Entscheidungsstichwort (Thema)

Gemeinschaftliches Testament

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Auslegung eines gemeinschaftlichen Testaments, dass keine ausdrückliche Einsetzung von Schlusserben enthält, sondern vielmehr bestimmt, dass aus dem Nachlass bestimmte Personen einzelne Gegenstände erhalten sollen.

 

Normenkette

BGB § 2088 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG München II (Beschluss vom 13.03.1997; Aktenzeichen 6 T 25/97)

AG Ebersberg (Aktenzeichen VI 695/95)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 4 gegen den Beschluß des Landgerichts München II vom 13. März 1997 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten zu 1 bis 4 haben den Beteiligten zu 5 und zu 14 die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 1.000.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Erblasserin starb 1995 im Alter von 82 Jahren verwitwet und kinderlos. Gesetzliche Erben sind die Schwester und die Abkömmlinge des Bruders der Erblasserin (die Beteiligten zu 1 bis 4). Mit ihrem vor ihr verstorbenen Ehemann errichtete die Erblasserin am 15.1.1992 ein von diesem eigenhändig geschriebenes und von beiden Ehegatten unterschriebenes gemeinschaftliches Testament. In Nrn. 1 und 2 des Testaments setzten sie sich gegenseitig zu Alleinerben ein und bestimmten, daß die nachfolgenden Verfügungen auch über den Tod des letztversterbenden Ehegatten hinaus gelten sollen.

Nr. 3 des Testaments beginnt mit folgenden Worten: „Es sollen aus unserem Nachlaß erhalten:”. In Nrn. 3.1 bis 3.8 werden genau bezeichnete Depotguthaben, Aktien und sonstige Wertpapiere in einer Größenordnung von mehr als 1,2 Mio. DM sowie drei Grundstücke im Gesamtwert von über 2,2 Mio DM unter den Beteiligten zu 6 bis 16 im einzelnen verteilt. In Nr. 3.7 ist für das dort genannte Grundstück in G. im Wert von weiteren ca. 1,2 Mio DM der Name des Begünstigten offengelassen. Bei den Zuwendungen an die Beteiligten zu 6 und 11 verfügten die Ehegatten, daß die Beteiligte zu 6 das Grab der Familie in P., der Beteiligte zu 11 das Grab in M. pflegen sollen. Unter Nr. 3.9 ist vermerkt „Vermächtnisse Bl. 4a”. Auf Bl. 4a werden unter Nrn. 3.9 Buchst. a bis g bestimmte Vermögensgegenstände (ein Bild, Holzschnitzereien, Wildbestecke, Fotoalben u.a.) namentlich benannten Personen zugewendet, in Nr. 3.9 Buchst. f und g den Beteiligten zu 6 und 12. Hinter deren Namen haben die Ehegatten in Klammern die Worte angefügt „Erbe unter 3.1” und „Erbe unter 3.5”. Unter Nr. 3.10 trafen die Eheleute folgende weitere Verfügung: „Von vorhandenem Bargeld sollen erhalten:”. In den nachfolgenden Buchstaben a bis e werden die Beteiligten zu 17 bis 19 sowie die Beteiligten zu 2 und 5 genannt. Angaben über die Höhe der zugewendeten Beträge oder der jeweiligen Anteile fehlen. Nr. 3.10 Buchst. f enthält nur das Wort „Testamentsvollstrecker”, danach ist auf dem Blatt ein freier Raum. Anschließend folgen Hinweise über Kreditinstitute, bei denen die Erblasser Konten führen, und die Unterschriften der Ehegatten mit Datumsangabe.

Am 17.6.1996 erteilte das Nachlaßgericht einen Erbschein zugunsten der Beteiligten zu 1 bis 4 als gesetzliche Erben der Erblasserin. Die Beteiligte zu 5 (Begünstigte unter Nr. 3.10 Buchst. d) beantragte die Einziehung des Erbscheins als unrichtig. Diesen Antrag wies das Nachlaßgericht am 26.11.1996 zurück. Die Ehegatten hätten im Testament vom 15.1.1992 nicht über ihr gesamtes Vermögen verfügt. Über einen wesentlichen Teil, nämlich über das Grundstück in G., sei keine letztwillige Verfügung getroffen; in den Zuwendungen einzelner Gegenstände könnten daher keine Erbeinsetzungen, sondern nur Vermächtnisse gesehen werden. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 5 hob das Landgericht mit Beschluß vom 13.3.1997 den Beschluß des Nachlaßgerichts auf und wies das Nachlaßgericht an, den Erbschein als unrichtig einzuziehen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 4, der die Beteiligten zu 5 und zu 14 entgegengetreten sind.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die weitere Beschwerde ist zulässig. Sie ist mit dem Ziel gegeben, die Anordnung der Einziehung des Erbscheins aufzuheben, da die Einziehung bisher nicht durchgeführt ist (vgl. Palandt/Edenhofer BGB 57. Aufl. § 2361 Rn. 14). Das Nachlaßgericht hat Ausfertigungen des Erbscheins an den Beteiligten zu 2 als gesetzlichen Erben und an die Grundbuchämter hinausgegeben. Die Rückgabe der Ausfertigungen an das Nachlaßgericht ist noch nicht erfolgt.

2. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der an die Beteiligten zu 1 bis 4 als gesetzliche Erben erteilte Erbschein sei unrichtig und daher einzuziehen. Maßgebend für die Bestimmung der Erbfolge nach der Erblasserin sei das formwirksam errichtete gemeinschaftliche Testament vom 15.1.1992. Das Testament enthalte in Nr. 3 entgegen der Auffassung des Nachlaßgerichts nicht bloße Vermächtnisanordnungen, sondern auch Erbeinsetzungen. Die Auslegung des Testaments ergebe, daß die in Nrn. 3.1 bis 3.8 und 3.10 Bedachten Erben sein sollen....

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