Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Garderobe im gemeinschaftlichen Treppenhaus

 

Verfahrensgang

LG München II (Aktenzeichen 6 T 3922/97)

AG Ebersberg (Aktenzeichen 2 UR II 6/96)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß des Landgerichts München II vom 4. September 1997 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegner haben die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin, die Antragsgegner und die weiteren Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Anlage, die aus zwei Häusern mit je zwei Wohnungen besteht. Die Antragsgegner, deren Wohnung im Obergeschoß liegt, brachten auf dem Treppenabsatz vor ihrer Wohnungseingangstür eine Garderobe an. Sie besteht aus einer an der Wand befestigten Konstruktion aus Metallstangen, die zum Aufhängen von Kleidungsstücken dient und an der Stirnseite einen ca. 1,80 m hohen Spiegel trägt, sowie einer getrennt davon angebrachten gläsernen Hutablage, deren Metallhalterung ebenfalls das Aufhängen von Kleidungsstücken ermöglicht.

Die im Erdgeschoß desselben Hauses wohnende Antragstellerin verlangt die Beseitigung der Garderobe. Das Amtsgericht hat diesem Antrag am 5.6.1997 stattgegeben. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat das Landgericht mit Beschluß vom 4.9.1997 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich ihre sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der Treppenabsatz vor der Wohnung der Antragsgegner sei gemeinschaftliches Eigentum, ein Sondernutzungsrecht daran sei ihnen nicht zugewiesen. Der Ausbau zu einem offenen Garderobenraum hätte als bauliche Veränderung der Zustimmung und wegen der Nutzungsänderung einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer bedurft. Hieran fehle es.

2. Diese Ausführungen sind frei von Rechtsfehlern. Die Antragsgegner sind gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 15 Abs. 3 WEG zur Beseitigung der Garderobenanlage verpflichtet.

a) Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, daß das Treppenhaus gemäß § 5 Abs. 2 WEG zwingend gemeinschaftliches Eigentum ist, weil es dem Zugang zu den Wohnungen und damit dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dient (vgl. Weitnauer WEG 8. Aufl. § 5 Rn. 20). Weiterhin zutreffend hat das Landgericht angenommen, daß das Anbringen der Garderobenelemente an den Wänden des Treppenhauses eine bauliche Veränderung im Sinn von § 22 Abs. 1 WEG darstellt, die über eine ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung hinausgeht. Sie kann ohne Zustimmung anderer Wohnungseigentümer nur dann vorgenommen werden, wenn deren Rechte nicht über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden (§ 22 Abs. 1 Satz 2 i. V.m. § 14 Nr. 1 WEG). Das Landgericht hat eine solche Beeinträchtigung bejaht. Diese tatrichterliche Würdigung ist ohne Verfahrensfehler getroffen und daher gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 561 ZPO für das Rechtsbeschwerdegericht bindend. Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß das Landgericht die von der Antragstellerin vorgelegten Lichtbilder ausgewertet und dabei einen Nachteil im Sinn des § 14 Nr. 1 WEG festgestellt hat. Jedenfalls die im selben Haus wohnende Antragstellerin ist durch die von den Antragsgegnern vorgenommene bauliche Veränderung nachteilig betroffen.

b) Zutreffend hat das Landgericht angenommen, daß das Anbringen der Garderobenelemente im Bereich des oberen Treppenabsatzes und dessen Umgestaltung zu einem offenen Garderobenraum einer bestimmungsgemäßen Nutzung des Treppenhauses widerspricht. Mit dieser Maßnahme haben die Antragsgegner Alleinbesitz an einem Teil des im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Treppenhauses begründet und insoweit die übrigen Wohnungseigentümer von dem ihnen grundsätzlich zustehenden Mitgebrauch des Gemeinschaftseigentums (§ 13 Abs. 2 WEG) ausgeschlossen. Dies läuft auf die Begründung eines Sondernutzungsrechts hinaus und erfordert daher eine Vereinbarung aller Wohnungseigentümer gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2, § 15 Abs. 1 WEG (vgl. BayObLGZ 1992, 358/360; Weitnauer/Lüke § 22 Rn. 16). Darauf, ob der Treppenabsatz im Obergeschoß von den übrigen Wohnungseigentümern tatsächlich benutzt wird, kommt es nicht an, denn diese haben jedenfalls gemäß § 16 Abs. 2 WEG die Kosten und Lasten dieses Gebäudeteils gemeinschaftlich mitzutragen (vgl. KG NJW-RR 1993, 403).

c) Das Landgericht hat festgestellt, der Antragstellerin komme es darauf an, ihre Mitbewohner wegen mangelnder Rücksichtnahme im täglichen Zusammenleben zu „disziplinieren”. Dies reicht nicht aus, um ihr Beseitigungsverlangen rechtsmißbräuchlich erscheinen zu lassen. Insoweit kann auch nicht außer Betracht bleiben, daß die Antragsgegner selbst von der Antragstellerin verlangt haben, das Abstellen von Schuhen und Kleidungsstücken im Eingangsbereich des gemeinsam bewohnten Hauses zu unterlassen, und daß die Antragstellerin...

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