Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundbuchrecht
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird die Auflassung nicht von dem im Grundbuch eingetragenen Eigentümer erklärt, sondern von dessen Erben, so ist dem Grundbuchamt nachzuweisen, daß der (oder die) Veräußerer der (oder die) alleinige(n) Erbe(n) des im Grundbuch eingetragenen Eigentümers sind.
2. Die Erbfolge nach dem eingetragenen Eigentümer muß nur so weit nachgewiesen werden, daß die Verfügungsbefugnis desjenigen (oder derjenigen) feststeht, der (oder die) die Auflassung erklärt hat (haben). Eines weiteren Nachweises bedarf es nicht. Insbesondere braucht nicht nachgewiesen zu werden, wer Erbe ist, wenn auch ohne einen solchen Nachweis feststeht, daß die Auflassung vom Berechtigten erklärt worden ist.
Normenkette
BGB §§ 2069, 2254, 2258; GBO §§ 19-20, 35, 35 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 25.08.1986; Aktenzeichen 1 T 10255/86) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten werden der Beschluß des Landgerichts München I vom 25. August 1986 und die Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Grundbuchamt – München vom 11. März 1986 aufgehoben.
Tatbestand
I.
Die Eheleute … und … sind als Miteigentümer eines Grundstücks in … und Frau … als Miteigentümerin eines weiteren Grundstücks in … im Grundbuch eingetragen.
Die Eheleute … sind inzwischen verstorben. Sie haben einen notariellen Ehe- und Erbvertrag vom 14.12.1979 hinterlassen, in dem es auf S. 3 Nr. III heißt:
Jeder der Ehegatten … bestimmt hiermit einseitig von Todes wegen für den Fall, daß er der zuletzt versterbende Ehegatte ist, gleichzeitig mit dem anderen Ehegatten verstirbt oder der überlebende Ehegatte die Erbschaft nach ihm ausschlägt, zu seinen alleinigen und ausschließlichen Erben …, alle drei gemeinsame eheliche Kinder der Beteiligten, zu gleichen Stammanteilen; fällt einer von ihnen weg, gilt § 2069 BGB; sind danach Ersatzberechtigte nicht vorhanden, tritt Anwachsung ein.
Nach dem Tode ihres Ehemannes hat Frau … mit handschriftlichem Testament vom 23.1.1982 bestimmt: „zu meinem alleinigen Erben meines Vermögens setze ich meinen ältesten Sohn … ein. Die im Erbvertrag … verfügte Erbeinsetzung dort unter Ziffer III auf Seite 3 der Urkunde ist damit widerrufen.”
Die im notariellen Erbvertrag vom 14.12.1979 zu Erben eingesetzten drei Söhne erklärten am 7.8.1985 zu notarieller Urkunde, sie seien darüber einig, daß das privatschriftliche Testament vom 23.1.1982 wegen mangelnder Testierfähigkeit der Erblasserin vollständig und von Anfang an unwirksam sei. Die Erbfolge richte sich daher, worüber alle Beteiligten ausdrücklich einig seien, ausschließlich nach dem notariellen Ehe- und Erbvertrag vom 14.12.1979.
Mit notarieller Urkunde vom 7.8.1985 ließen die Beteiligten zu 1 bis 3 (das sind die Söhne der Erblasserin …) den eingangs bezeichneten Grundbesitz an den Beteiligten zu 4 auf. Das Grundbuchamt hat den Eintragungsantrag mit Zwischenverfügung vom 11.3.1986 beanstandet: Die Verfügungsberechtigung der Veräußerer sei nach § 35 GBO durch Erbschein nachzuweisen. Die hiergegen eingelegte Erinnerung/Beschwerde der Beteiligten hat das Landgericht mit Beschluß vom 25.8.1986 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel ist begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Das Grundbuchamt habe für den Nachweis der Erbfolge zu Recht die Vorlage eines Erbscheins verlangt. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes (§ 35 Abs. 1 GBO) genüge die Vorlage der öffentlichen Urkunde nur dann, wenn das Grundbuchamt die Erbfolge durch diese Urkunde als nachgewiesen ansehe. Aus dem Erbvertrag vom 14.12.1979 ergebe sich, daß Erben nach Frau … die Kinder …, … sein sollen. Mit privater Urkunde vom 23.1.1982 habe die Erblasserin jedoch … zum Alleinerben bestimmt. Da die öffentliche Urkunde nicht mit der Privaturkunde übereinstimme, sei die Erbfolge zweifelhaft geworden. Diese Zweifel könnten nur durch die Vorlage eines Erbscheins beseitigt werden.
2. Die Entscheidung der Vorinstanzen können nicht aufrechterhalten werden. Das beanstandete Eintragungshindernis besteht nicht.
a) Das Grundbuchamt hat in der Zwischenverfügung die Vorlage eines Erbscheins zum Nachweis der Verfügungsberechtigung der Veräußerer gefordert. Der Vorlage eines Erbscheins bedarf es hier jedoch nicht, weil der geforderte Nachweis der Verfügungsberechtigung in grundbuchrechtlich gehöriger Form bereits erbracht ist.
Im Ausgangspunkt sind die Entscheidungen der Vorinstanz zutreffend. Im Fall der Auflassung eines Grundstücks darf der Eigentumswechsel nur eingetragen werden, wenn die erforderliche Einigung des Berechtigten mit dem anderen Teil wirksam erklärt ist (§ 20 GBO). Wird die Auflassung, wie im vorliegenden Fall, nicht von dem im Grundbuch eingetragenen Eigentümer erklärt, sondern von dessen Erben, so ist dem Grundbuchamt nachzuweisen, daß der (oder die) Veräußerer der (oder die) alleinige(n) Erbe(n) des im Grundbuch eingetragenen Eigentümers sind. Sinn und Zweck des danach erforderlichen Nachweis...