Entscheidungsstichwort (Thema)
Testament
Leitsatz (redaktionell)
1. Auch ein seitlich auf der Urkunde angebrachter eigenhändiger Namenszug kann als Unterschrift i.S.d. § 2247 Abs. 2, 3 BGB anzusehen sein.
2. Die Unterschrift muß nicht stets als Letztes unter dem Schriftstück stehen. Es reicht eine solche räumliche Beziehung der Namensschrift zum Text aus, daß sie diesen nach der Verkehrsauffassung deckt.
3. Testierfähigkeit erfordert, dass der Erblasser die Vorstellung hat, daß er ein Testament errichtet und welchen Inhalt die darin enthaltenen letztwilligen Verfügungen aufweisen. Er muß dabei in der Lage sein, sich ein klares Urteil zu bilden, welche Tragweite seine Anordnungen haben, insbesondere welche Wirkung sie auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen ausüben. Das gilt auch für die Gründe, welche für oder gegen die sittliche Berechtigung der Anordnungen sprechen. Nach seinem so gebildeten Urteil muß der Testierende frei von Einflüssen interessierter Dritter handeln können.
Normenkette
BGB §§ 2229-2230, 2247 Abs. 2-3
Verfahrensgang
LG Hof (Beschluss vom 16.09.1985; Aktenzeichen T 89/85) |
AG Hof (Entscheidung vom 22.08.1985; Aktenzeichen VI 1227/84) |
Tenor
I. Der Beschluß des Landgerichts Hof vom 16. September 1985 und der des Amtsgerichts Hof vom 22. August 1985 werden aufgehoben.
II. Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und neuen Entscheidung an das Amtsgericht Hof zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
1. Am … verstarb in … der zuletzt in …, wohnhafte 58-jährige frühere Kraftfahrer … (Erblasser). Er war verheiratet mit der im Jahre 1983 verstorbenen … geborene … Aus dieser Ehe sind keine Kinder hervorgegangen. Der Erblasser hatte keine Geschwister. Seine Eltern sind vorverstorben.
Der Großvater des Erblassers väterlicherseits hatte mehrere eheliche Kinder, die alle vorverstorben sind. Die Beteiligte zu 1 ist die Tochter eines dieser Kinder.
Zum Nachlaß gehören ein Anwesen in Zell mit einem Verkehrswert von 180.000 DM, ein Waldgrundstück, Sparguthaben und Festgelder in Höhe von rund 93.000 DM, Goldbarren im Werte von ca. 20.000 DM, Schmuck und Hausrat.
2. Der Erblasser hat am … ein handschriftliches Testament errichtet, das folgenden Wortlaut hat:
…
Mein letzter Wille.
Ich möchte mit meiner verstorbenen Frau … geb. … (bitte umbetten neuen Eichensarg, selbst Eichensarg) in der größten und schönsten Gruft, die gestattet ist beigesetzt werden. (Ausgemauert und vollkommen geschlossen). Die Gruft und der Stein soll von Herrn … erbaut und hergestellt werden. Inschrift: Hier ruhen nach eigenem Willen und zufrieden Namen, Geburt, Todestag. Für die Beerdigung (Grabstelle. Gruft. Stein. Umbettung, Blumen, Leichenschmaus, Spende für den Dankesgottesdienst und sonstiges bestimme ich 60.000– DM. (Sechzigtausend) zu verwenden. Das Geld dafür ist erstrangig. Für die reelle Abwicklung ist Notar … verantwortlich. Verwandtschaft ist vom Erbe ausgeschlossen. Die Erben des restlichen Nachlasses. Honorar für Notar. … 1 Diamant, … 1 Diamant, … 5 Barren Gold, … 5 Barren Gold, … 5 Barren Gold. … 5.000– DM. … 5.000– DM. A. … 5.000– DM. … 5.000– DM Schützen-Club Zell 20.000– DM. Inventar für Arme und Bedürftige. Das Haus mit Grund darf nicht verkauft werden. Es bleibt ewig Eigentum der Kirche. Flurstück 313 Wald und Wiese …
Das Blatt ist nach unten vollbeschrieben. Am linken Rand steht quer zum anderen Text: ….
3. Das Amtsgericht – Nachlaßgericht – Hof ordnete am 21.12.1984 Nachlaßpflegschaft an. Am 25.4.1985 beschloß der Kirchenvorstand der Evang.-Luth. Kirchengemeinde …, das „Vermächtnis …” nicht anzunehmen. Eine Ablichtung des Auszugs aus dem Protokollbuch sowie eine Ablichtung der Zustimmungserklärung des Landeskirchenrats vom 29.5.1985 legte der Nachlaßpfleger dem Amtsgericht, Nachlaßgericht, Hof am 24.6.1985 vor.
Nach Ermittlungen stellte das Amtsgericht, Nachlaßgericht, Hof durch Beschluß vom 22.8.1985 fest, daß ein anderer Erbe als der Fiskus des Freistaates Bayern nicht vorhanden sei.
Gegen diese Entscheidung legte die Beteiligte zu 1 „sofortige Beschwerde” ein, der der Richter durch Beschluß vom 5.9.1985 nicht abhalf. Zur Begründung führte er aus, daß der Erblasser durch Testament seine „Verwandtschaft” vom Erbe ausgeschlossen und darüberhinaus nur Vermächtnisse angeordnet habe.
Das Landgericht Hof wies die Beschwerde durch Beschluß vom 16.9.1985 zurück.
Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. Sie meint, das Testament enthalte keine Enterbung, weil nur Vermächtnisse angeordnet worden seien. Der Erblasser sei darüberhinaus offensichtlich geschäftsunfähig und nicht testierfähig gewesen, was sich schon daraus ergebe, daß er die Vermächtnisnehmer als „Erben” bezeichnet habe. Darüberhinaus habe der Erblasser offenbar auch angenommen, daß die Kirche Eigentümerin des Grundstücks sei. Das träfe jedoch nicht zu. Es sei nicht der wahre Wille des Erblassers gewesen, daß ihn der Fiskus beerbe.
Der Beteiligte zu 2 hatte Gelegenheit, sich zur weiteren Beschwerde zu äußern. Er hat davon keinen Geb...