Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache. Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen
Verfahrensgang
AG Fürstenfeldbruck (Aktenzeichen UR II 30/91) |
LG München II (Aktenzeichen 8 T 1904/91) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Landgerichts München II vom 11. Juni 1992 aufgehoben.
II. Die sofortige Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Amtsgerichts Fürstenfeldbruck vom 11. November 1991 wird zurückgewiesen.
III. Die weitere Beteiligte zu 1 hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, die des Rechtsbeschwerdeverfahrens fallen den Antragsgegnern als Gesamtschuldner zur Last. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Der Geschäftswert wird für alle Instanzen auf jeweils 60.000 DM festgesetzt. Nr. 3 des Beschlusses des Amtsgerichts Fürstenfeldbruck vom 11. November 1991 wird insoweit abgeändert.
Gründe
I.
Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Anlage, die bei Verfahrenseinleitung von der weiteren Beteiligten zu 1 und jetzt von der weiteren Beteiligten zu 2 verwaltet wird.
Das Erd- und 1. Obergeschoß des im Kerngebiet der Gemeinde G. gelegenen Anwesens werden gewerblich genutzt. Im 2. Obergeschoß befinden sich vier Wohnungen und eine Werkstatt, im 3. Obergeschoß fünf Wohnungen und im 4. Obergeschoß zwei Wohnungen. Der Antragstellerin gehört die im 3. Obergeschoß gelegene Wohnung Nr. 10; sie richtete dort inzwischen eine Arztpraxis ein.
In der im Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung ist bestimmt:
§ 1 Gebrauchsregelung
1. Jeder Wohnungseigentümer ist berechtigt, die in seinem Sondereigentum stehenden Räume und neben den übrigen Miteigentümern auch das gemeinschaftliche Eigentum in einer Weise zu nutzen, die nicht die Rechte der übrigen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt und in Widerspruch steht zu den nachstehenden Bestimmungen, durch welche das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums geregelt werden …
2. Wohnungen und die dazugehörigen Nebenräume sollen nur zu Wohnzwecken benutzt werden.
Die Ausübung eines freien Berufes oder Gewerbes innerhalb der Wohnung bedarf der schriftlichen Genehmigung des Verwalters. Diese kann verweigert werden, wenn mit der Ausübung des Berufes oder Gewerbes erfahrungsgemäß eine über Abs. 1 hinausgehende unzumutbare Belästigung der übrigen Wohnungseigentümer oder eine erheblich erhöhte Abnützung der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteile verbunden ist. Die Genehmigung kann unter Auflagen erteilt und bei Nichteinhaltung derselben widerrufen werden.
Die Wohnungseigentümer faßten in der Versammlung vom 25.4.1991 zu TOP 4 die Beschlüsse, „daß die beabsichtigte Umwandlung der Wohnung Nr. 5 und Nr. 10 in gewerbliche Räume nicht genehmigt wird” und daß der Verwalter beauftragt werde, „entsprechend den Vorschriften der Teilungserklärung den Eigentümern dieser beiden Wohnungen mitzuteilen, daß eine Zustimmung zu einer Umwandlung in gewerbliche Einheiten nicht erteilt wird.”
Die Antragstellerin hat am 27.5.1991 (Montag) beantragt, diese Beschlüsse für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 11.11.1991 dem Antrag stattgegeben. Das Landgericht hat auf die sofortige Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 den Beschluß des Amtsgerichts aufgehoben und den Antrag abgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin.
II.
Das Rechtsmittel ist begründet.
1. Das Landgericht hat die Antragsgegner nicht am Verfahren beteiligt. An einem Verfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG sind gemäß § 43 Abs. 4 Nr. 2 WEG alle Wohnungseigentümer materiell beteiligt und damit grundsätzlich formell zu beteiligen, d. h. zum Verfahren zuzuziehen. Dies ist hier nicht geschehen. Das Landgericht hat die im Beschwerdeverfahren eingegangenen Schriftsätze der Verwalterin gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 3 WEG zugeleitet. Die Verwalterin konnte aber nicht als Zustellungsvertreterin herangezogen werden, weil sie Rechtsmittelführerin war und ihr das eigene Rechtsmittel für die Antragsgegner nicht bekanntgemacht werden konnte (BayObLGZ 1989, 342/345). Die Antragsgegner haben aber das bisherige Verfahren stillschweigend genehmigt (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, §§ 550, 551 Nr. 5 ZPO).
2. Trotz des im Rechtsbeschwerdeverfahren angezeigten Verwalterwechsels war die frühere Verwalterin weiterhin am Verfahren zu beteiligen. Endet das Amt des Verwalters, bleibt er am Wohnungseigentumsverfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG beteiligt, wenn es um Eigentümerbeschlüsse geht, die seine Rechtsstellung betreffen (BayObLG WE 1992, 51). Da es der Senat (vgl. unten Abschnitt 3) für angemessen hält, ihr Kosten aufzuerlegen, ist sie schon aus diesem Grund weiterhin zu beteiligen.
3. Das Landgericht hat ausgeführt:
Die Verwalterin sei beschwerdeberechtigt; ihr Rechtsmittel sei auch sachlich begründet. Die Eigentümerbeschlüsse zu TOP 4 sei...