Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Anforderungen an die Feststellung der Testierunfähigkeit eines Erblassers, wenn eine genaue Ermittlung des Krankheitsbildes (hier: Demenz) nicht möglich ist, aber mangelnde Orientiertheit des Erblassers für den auf die Testamentserrichtung folgenden Tag festgestellt ist.
2. Zur Überprüfung der Beweiswürdigung des Beschwerdegerichts in der Rechtsbeschwerdeinstanz.
Normenkette
BGB § 2229 Abs. 4, § 2358; FGG § 12
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 27.05.1998; Aktenzeichen 13 T 996/96) |
AG Nürnberg (Aktenzeichen VI 4437/94) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 27. Mai 1998 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, daß der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens auf 95.000 DM festgesetzt wird.
II. Der Beteiligte zu 1 hat dem Beteiligten zu 2 die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 95.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Erblasserin ist 1994 im Alter von 91 Jahren verstorben. Aus der Ehe mit ihrem 1977 vorverstorbenen Ehemann stammen zwei Kinder, der Beteiligte zu 1 sowie ein weiterer vor der Erblasserin verstorbener Sohn, dessen einziges Kind der Beteiligte zu 2 ist.
Die Erblasserin lebte seit 1988 in einem Wohnstift und wurde dort vom Vater des Beteiligten zu 2 betreut. Nachdem dieser am 24.11.1990 verstorben war, errichtete sie am 8.12.1990 in Gegenwart ihres anderen Sohnes, des Beteiligten zu 1, eigenhändig ein datiertes und unterschriebenes Schriftstück, das in schwer lesbarer, auf dem Blatt schräg nach oben verlaufender Schrift folgenden Text aufweist:
„Ich/ichs etze zu meinem Erben meinen Sohn … (Beteiligter zu 1) ein.”
Die Aufzeichnungen des Arztes, der die Erblasserin in dem Wohnstift über mehrere Jahre hinweg behandelt hat, enthalten für den folgenden Tag (9.12.1990) folgenden Vermerk: „örtl. zeitl. neg.; zur Person fraglich; freundlich, zufrieden”. Auf Antrag des Beteiligten zu 1 wurde im April 1991 für die Erblasserin Pflegschaft angeordnet. Dem Antrag lag ein Attest des genannten Arztes zugrunde, wonach die Erblasserin als schwerer Pflegefall gelte und ständig bettlägerig sei. Sie sei zeitlich, örtlich und zur Person nicht orientiert und könne die Verrichtungen des täglichen Lebens nicht mehr vollbringen, geschweige denn sich um finanzielle Angelegenheiten kümmern. In dem die Pflegschaft anordnenden Beschluß vom 18.4.1991 hat der Richter, der die Erblasserin am Tag vorher persönlich angehört hatte, vermerkt, daß eine „rechtserhebliche Verständigung” mit der Betroffenen nicht möglich sei.
Der Beteiligte zu 1 hat einen Erbschein beantragt, wonach die Erblasserin aufgrund des Testaments vom 8.12.1990 durch ihn allein beerbt worden sei. Der Beteiligte zu 2 hat dem Antrag widersprochen. Das Nachlaßgericht hat nach Vernehmung des erwähnten Arztes, einer Krankenschwester des Altenstifts und der Ehefrau des Beteiligten zu 1 für den Fall eines entsprechenden Antrags einen Erbschein angekündigt, wonach die Erblasserin von den Beteiligten zu 1 und 2 je zur Hälfte beerbt worden sei. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Erblasserin sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme bei Testamentserrichtung am 8.12.1990 nicht testierfähig gewesen. Der Beteiligte zu 2 hat daraufhin einen entsprechenden Erbscheinsantrag gestellt.
Der Beteiligte zu 1 hat gegen den Beschluß des Amtsgerichts Beschwerde eingelegt. Nach erneuter Vernehmung der Ehefrau des Beteiligten zu 1, der Einholung eines Sachverständigengutachtens nebst Ergänzung sowie der Vorlage mehrerer Privatgutachten mit Ergänzungen durch den Beteiligten zu 1 hat das Landgericht das Rechtsmittel mit Beschluß vom 27.5.1998 zurückgewiesen. Den Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens hat es auf 68.000 DM festgesetzt. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1.
Entscheidungsgründe
II.
Die weitere Beschwerde ist zulässig, aber in der Sache nicht begründet.
1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Erblasserin sei bei Niederschrift des Testaments nicht testierfähig gewesen. Die Kammer schließe sich insoweit nach eigener Prüfung den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen an. Die einleuchtenden Darlegungen des Sachverständigen entkräfteten auch den Standpunkt der beiden Privatgutachter des Beteiligten zu 1 Die geistig schwer beeinträchtigte Erblasserin sei in ihrem desorientierten Zustand nicht in der Lage gewesen, sich ein Urteil über Bedeutung, Tragweite und Wirkungen der von ihr niedergeschriebenen Worte zu bilden, die Gründe, die für und gegen die sittliche Berechtigung der Anordnungen sprächen, zu beurteilen und frei von Einflüssen Dritter zu handeln. Die Grundlagen für diese Einschätzung ergäben sich aus der Aussage der Pflegeschwester sowie des Arztes im Zusammenhang mit den von diesem geführten Aufzeichnungen. Für den Tag nach der Testamentserrichtung sei dokumentiert, daß die Erblasserin örtlich ...