Entscheidungsstichwort (Thema)

gerichtliche Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 18.04.1997; Aktenzeichen 17 HKT 3242/97)

AG München

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 wird der Beschluß des Landgerichts München I vom 18. April 1997 aufgehoben, soweit er die Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern durch das Amtsgericht als Vertreter der Gewerkschaften bestätigt.

II. Im übrigen wird das Rechtsmittel zurückgewiesen.

III. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache an das Landgericht zur neuen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten und Auslagen des Rechtsbeschwerdeverfahrens, zurückverwiesen.

IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 200.000 DM festgesetzt. Auf diesen Betrag wird die Geschäftswertfestsetzung des Landgerichts für das Beschwerdeverfahren in Nr. II seines Beschlusses vom 18.4.1997 abgeändert.

 

Tatbestand

I.

1. Die X-AG hat am 9.7.1996 bekanntgemacht, daß die Gesellschaft die Zahl von 2 000 Mitarbeitern überschritten hat und deshalb der Aufsichtsrat nach den Vorschriften des Mitbestimmungsgesetzes (MitbestG) sich nunmehr aus je sechs Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer zusammensetzt, wobei von den Arbeitnehmervertretern zwei Vertreter von Gewerkschaften sind. Diese Feststellung wurde gemäß § 97 AktG durch Aushang in den Betrieben des Unternehmens und Veröffentlichung im Bundesanzeiger bekanntgemacht.

2. a) Da dem Aufsichtsrat die nötige Zahl von Mitgliedern nicht angehörte, haben der Vorstand (Beteiligter zu 1), zwei Gewerkschaften (Beteiligte zu 2 und 4), der Gesamtbetriebsrat (Beteiligter zu 3) sowie 1/10 von wahlberechtigten Arbeitnehmern Anträge auf Ergänzung des Aufsichtsrats gestellt. Im einzelnen haben beantragt zu bestellen: …

b) Das Amtsgericht hat als Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit, und – entgegen der falschen Bezeichnung in seinem Beschluß – nicht als Registergericht, am 10.1.1997 folgende Aufsichtsratsmitglieder bestellt:

als Vertreter der

aa) Gewerkschaften: …

bb) Angestellten: A und B

cc) Arbeiter: …

dd) Leitenden Angestellten: …

3. Gegen diese Entscheidung hat die Beteiligte zu 2 sofortige Beschwerde eingelegt, die das Landgericht mit Beschluß vom 18.4.1997 als unbegründet zurückgewiesen hat. Hiergegen hat die Beteiligte zu 2 weitere sofortige Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, eine Ergänzung des Aufsichtsrats entsprechend ihren personellen Vorschlägen zu erreichen. Hinsichtlich der Bestellung des Vertreters der Leitenden Angestellten hat sie im Rechtsbeschwerdeverfahren ihr Rechtsmittel zurückgenommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Soweit nach teilweiser Rücknahme über das zulässige Rechtsmittel noch zu entscheiden ist, ist es nur zum Teil begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Auswahl eines gemäß § 104 Abs. 2 AktG auf Antrag durch das Gericht zu bestellenden Mitglieds des Aufsichtsrats stehe im Ermessen des Gerichts. Ermessensfehler des Amtsgerichts, die zur Aufhebung des Beschlusses vom 10.1.1997 führen könnten, lägen nicht vor. Als vorrangiges Auswahlkriterium sei bei einer Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern gemäß § 104 AktG die persönliche und fachliche Eignung des Kandidaten heranzuziehen. Ob die Beteiligte zu 4, wie von der Beschwerdeführerin in Abrede gestellt, als Gewerkschaft im Sinne des § 104 AktG anzusehen sei, könne dahingestellt bleiben, weil die Auswahlentscheidung des Amtsgerichts auch dann unverändert Bestand haben könne, wenn der Beteiligten zu 4 kein Antragsrecht im Sinne des § 104 AktG zuzubilligen sei. Auch bei Außerachtlassung der von der Beteiligten zu 4 übereinstimmend mit dem Gesamtbetriebsrat unterbreiteten Vorschläge sei die Ermessensausübung des Amtsgerichts nicht zu beanstanden. Bei den Vertretern der Gewerkschaften und der Arbeiter hätten sich jeweils gegensätzliche Vorschläge der Gewerkschaften und des Gesamtbetriebsrats gegenübergestanden. Es begegne keinen rechtlichen Bedenken, wenn sich das Amtsgericht bei der Entscheidung zwischen den Bewerbern bei den Arbeitern und bei den Vertretern der Gewerkschaften für die Kandidaten des Gesamtbetriebsrats entschieden habe. Als Vertreter der Angestellten seien vom Gesamtbetriebsrat A und …, von der Beteiligten zu 2 … und von 142 Angestellten B vorgeschlagen worden. Die Entscheidung des Amtsgerichts für A und B begegne keinen rechtlichen Bedenken. Die Auswahlentscheidung für A sei sachgerecht, da es der betriebsnahen Vertretung von Arbeitnehmerinteressen diene, wenn dem Vorschlag des Gesamtbetriebsrats der Vorzug vor einem auf einer innergewerkschaftlichen Vorauswahl beruhenden Vorschlag gegeben werde. Der Vorschlag B werde von 142 Arbeitnehmern unterschriftlich belegt unterstützt. Dies stelle einen erheblichen Vertrauensbeweis für Herrn B dar und rechtfertige die Annahme, daß es der betriebsnahen Vertretung von Arbeitnehmerinteressen im Aufsichtsrat diene, wenn entsprechend dem Vorschlag B zum Vertreter der Angestellten im Aufsichtsrat bestellt werde und diesem Vorschlag der Vorzu...

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