Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenrecht
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach der Zurücknahme der Beschwerde ist über die Erstattung der den Beteiligten entstandenen außergerichtlichen Kosten gemäß § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG nach billigem Ermessen zu entscheiden.
2. Wurde das Rechtsmittel zurückgenommen, entspricht es regelmäßig der Billigkeit, daß derjenige, der ein Rechtsmittelverfahren in Gang gebracht hat, die einem anderen dadurch entstandenen Kosten erstattet. Es können aber besondere Umstände eine andere Beurteilung rechtfertigen.
Normenkette
FGG § 27 Abs. 1; ZPO § 550
Verfahrensgang
LG Aschaffenburg (Beschluss vom 26.08.1994; Aktenzeichen 4 T 88/94) |
AG Aschaffenburg (Aktenzeichen VI 1093/93) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Beschluß des Landgerichts Aschaffenburg vom 26. August 1994, in der berichtigten Fassung vom 6. September 1994, in Nr. I aufgehoben.
II. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten für das Beschwerdeverfahren vor dem Landgericht Aschaffenburg unterbleibt. Im übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten zu 1 bis 3 sind die Töchter der am 6.11.1993 verstorbenen Erblasserin. Letztere hatte ihren vorverstorbenen Ehemann aufgrund eines im Jahr 1959 geschlossenen Ehe- und Erbvertrags allein beerbt. Darin hatten die Ehegatten für den Fall des Todes des Letztversterbenden ihre Kinder zu gleichen Teilen als Erben eingesetzt sowie angeordnet, daß ein gemeinschaftlicher Abkömmling, der beim ersten Todesfall seinen Pflichtteil fordere, auch aus dem Nachlaß des Überlebenden nur seinen gesetzlichen Pflichtteil erhalten solle.
Nach dem Tod des vorverstorbenen Ehemanns der Erblasserin hatten die Beteiligten zu 2 und 3 im Jahr 1967 jeweils ihren Pflichtteil gefordert, dahingehende Klagen jedoch alsbald zurückgenommen. Durch handschriftliches Testament vom 25.7.1993 hat die Erblasserin die Beteiligten zu 1 bis 3 als ihre Erben zu gleichen Teilen eingesetzt.
Das Nachlaßgericht hat am 25.3.1994 die Erteilung eines Erbscheins angeordnet, demzufolge die Erblasserin von den Beteiligten zu 1 bis 3 je zu 1/3 aufgrund des Testaments vom 25.7.1993 beerbt wurde. Den von der Beteiligten zu 1 gestellten Antrag auf Erteilung eines Erbscheins als Alleinerbin aufgrund des Ehe- und Erbvertrags hat es zurückgewiesen. Die Beteiligte zu 1 hat gegen diesen Beschluß Beschwerde eingelegt. Vor der Beschwerdekammer des Landgerichts schlossen die Beteiligten einen Vergleich. Darin verzichteten sie unter anderem wechselseitig auf die Geltendmachung von Ausgleichsansprüchen und Forderungen jeder Art, die ihnen aus früheren Verfügungen der Erblasserin entstanden sein könnten und bestimmten, daß die Kosten des Vergleichs jeder Verfahrensbeteiligte selbst zu tragen habe. Daraufhin hat die Beteiligte zu 1 ihre Beschwerde zurückgenommen. Die Beteiligte zu 3 hat beantragt, die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen, die ihrerseits beantragte, die Kosten anteilig zu verteilen.
Mit Beschluß vom 26.8.1994, berichtigt am 6.9.1994, hat das Landgericht der Beteiligten zu 1 die den Beteiligten zu 2 und 3 im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten auferlegt (Nr. I) sowie den Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens auf 453.333 DM festgesetzt (Nr. II). Gegen den ihr am 30.8.1994 zugestellten Beschluß hat die Beteiligte zu 1 mit Schriftsatz vom 2., eingegangen am 5.9.1994, sofortige Beschwerde eingelegt. Sie beantragt, den Beschluß des Landgerichts aufzuheben und die ihr entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens den Beteiligten zu 2 und 3 aufzuerlegen. Die Beteiligte zu 3 beantragt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen; die Beteiligte zu 2 hat sich nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
II.
1. Das Rechtsmittel ist zulässig. Der angefochtene Beschluß des Landgerichts enthält in Nr. I eine isolierte Kostenentscheidung nach Zurücknahme der Beschwerde in zweiter Instanz. Hiergegen findet, da die in der Hauptsache eingelegte Beschwerde statthaft war (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG) und der aus dem Kostenbetrag zu errechnende Wert des Beschwerdegegenstands 200 DM übersteigt, die sofortige weitere Beschwerde statt (§ 20a Abs. 2 i.V.m. § 29 Abs. 2, 4, § 20 Abs. 1, § 22 FGG). Das Rechtsmittel ist auch nicht gemäß § 27 Abs. 2 FGG ausgeschlossen, da das Beschwerdegericht erstmals eine Entscheidung über die Kosten getroffen hat. Die Geschäftswertfestsetzung in Nr. II ist nicht angefochten.
2. Die sofortige weitere Beschwerde ist teilweise begründet.
a) Das Landgericht hat ausgeführt:
Die Anordnung der Kostenerstattung beruhe auf § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG. Sie entspreche der Billigkeit auch unter Berücksichtigung der Umstände, daß im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit grundsätzlich jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst zu tragen habe, und daß es sich um eine Streitigkeit unter Familienangehörigen handele. Im Rahmen der Billigkeitserwägungen könne auch die Erfolgsaussicht der eingelegte...