Leitsatz (amtlich)

1. Die weitere Beschwerde in Grundbuchsachen bedarf keiner Zulassung durch das Beschwerdegericht.

2. Die Testamentsvollstreckerstellung wird ggü. dem Grundbuchamt durch das Testamentsvollstreckerzeugnis nachgewiesen. Hiervon kann das Grundbuchamt nur abweichen, wenn neue, dem Nachlassgericht noch nicht bekannte Tatsachen bekannt werden, die die Einziehung des Testamentsvollstreckerzeugnisses erwarten lassen. Hierfür genügt die Annahme einer Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers nicht, solange diese nicht zu seiner Entlassung geführt hat.

3. Das Grundbuchamt hat die Wirksamkeit der Auflassung zu prüfen, ist dabei aber auf die im Grundbuchverfahren zulässigen Beweismittel beschränkt. Kann mit diesen Beweismitteln ein Missbrauch der Testamentsvollstreckerstellung nicht nachgewiesen werden, kann eine Zurückweisung des Eintragungsantrags nicht auf die Unwirksamkeit der Auflassung gestützt werden.

 

Normenkette

FGG § 12; GBO §§ 19-20, 78; ZPO § 574

 

Verfahrensgang

LG Kempten (Beschluss vom 20.10.2004; Aktenzeichen 42 T 2154/04)

AG Kaufbeuren (Beschluss vom 31.08.2004)

 

Tenor

I. Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) werden der Beschluss des LG Kempten (Allgäu) v. 20.10.2004 und der Beschluss des AG Kaufbeuren, Zweigestelle Füssen, v. 31.8.2004 aufgehoben.

II. Die Sache wird zur erneuten Behandlung an das AG Kaufbeuren, Zweigstelle Füssen, zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Mit notariellem Vertrag v. 23.6.2004 übertrug der Beteiligte zu 1) als Testamentsvollstrecker Grundstücke auf eine Pfarrkirchenstiftung. Die Beteiligten waren sich über den Eigentumsübergang einig. Die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch wurde bewilligt und beantragt.

Nach dem eigenhändigen Testament der Verstorbenen sollte die Kirchenstiftung die Grundstücke als Vermächtnis erhalten, und zwar unter der Bedingung, dass die Kirche auf einem dieser Grundstücke eine kleine Kapelle bauen lässt. Im Testament ist weiter bestimmt, dass der Testamentsvollstrecker dafür zu sorgen habe, dass die Grundstücke in den Nachlass zurückfallen, wenn die Kapelle nicht innerhalb von fünf Jahren nach dem Tod der Erblasserin fertig gestellt sei.

Der Zeitraum von fünf Jahren war zum Zeitpunkt der Errichtung der Übertragungsurkunde v. 23.6.2004 bereits abgelaufen, ohne dass die Kapelle errichtet worden war.

Der Beteiligte zu 2) ist der Alleinerbe der Verstorbenen und widersetzt sich der Eigentumsumschreibung im Grundbuch.

Das AG - Grundbuchamt - hat mit Beschluss v. 31.8.2004 den Eintragungsantrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers hat das LG am 20.10.2004 zurückgewiesen. Mit seiner weiteren Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen Eintragungsantrag weiter.

II. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

1. Die weitere Beschwerde ist zulässig (§ 78 GBO).

a) Die weitere Beschwerde bedarf in Grundbuchsachen keiner Zulassung. In § 78 S. 2 GBO ist auf die Vorschriften der ZPO über die Revision, nicht über die Rechtsbeschwerde verwiesen. Eine Verweisung auf § 543 ZPO findet nicht statt. Selbst wenn man § 574 ZPO gleichwohl analog heranziehen würde, bestünde kein Zulassungserfordernis, da § 78 S. 1 GBO eine ausdrückliche Bestimmung i.S.d. § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wäre.

b) Dass das Nachlassgericht der Anregung des Grundbuchamts (vgl. Nichtabhilfebeschl. v. 28.9.2004 a.E.) entsprochen und das Testamentsvollstreckerzeugnis wegen Unrichtigkeit eingezogen hat, hat das LG nicht festgestellt. Solches ist auch eher fern liegend, da eine eventuelle Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers nicht zur Unrichtigkeit des Testamentsvollstreckerzeugnisses führen würde, sondern zunächst eine Beendigung des Amts des Testamentsvollstreckers herbeigeführt werden müsste.

c) Das LG hat die Kirchenstiftung nicht am Verfahren beteiligt, obwohl die Notarin den Eintragungsantrag auch in deren Namen gestellt hat. Das zwingt indes nicht zur Aufhebung und Zurückverweisung an das LG. Auch der Senat konnte von einer Beteiligung der Kirchenstiftung absehen, da die Entscheidung des Senats nicht mit einem Rechtsnachteil für die Kirchenstiftung verbunden und auch eine weitere Sachaufklärung nicht erforderlich ist.

2. Das LG hat ausgeführt:

Der Beteiligte zu 1) sei als Testamentsvollstrecker grundsätzlich verfügungs- und damit auch bewilligungsbefugt. Die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers werde ggü. dem Grundbuchamt allein durch das Zeugnis nachgewiesen. Das gelte jedoch nicht, wenn das Grundbuchamt neue, vom Nachlassgericht nicht berücksichtigte Tatsachen kenne, welche die Unrichtigkeit des Zeugnisses in irgendeinem Punkt erwiesen und daher seine Einziehung erwarten ließen. Der Testamentsvollstrecker habe die ihm kraft Gesetzes eingeräumten Befugnisse ganz offensichtlich überschritten. Die Kapelle sei nicht innerhalb der Fünfjahresfrist errichtet worden, so dass ohne weiteres davon auszugehen sei, dass die Grundstücke in den Nachlass zurückzuführen seien.

3. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Zu Unrecht rügt die ...

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