Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Berücksichtigung neuer Tatsachen im Verfahren der weiteren Beschwerde (hier: Wiederaufnahme strafrechtlicher Ermittlungen gegen den Erbprätendenten)
Leitsatz (amtlich)
Unter den besonderen Umständen des Einzelfalles kann die Anordnung einer Nachlaßpflegschaft gerechtfertigt sein, wenn eine Anfechtungsklage wegen Erbunwürdigkeit ernsthaft angekündigt, aber im Hinblick auf laufende strafrechtliche Ermittlungen noch nicht erhoben ist.
Normenkette
BGB §§ 1960, 2340; FGG § 27
Verfahrensgang
LG München II (Beschluss vom 07.08.2001; Aktenzeichen 8 T 6185/99) |
AG Garmisch-Partenkirchen (Aktenzeichen VI 645/99) |
Tenor
Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts München II vom 7. August 2001 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Der am 20.8.1999 im Alter von 86 Jahren verstorbene Erblasser war seit 25.6.1999 in zweiter Ehe mit der Beteiligten zu 1 verheiratet. Er hatte keine Kinder. Der Wert des Nachlasses wurde vom Amtsgericht auf rund 2,6 Mio. DM festgesetzt.
Die Beteiligten zu 2 und 3 sind Verwandte der 1992 vorverstorbenen ersten Ehefrau des Erblassers. Sie sind in einem gemeinschaftlichen Testament des Erblassers und seiner ersten Ehefrau vom 1.12.1986 als Erben des Letzt versterbenden eingesetzt. Das Testament enthält die Klausel, daß der Überlebende nach dem Tode des Erstversterbenden das Recht haben soll, die Erbeinsetzung nach dem Letzt versterbenden nach Belieben zu ändern.
Die Beteiligte zu 1 macht geltend, Alleinerbin zu sein. Sie stützt ihr Erbrecht auf einen notariellen Erbvertrag vom 19.2.1999. In diesem Vertrag setzte der Erblasser die Beteiligte zu 1, ersatzweise deren Abkömmlinge, zu Erben ein. Der Vertrag enthält für alle Vertragsparteien ein Rücktrittsrecht.
Die Beteiligten zu 2 und 3 haben Antrag auf einen Erbschein gestellt, der sie als Erben zu je 1/2 ausweisen sollte. Sie haben Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt des Erbvertrages vom 19.2.1999 geäußert. Ferner halten sie die Beteiligte zu 1 für erbunwürdig und verweisen insoweit auf staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren.
Mit Beschluß vom 10.9.1999 hat das Amtsgericht für die unbekannten Erben des Erblassers Nachlaßpflegschaft angeordnet. Zum Nachlaßpfleger mit dem Wirkungskreis Sicherung und Verwaltung des Nachlasses wurde der Beteiligte zu 4 bestellt.
Die Beteiligte zu 1 hat noch im September 1999 die Aufhebung der Nachlaßpflegschaft beantragt. Diesen Antrag hat das Amtsgericht mit Beschluß vom 11.10.1999 zurückgewiesen. Hiergegen hat die Beteiligte zu 1 Beschwerde eingelegt.
In der Folgezeit hat das Amtsgericht Ermittlungen zur Testierfähigkeit des Erblassers angestellt. Ein hierzu erholtes Sachverständigengutachten kommt zu dem Ergebnis, daß zwar vieles dafür spreche, daß der Erblasser zur Zeit der Errichtung des Erbvertrages stark unter dem Einfluß der Beteiligten zu 1 gestanden habe; es lasse sich jedoch mit den zur Verfügung stehenden Erkenntnissen das Vorliegen schwerer psychischer Störungen, die zwingend eine Geschäfts- und Testierunfähigkeit bedingen könnten, nicht beweisen. Daraufhin haben die Beteiligten zu 2 und 3 ihre Erbscheinsanträge zurückgenommen.
Zwei Schriftsätze der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1 vom 11.6. und 11.7.2001 hat das Amtsgericht als erneuten Antrag auf Aufhebung der Nachlaßpflegschaft ausgelegt und diesen Antrag mit Beschluß vom 19.7.2001 zurückgewiesen. Hiergegen hat die Beteiligte zu 1 Beschwerde eingelegt, über die das Landgericht noch nicht entschieden hat.
Mit Beschluß vom 7.8.2001 hat das Landgericht die gegen den amtsgerichtlichen Beschluß vom 11.10.1999 gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluß des Landgerichts richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1, mit der sie ihr Ziel, die Aufhebung der Nachlaßpflegschaft, weiterverfolgt.
Die Ermittlungsverfahren gegen die Beteiligte zu 1 der Staatsanwaltschaft A. wegen Freiheitsberaubung und der Staatsanwaltschaft B. wegen Mordes waren zum Zeitpunkt der landgerichtlichen Entscheidung nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt gewesen. Mit Verfügung vom 8.11.2001 hat die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Flensburg die Ermittlungen wieder aufgenommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat im wesentlichen ausgeführt: Das Amtsgericht habe am 11.10.1999 die Nachlaßpflegschaft zu Recht nicht aufgehoben. Aber auch zum nunmehr maßgeblichen Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung lägen die Voraussetzungen der Aufhebung der Nachlaßpflegschaft nicht vor. Nach Einstellung der gegen die Beteiligte zu 1 geführten Ermittlungsverfahren und nach Rücknahme der Erbscheinsanträge der Beteiligten zu 2 und 3 als mögliche Testamentserben spreche zwar eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, daß die Beteiligte zu 1 aufgrund des Erbvertrages Erbin sei. Wie das Gutachten des Sachverständigen zeige, könne eine Testierunfähigkeit des Erblassers im Zeitpunkt der Errichtung de...