Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlaßsache. Erbscheinsverfahren. Erbeinsetzung. Vermächtnis. Bruchteil. Hilfsantrag. Änderung. Beschwerde
Leitsatz (amtlich)
1. Bestimmt ein Erblasser, dessen Vermögen im wesentlichen aus drei Grundstücken besteht, in zwei zu verschiedenen Zeitpunkten errichteten Testamenten, daß ein Dritter jeweils ein Grundstück „erben” soll, ohne über das dritte Grundstück zu verfügen, so kann darin eine Erbeinsetzung zu einem Bruchteil entsprechend dem Verhältnis des Werts der beiden Grundstücke zum Gesamtnachlaß liegen. Hinsichtlich des restlichen Bruchteils tritt dann gesetzliche Erbfolge ein.
2. Ist ein hilfsweise gestellter Erbscheinsantrag nach Ablehnung durch das Nachlaßgericht und Beschwerde des Antragstellers im Abhilfeverfahren auf Anregung des Nachlaßgerichts geändert worden, erledigt sich das Beschwerdeverfahren hinsichtlich des ursprünglichen Hilfsantrags. Hilft das Nachlaßgericht in einem solchen Fall der Beschwerde hinsichtlich des Hauptantrags nicht ab, behält sich aber die entgültige Entscheidung über den geänderten Hilfsantrag vor, so wird der neue Antrag nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.
Normenkette
BGB §§ 2087-2089, 2353; FGG § 19
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 28.11.1997; Aktenzeichen 16 T 18972/97) |
AG München (Aktenzeichen 60 VI 3349/96) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 28. November 1997 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 315.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Erblasserin ist 1996 im Alter von 66 Jahren verstorben, ohne Abkömmlinge zu hinterlassen. Sie lebte mit ihrem geschiedenen Ehemann, dem Beteiligten zu 1, und dessen zweiter Ehefrau, der Beteiligten zu 2, auf demselben Grundstück und hatte mit ihnen bis zu ihrem Tod ständigen Kontakt. Der Beteiligte zu 3 ist ein Bruder, der Beteiligte zu 4 der Sohn eines weiteren vorverstorbenen Bruders der Erblasserin; sie kommen als gesetzliche Erben in Betracht.
Der Nachlaß besteht, von unbedeutender beweglicher Habe abgesehen, aus drei Grundstücken, die die Erblasserin nach ihrer Scheidung von dem Beteiligten zu 1 im Jahr 1977 im Rahmen der Auseinandersetzung der ehelichen Gütergemeinschaft erhalten hat. Es handelt sich um ein bebautes Grundstück in P. im Wert von ca. 1 Mio. DM, ein weiteres bebautes Grundstück in A. im Wert von ca. 700.000 DM sowie ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück in A. von 3,1240 ha, dessen Wert nach den insoweit divergierenden Angaben der Beteiligten zwischen 300.000 DM und 700.000 DM anzusetzen ist.
Die Erblasserin hat am 15.10.1994 ein privatschriftliches Testament mit folgendem Inhalt errichtet:
„Ich bestätige hiermit Herrn (Beteiligter zu 1) mit Frau (Beteiligte zu 2) … daß im Falle meines Todes mein 1 Familienhaus in A. erben und mein Sparguthaben und alles was sich in meiner Wohnung befindet.”
Der Beteiligte zu 1 hat dem Nachlaßgericht ferner ein auf den 2.2.1996 datiertes Schriftstück übergeben, das die Erblasserin persönlich am 1.2.1996, am Tag vor ihrer Einlieferung in das Krankenhaus, verfaßt haben soll. Es hat folgenden Inhalt:
„Testament
Antorm
Hiermit bestimme ich daß ich Herrn (Beteiligter zu 1) und (Beteiligte zu 2) … mein in Haus in P., … vererbe.”
Die Beteiligten zu 1 und 2 halten auch das zweite Schriftstück für eine rechtswirksame letztwillige Verfügung der Erblasserin. Sie sind der Auffassung, daß diese ihnen durch die beiden Testamente praktisch ihr wesentliches Vermögen zugewandt und sie dadurch zu Alleinerben eingesetzt habe, jedenfalls aber zu Erben hinsichtlich des Bruchteils des Gesamtnachlasses, der dem Wert der zugewandten Grundstücke entspricht. Sie haben daher einen Erbschein beantragt, der sie aufgrund dieser Verfügungen als Erben zu je 1/2 ausweisen soll, hilfsweise (ausgehend von einem Wert des dritten Grundstücks in Höhe von 700.000 DM) als Erben zu je 7/20, die Beteiligten zu 3 und 4 als Miterben zu je 3/20. Demgegenüber sind die Beteiligten zu 3 und 4 der Auffassung, daß es sich bei den Verfügungen, soweit sie wirksam seien, nur um Vermächtnisse handle, so daß gesetzliche Erbfolge eingetreten sei. Sie haben daher einen Erbschein beantragt, der sie als gesetzliche Erben zu je 1/2 ausweisen soll.
Das Nachlaßgericht hat nach Durchführung verschiedener Ermittlungen, u.a. der Einschaltung einer Schriftsachverständigen, mit Beschluß vom 19.6.1997 den Hauptantrag sowie den Hilfsantrag der Beteiligten zu 1 und 2 zurückgewiesen mit der Begründung, die beiden Testamente seien zwar wirksam, enthielten aber nur Vermächtnisse. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 hat es darauf hingewiesen, daß für das landwirtschaftliche Grundstück lediglich ein Wert von ca. 300.000 DM zu veranschlagen sei, so daß auch vom Standpunkt der Beteiligten zu 1 und 2 aus eine Quotelung des Erbrechts von je 42,5 % (Beteiligte zu 1 und 2) und je 7,5 % (Beteiligte zu 3 und 4) angebracht sei. Daraufhin haben die Beteiligten zu 1 und 2 ihren Hauptantrag...