Leitsatz (amtlich)
Zum Erfordernis einer weiteren sachverständigen Begutachtung im Rahmen eines Unterbringungsverfahrens, wenn der Gutachter des anhängigen Verfahrens zwar die Voraussetzungen für die Unterbringung bejaht, der Betroffene aber 3 Monate zuvor mit anderem Ergebnis begutachtet worden ist.
Verfahrensgang
LG Ansbach (Beschluss vom 03.11.2003; Aktenzeichen 4 T 801/03) |
AG Ansbach (Aktenzeichen XIV 247/03) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Ansbach vom 3.11.2003 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Auf Antrag der weiteren Beteiligten, einer Kreisverwaltungsbehörde, ordnete das AG am 10.10.2003 die vorläufige Unterbringung des Betroffenen in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses zur Erstellung eines Gutachtens an. Auslöser für die vormundschaftsgerichtliche Maßnahme waren wiederholte Anrufe des Betroffenen im Büro einer Bundestagsabgeordneten, die den Schluss auf eine psychische Störung zuließen. Auf der Grundlage eines Gutachtens des Bezirksklinikums vom 13.10.2003 und nach Anhörung des Betroffenen ordnete das AG auf öffentlich rechtlicher Grundlage mit Beschluss vom 16.10.2003 dessen vorläufige Unterbringung für die Dauer von sechs Wochen an. Als Grund für die Unterbringungsmaßnahme war insb. die Bedrohung der Bundestagsabgeordneten angegeben.
Die sofortige Beschwerde des Betroffenen wies das LG mit Beschluss vom 3.11.2003 zurück. Der Beschwerdeführer wurde am 14.11.2003 aus dem Bezirksklinikum entlassen.
Mit Schreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 24.11.2003 hat der Betroffene sofortige weitere Beschwerde eingelegt und beantragt, die Rechtswidrigkeit der angeordneten Unterbringungsmaßnahmen festzustellen. Die Voraussetzungen einer geschlossenen Unterbringung hätten zu keinem Zeitpunkt vorgelegen.
II. 1. Die sofortige weitere Beschwerde ist nur teilweise zulässig.
a) Dem Schriftsatz der sofortigen weiteren Beschwerde ist zu entnehmen, dass sich der Betroffene gegen alle gegen ihn getroffenen einstweiligen Anordnungen wendet. Soweit mit dem Rechtsmittel allerdings die Feststellung der Rechtswidrigkeit des vormundschaftsgerichtlichen Beschlusses vom 10.10.2003 (Anordnung der vorläufigen Unterbringung zur Erstattung eines Gutachtens) begehrt wird, ist es nicht statthaft (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG). Eine Entscheidung des Beschwerdegerichts hierzu, die mit dem statthaften Rechtsmittel der sofortigen weiteren Beschwerde angegriffen werden könnte, liegt nicht vor. Der Betroffene hat sich zwar in dem Schriftsatz der sofortigen Beschwerde ausdrücklich gegen den Beschluss vom 10.10.2003 gewandt; das LG hat jedoch nur die Rechtmäßigkeit des Beschlusses vom 16.10.2003 geprüft und auch nur hierüber entschieden.
b) Soweit der Betroffene mit der sofortigen weiteren Beschwerde die Feststellung der Rechtswidrigkeit der vorläufigen Unterbringung gem. dem Beschluss vom 16.10.2003 begehrt, ist dies trotz der Erledigung der Hauptsache durch seine Entlassung am 14.11.2003 zulässig. Der Beschwerdeführer hat insoweit ein Rechtsschutzbedürfnis. Denn die in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes gebietet es, in den Fällen, in denen der durch die geschlossene Unterbringung bewirkte tiefgreifende Eingriff in das Grundrecht der Freiheit beendet ist, die Schutzwürdigkeit des Interesses des Betroffenen an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Grundrechtseingriffs zu bejahen (vgl. BVerfG v. 5.12.2001 – 2 BvR 527/99, NJW 2002, 2456; BayObLGZ 2002, 304 [306]). Dies gilt auch dann, wenn die Erledigung nach Erlass der landgerichtlichen Entscheidung eingetreten ist (vgl. BayObLG, Beschl. v. 30.7.2003 – 3Z BR 139/03). Ob hiervon im Einzelfall Ausnahmen gerechtfertigt sein können (vgl. Demharter, FGPrax 2002, 137 [138]), bedarf hier keiner weiteren Erörterung, da im vorliegenden Fall einer zeitlich eng befristeten Freiheitsentziehung bereits nach den bisher maßgebenden Grundsätzen der Rspr. (vgl. BVerfG v. 10.5.1998 – 2 BvR 978/97, NJW 1998, 2432; BayObLG v. 20.7.2001 – 3 Z BR 69/01, NJW 2002, 146, m.w.N.) der Fortbestand des Rechtsschutzbedürfnisses zu bejahen ist.
In der Sache hat das Rechtsmittel, soweit es zulässig ist, keinen Erfolg.
2. Das LG hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die Voraussetzungen für eine vorläufige Unterbringung nach dem Unterbringungsgesetz seien gegeben. Der Betroffene stelle eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar, denn er habe geäußert, dass die Bundestagsabgeordnete nicht mehr lange Abgeordnete sein würde, wenn sie ihm nicht helfe. Ausweislich ärztlicher Begutachtung leide der Betroffene an einer paranoiden Psychose. Aufgrund aggressiver Verhaltensweise sei von einem Fremdgefährdungspotenzial des Betroffenen auszugehen. Ferner müsse Selbstgefährdungspotenzial angenommen werden, falls das psychotische Zustandsbild nicht durch psychiatrische Behandlung gelindert werde. Die Begutachtung durch den Landgerichtsarzt im Juli 2003 stehe der Richtigkeit des Gutachtens, das im laufenden Verfahren...