Leitsatz (amtlich)
Ersetzung der Einwilligung des nichtehelichen Vaters in die Adoption durch die Pflegeeltern in einem Fall, in dem das Kind ab seinem zehnten Lebensmonat seit ca. sechs Jahren ohne Unterbrechung in die Familie der Pflegeeltern wie ein leibliches Kind integriert ist.
Verfahrensgang
LG Passau (Beschluss vom 06.11.2003; Aktenzeichen 2 T 288/00) |
AG Passau (Aktenzeichen 1-X 34/99) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des LG Passau vom 6.11.2003 (LG Passau, Beschl. v. 6.11.2003 – 2 T 288/00) wird zurückgewiesen.
II. Der Beteiligte zu 2)hat die den Beteiligten zu 3) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 Euro festgesetzt. Auf diesen Betrag wird auch der Beschwerdewert in Ziff. IV des Beschlusses des LG Passau vom 6.11.2003 (LG Passau, Beschl. v. 6.11.2003 – 2 T 288/00) abgeändert.
Gründe
I. Der 1997 geborene Beteiligte zu 1) ist das Kind der am 4.10.1997 tödlich verunglückten A. und des Beteiligten zu 2). Die Eltern des Kindes waren nicht miteinander verheiratet. Vormund des Beteiligten zu 1) ist das Landratsamt P. – Kreisjugendamt –. Seit dem 27.2.1998 lebt der Beteiligte zu 1) auf Veranlassung des Kreisjugendamts ununterbrochen im Haushalt von Pflegeeltern (den Beteiligten zu 3) im Landkreis P.; die Pflegeeltern wollen den Beteiligten zu 1) adoptieren.
Der Beteiligte zu 1) und die Beteiligten zu 3) besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit, der Beteiligte zu 2)besitzt die pakistanische Staatsangehörigkeit.
Der Beteiligte zu 2)wohnte zur Zeit seiner Kontakte mit der Kindsmutter in Asylbewerberunterkünften in Deutschland und wurde kurz nach dem Tod der Kindsmutter nach Pakistan abgeschoben. Im Jahre 1998 heiratete er in Österreich und hat seitdem dort in einem gemeinsamen Haushalt mit seiner Ehefrau und deren Tochter seinen ständigen Aufenthalt.
In die von den Beteiligten zu 3) beantragte Adoption des Beteiligten zu 1) hat der Beteiligte zu 2)seine Einwilligung verweigert. Daraufhin hat das Kreisjugendamt P. als Vormund für den Beteiligten zu 1) am 29.7.1999 bei dem VormG beantragt, die Einwilligung des Beteiligten zu 2)zu ersetzen.
Das VormG hat den Antrag mit Beschluss vom 20.11.2000 zurückgewiesen. Mit Beschluss vom 6.11.2003 (LG Passau, Beschl. v. 6.11.2003 – 2 T 288/00) hat das LG auf das Rechtsmittel des Beteiligten zu 1) nach Anhörung des Kindes und Beweiserhebung insb. im Wege der Erholung familienpsychologischer Gutachten den Beschluss des VormG vom 20.11.2000 aufgehoben und die Einwilligung des Beteiligten zu 2)in die Annahme des Beteiligten zu 1) durch die Beteiligten zu 3) ersetzt. Hiergegen hat der Beteiligte zu 2)weitere Beschwerde eingelegt.
II. Das Rechtsmittel ist als sofortige weitere Beschwerde statthaft (§ 27 Abs. 1 S. 1, § 29 Abs. 2, § 53 Abs. 1 S. 2, § 60 Abs. 1 Nr. 6 FGG; vgl. Keidel/Meyer/Holz, FGG, 15. Aufl., § 29 Rz. 37 m.w.N.). Es ist form- und fristgerecht eingelegt (§ 29 Abs. 1 S. 1 und 2, Abs. 4, § 22 Abs. 1 FGG) und auch i.Ü. zulässig.
Das Rechtsmittel hat aber in der Sache keinen Erfolg.
1. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte und die örtliche Zuständigkeit des AG P. ergeben sich aus § 43b Abs. 1 und 2 FGG. Gemäß § 19 Abs. 2 FGG hatte über die Beschwerde das LG P. zu entscheiden.
2. Das LG hat im Wesentlichen ausgeführt, nach § 1748 Abs. 4 BGB sei die Einwilligung des nichtehelichen Vaters zu ersetzen, wenn das Unterbleiben der Annahme dem Kind zu unverhältnismäßigem Nachteil gereichen würde. Auf ein Fehlverhalten des Vaters, etwa Gleichgültigkeit ggü. seinem Kind, komme es dabei anders als bei der Regelung in § 1748 Abs. 1 BGB nicht an. Die Kammer habe mehrere familienpsychologische Gutachten erholt. Auf der Grundlage dieser Gutachten und der sonstigen Beweiserhebung, zu denen auch die Anhörung des Kindes gehört habe, sehe die Kammer einen unverhältnismäßigen Nachteil für das Kind als erwiesen an. Ein Unterbleiben der Annahme würde sowohl der harmonischen Gesamtentwicklung des Kindes als auch seiner psychischen Befindlichkeit erheblich schaden. Eine weitere Einbindung des Kindes in den chronischen und entwicklungschädigenden Konflikt zwischen dem Beteiligten zu 2)und den Beteiligten zu 3) hätte eine grundlegende emotionale und soziale Orientierungslosigkeit, verbunden mit einem nicht verantwortbaren Verlust an Identitätsgewinnung zur Folge.
3. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).
a) Gemäß Art. 22 Abs. 1 EGBGB unterliegt die Annahme als Kind dem Recht des Staates, dem die Beteiligten zu 3) als Annehmende bei der Annahme angehören. Die Erforderlichkeit und die Erteilung der Zustimmung einer Person, zu der das Kind in einem familienrechtlichen Verhältnis steht, zu einer Annahme als Kind unterliegen gem. Art. 23 S. 1 EGBGB zusätzlich dem Recht des Staates, dem das Kind angehört. Unter Berücksichtigung der festgestellten Staatsangehörigkeiten der Beteiligten ist das ...