Entscheidungsstichwort (Thema)
Formwirksames Testament
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Testament kann aus mehreren nicht verbundenen Blättern bestehen, von denen nur das letzte unterzeichnet sein muss.
2. Bei einer Enterbung muss ein Ausschließungswille unzweideutig zum Ausdruck kommen und bei der Annahme einer stillschweigenden Ausschließung ist Vorsicht geboten.
Normenkette
BGB §§ 1938, 2087 Abs. 2, § 2247
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 29.05.1989; Aktenzeichen 13 T 2519/89) |
AG Neustadt a.d. Aisch (Beschluss vom 23.02.1989; Aktenzeichen VI 490/88) |
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 werden die Beschlüsse des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 29. Mai 1989 und des Amtsgerichts Neustadt an der Aisch vom 23. Februar 1989 aufgehoben.
II. Das Nachlaßgericht wird angewiesen, der Beteiligten zu 1 einen Erbschein zu erteilen, der die Beteiligten zu 1 und 2 als gesetzliche Erben der Erblasserin jeweils zur Hälfte ausweist, sobald das Testamentsvollstreckerzeugnis vom 17. November 1988 eingezogen oder für kraftlos erklärt worden ist.
III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren und das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf jeweils 300.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die verwitwete und kinderlose Erblasserin ist … 1988 im Alter von 80 Jahren verstorben. Die Beteiligte zu 1 ist ihre Schwester, der Beteiligte zu 2 ihr Bruder. Die Eltern und drei weitere Geschwister sind vorverstorben. Der Nachlaß besteht im wesentlichen aus Wertpapieren und Bankguthaben im wert von etwa 2.100.000 DM.
Die Beteiligten zu 3 bis 14 sind Träger von Altenheimen und anderen sozialen Einrichtungen.
Die Erblasserin hat zwei von ihr eigenhändig jeweils einseitig beschriebene und unterschriebene karierte Blätter ohne Datum mit folgendem Text hinterlassen:
„Testament.
Ich … (Erblasserin) treffe folgende Anordnung.
Mein Vermögen ist bei der … (Bank) in M. in festverzinslichen Anleihen angelegt. Es soll immer in derselben Höhe bestehen bleiben. Wenn Anleihen auslaufen, dann müssen wieder neue angelegt werden. Auf keinen Fall eine andere Form von Anlagen. Jeden 30. Juni werden die angefallenen Zinsen verteilt, und zwar an Altenheime + div. welche auf einer Liste mit den festgesetzten Summen aufgeführt sind. Diese Häuser sind verpflichtet an Sozialhilfe-Empfänger + bedürftige Leute ein zusätzliches Taschengeld zu zahlen und zwar so, dass der Staat nicht etwas einbehalten kann. Das Geld darf auf keinen Fall für andere Zwecke verwendet werden. Evtl. 2 malige Auszahlung im Jahr …”
„Die Zinsen werden nur an bedürftige Rentner als zusätzliches Taschengeld ausgezahlt.
… (Liste von Zuwendungen in jeweils unterschiedlicher Höhe an Altenheime und andere Einrichtungen der Beteiligten zu 3 bis 10 mit einem Gesamtbetrag von 67.000 DM)
… (Beteiligte zu 11)
zur Verteilung an Altenheime 20.000,–
Der Rest wird als Spende wie folgt aufgeteilt 3.000,–
… (Beteiligte zu 12)
… (Beteiligte zu 13)
Zwei Drittel der Restsumme
… (Beteiligte zu 14)
Ein Drittel der Restsumme
…”
Die Erblasserin hat ferner ein von ihr eigenhändig geschriebenes und unterschriebenes Schreiben vom 28.12.1987 an das Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen gerichtet. Dieses hat das Schreiben dem Nachlaßgericht zugeleitet. Dieses Schreiben hat folgenden Wortlaut:
„Amtsgericht Ga-Pa
Am 13.11.78 reichte ich unter VB 6043 mein Testament und am 26.11.81 einen Nachtrag unter 6664 zur Hinterlegung ein. Durch verschiedene Änderungen hat sich ergeben, dass ein neues Testament nötig wird. Wollen Sie mir bitte Obiges zurückschicken. Mein Vermögen habe ich in einem Depot bei der … (Bank) in M. in festverzinslichen Wertpapieren angelegt, dessen Zinsen an Altenheime + Bedürftige verteilt werden sollen. Da diese Häuser in der Garmischer Gegend sind bitte ich einen Testamentsvollstrecker v. Gericht einzusetzen. Damit die jährlich anfallenden Zinsen in meinem Sinne verteilt werden bitte jedes Jahr von den Altenheimen + div. Listen anzufordern, dass die Rentner, die Sozialhilfe Empfänger sind, von den Zinsen ein zusätzliches Taschengeld bekommen haben.
Das Geld darf auf keinen Fall für andere Zwecke verwendet werden.
Leider muss ich lt Gesetz das Vermögen in eine Stiftung einbringen, deshalb bitte ich sehr darum, dass ein Testamentsvollstrecker an der Stiftung beteiligt wird. Ebenso könnte er sich wenn möglich mit H.A. W. der … (Bank) in M. in Verbindung setzen.
Herr W. bearbeitet mein Konto und hat mein vollstes Vertrauen. Er wird auch alle anfallenden Kosten erledigen. Bitte sind Sie so freundlich und geben mir recht bald einen günstigen Bescheid damit ich das Testament einreichen kann. Mit frdl. Gruss
…”
Das Nachlaßgericht hat das Schreiben vom 28.12.1987 als testamentarisches Ersuchen gewertet und ohne Anhörung der anderen Beteiligten mit Beschluß vom 24.10.1988 die Beteiligte zu 15 zum Testamentsvollstrecker ernannt und ihr am 17.11.1988 Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt. Dies wurde der Beteiligten zu 1 mitgeteilt.
Am 17.11.1988 beantragte die Beteiligte zu 1 einen gemeinschaftlichen Erbschein auf Gr...