Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Voraussetzungen der Erwachsenenadoption in einem Fall, in dem ein Eltern-Kind-Verhältnis zwischen Onkel und Nichte durch gemeinsame Arbeit in der Landwirtschaft entstanden ist und in dem die Hofübergabe an den Anzunehmenden unter Vereinbarung eines Leibgedings in Aussicht genommen ist.
2. Vor der Annahme ist die Anhörung der Kinder des Annehmenden zwingend erforderlich. Das gilt auch, wenn es sich um ein angenommenes Kind handelt.
Verfahrensgang
LG Ingolstadt (Beschluss vom 21.11.2003; Aktenzeichen 1 T 1373/03) |
AG Ingolstadt (Aktenzeichen XVI 6/03) |
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) wird der Beschluss des LG Ingolstadt vom 21.11.2003 aufgehoben.
II. Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das LG Ingolstadt zurückverwiesen.
Gründe
I. Der im Jahr 1951 geborene Beteiligte zu 1) ist ledig und hat keine leiblichen Kinder. Er betreibt eine Landwirtschaft. Seine verheiratete Schwester ist die Mutter der Kinder A., geboren 1974, und B., geboren 1983, der Beteiligten zu 2). Mit notarieller Urkunde vom 8.1.2001 beantragten der Beteiligte zu 1) und A., die Annahme des A. als Kind des Beteiligten zu 1) auszusprechen. Mit Beschluss vom 17.4.2001 erließ das VormG das entsprechende Adoptionsdekret. Der Angenommene führt den aus dem Familiennamen des Beteiligten zu 1) und seinem bisherigen Familiennamen zusammengesetzten Doppelnamen.
Mit notarieller Urkunde vom 21.2.2003 beantragten die Beteiligten, die Annahme der Beteiligten zu 2) als Kind des Beteiligten zu 1) auszusprechen. Zur Begründung führten sie aus, dass der Beteiligte zu 1) bereits seit mehreren Jahren von der Beteiligten zu 2) wie von einer Tochter - gemeinsam mit deren Bruder A. - unterstützt und versorgt werde; es sei vorgesehen, dass sie gemeinsam mit ihrem Bruder den Hof fortführen und den Beteiligten zu 1) im Alter unterstützen. Sie solle, denselben Familiennamen wie ihr Bruder tragen.
Nach Anhörung der Beteiligten lehnte das VormG mit Beschluss vom 6.6.2003 die Anträge der Beteiligten auf Ausspruch der Adoption ab. Gegen diese Entscheidung legten die Beteiligten Beschwerde ein. Das LG hörte die Beteiligten sowie die Mutter der Beteiligten zu 2) an und wies mit Beschluss vom 21.11.2003 die Beschwerde zurück. Mit der weiteren Beschwerde verfolgen die Beteiligten ihren Annahmeantrag weiter.
II. Die zulässige weitere Beschwerde der Beteiligten hat Erfolg.
1. Das LG hat ausgeführt:
Voraussetzung für den Ausspruch der Annahme eines Volljährigen als Kind sei die sittliche Rechtfertigung insb. durch ein Eltern-Kind-Verhältnis. Schon begründete Zweifel daran genügten, um die Annahme abzulehnen. Für den Beteiligten zu 1) stehe bei der beantragten Adoption die erhoffte Steuerersparnis bei der geplanten Vererbung seiner Landwirtschaft im Vordergrund. Auch bei der Beteiligten zu 2) sei nicht erkennbar geworden, dass familienbezogene Gründe im Vordergrund stünden. Zwar habe sie angedeutet, dass der Beteiligte zu 1) hilfebedürftig sei; insgesamt habe sich aber der Eindruck ergeben, dass für sie mehr die Fortführung der Landwirtschaft als die rechtliche Einkleidung eines besonderen persönlichen Verhältnisses zu ihrem Onkel im Vordergrund stehe. Sie bezwecke mit der Adoption nach eigenen Worten, "dass das mit der Landwirtschaft guat nausgeht" und zeige dadurch, dass es ihr nicht darum gehe, eine persönliche Verbundenheit zu dem Beteiligten zu 1) nach außen hin zu manifestieren, sondern den Erwerb und Betrieb der Landwirtschaft für sich zu sichern. Bei der Anhörung habe nicht herausgehört werden können, dass die Beteiligten mit der Adoption eine Nachfolge wie unter Eltern und Kindern beabsichtigten; vielmehr habe sich der Eindruck ergeben, dass es darum gehe, die Leistungen der Beteiligten zu 2) in der Landwirtschaft und bei der Versorgung des Beteiligten zu 1) zu entlohnen und dies durch die Adoption rechtlich abzusichern. Soweit die Beteiligte zu 2) erwähnt habe, dass nach einer Adoption alle besser zusammenhelfen könnten, stehe nicht die Manifestation eines Gemeinschaftsgefühls mit dem Beteiligten zu 1) im Vordergrund, sondern die Abgeltung der Gegenleistungen der Beteiligten zu 2). Hiervon machten beide Beteiligte die Adoption abhängig; der Beteiligte zu 1) wolle sich sogar bei Vererbung seiner Landwirtschaft die Pflegeleistungen der Beteiligten zu 2) vertraglich absichern lassen. Daraus ergebe sich, dass der Adoptionsantrag nur aus wirtschaftlichen Gründen gestellt sei. Zwar stehe außer Zweifel, dass die Beteiligten untereinander ein gutes Verhältnis haben und zusammen Besuche und Ausflüge im Verbund mit den leiblichen Eltern der Beteiligten zu 2) unternehmen. Dies lasse aber nicht den Schluss zu, dass hier ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden sei, das sich von einer normalen Beziehung zwischen Onkel und Nichte abhebt.
2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) nicht stand. Sie beruht auf einer Verletzung des Gesetzes, nämlich einer Verkennung des un...