche nach meinem Tod zu erfüllen.
(Es folgt eine Aufstellung verschiedener Gegenstände, u.a. von Bildern, und deren Zuweisung an bestimmte Personen. Darin heißt es u.a.:)
M.: soll sich ein Bild von früher aussuchen (Keller oder Mappen)
L.: Bild von früher
B., S., St., R. + F. ebenfalls.
(Die meisten Toscanabilder + Tunesienbilder sollst Du behalten!)
…
Hallo, Maus! Sei nicht allzu lang traurig; heirate ruhig wieder, genieße das Leben und werde glücklich.
Es tut mir leid, daß ich Dir Sorgen gemacht habe.
Tschüß Maus
Deine „
Der Beteiligte zu 3 ist der Auffassung, daß er aufgrund der letztwilligen Verfügung zum Alleinerben berufen sei, und hat einen entsprechenden Erbschein beantragt. Demgegenüber sind die Beteiligten zu 1 und 2 der Meinung, daß die letztwillige Verfügung keine Erbeinsetzung enthalte und somit gesetzliche Erbfolge eingetreten sei. Dementsprechend hat der Beteiligte zu 1 einen gemeinschaftlichen Erbschein beantragt des Inhalts, daß die Erblasserin aufgrund Gesetzes von ihrem Ehemann zu 3/4, von den Beteiligten zu 1 und 2 zu je ein 1/8 beerbt worden sei. Der Beteiligte zu 2 hat einen Teilerbschein beantragt, der ihn als Erben zu 3/16 ausweisen soll.
Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 10.2.1993 die Erteilung eines Erbscheins angekündigt, der den Ehemann als Alleinerben ausweisen soll. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2 hat das Landgericht mit Beschluß vom 13.5.1993 den Beschluß des Amtsgerichts aufgehoben und die Sache an dieses zurückverwiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3. Er vertritt weiterhin die Auffassung, aufgrund der letztwilligen Verfügung zum Alleinerben berufen zu sein. Der Beteiligte zu 1 hat sich zu dem Rechtsmittel nicht geäußert, der Beteiligte zu 2 ist ihm entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige weitere Beschwerde ist nicht begründet.
1. Das Landgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Der Ehemann sei durch das Testament vom 8.1.1990 nicht formwirksam zum Alleinerben eingesetzt worden. Zwar sei die Erblasserin, wie sich aus dem Testament ergebe, bei dessen Abfassung (zu Unrecht) davon ausgegangen, daß ihrem Ehemann nach ihrem Tod das gemeinsame Eigentum allein gehören werde. Dieses Ergebnis habe sie auch angestrebt. Dieser Wille allein begründe jedoch keine formgültige Erbeinsetzung, da er in der letztwilligen Verfügung keinen Niederschlag gefunden habe. Die in dem Testament enthaltene Andeutung einer fehlerhaften Rechtsansicht der Erblasserin über die rechtliche Stellung ihres Ehemannes nach ihrem Tod könne nicht mit der Andeutung einer Erbeinsetzung gleichgestellt werden. Da ein Erbscheinsantrag, welcher der nach Auffassung der Kammer gegebenen gesetzlichen Erbfolge entspreche, bisher nicht gestellt sei, sei die Sache an das Nachlaßgericht zur Entscheidung in eigener Zuständigkeit zurückzugeben.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) stand. Dem Testament der Erblasserin vom 8.1.1990 kann eine Einsetzung des Bet...