Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlaß. Anfechtung der Erbschaftsannahme. Ausschlagung der Erbschaft
Leitsatz (redaktionell)
1. Geht dem Nachlaßgericht eine Erklärung über die Ausschlagung der Erbschaft oder eine als Ausschlagung geltende Anfechtung der Annahme zu, so hat es zunächst lediglich seine örtliche Zuständigkeit zu prüfen und, falls es zuständig ist, die Erklärung entgegenzunehmen. Gemäß § 1953 Abs. 3 Satz 1 BGB teilt es die Ausschlagung bzw. die Anfechtung der Annahme demjenigen mit, dem die Erbschaft infolge der Ausschlagung oder im Falle der Wirksamkeit der Anfechtung anfällt. Hingegen prüft das Nachlaßgericht im Ausschlagungsverfahren die Wirksamkeit jener Erklärung nicht, so daß es die Erklärung nicht als ungültig oder verspätet zurückweisen darf und diese selbst dann entgegennehmen muß, wenn es sie für verspätet oder unwirksam hält. Das Nachlaßgericht hat über die Wirksamkeit einer solchen Erklärung grundsätzlich erst im Erbscheinsverfahren zu befinden.
2. Eine Pflicht des Nachlaßgerichts, über die Wirksamkeit der Anfechtung einer Erbschaftsannahme außerhalb des Erbscheinsverfahrens förmlich zu entscheiden, ergibt sich auch nicht aus dem bayerischen Landesrecht.
3. Aus der Früheren Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts ergibt sich nicht, daß ein Beteiligter des Ausschlagungsverfahrens einen Beschluß über die Wirksamkeit der Ausschlagungs- oder Anfechtungserklärung verlangen kann und daß vom Nachlaßgericht ein solcher erlassen werden muß.
Normenkette
BGB § 1945
Verfahrensgang
LG Bayreuth (Beschluss vom 14.01.1985; Aktenzeichen 2 T 157/84) |
AG Bayreuth (Aktenzeichen VI 211/75) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Bayreuth vom 14. Januar 1985 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf DM 35.000,– festgesetzt.
Tatbestand
I.
1. Am …. 1975 verstarb in … der verheiratete Diplom-Landwirt … (Erblasser). Er hinterließ seine Frau und sechs Kinder. Der Reinnachlaß wurde im Nachlaßverfahren vom Amtsgericht mit DM 13.187.677,– bewertet.
2. In einem notariell beurkundeten Testament vom 10.6.1975 (URNr. … des Notars … in …) hat der Erblasser als alleinigen Erben seinen am … 1962 geborenen ältesten Sohn … (den Beteiligten zu 1) eingesetzt. Ferner hat er eine Reihe von Ersatzerben bestimmt und zwar an erster Stelle seinen am … 1964 geborenen Sohn … (den Beteiligten zu 2). Er hat zudem Testamentsvollstreckung angeordnet und zu Testamentsvollstreckern die Beteiligten zu 3, 4 und 5 berufen.
Die Beteiligte zu 3, die Witwe des Erblassers und Mutter des Beteiligten zu 1, erklärte am 8.12.1975 zu Protokoll des Amtsgerichts Bayreuth – Zweigstelle Pegnitz –, daß sie als gesetzliche Vertreterin die Erbschaft für ihren Sohn … annehme.
Ein Erbschein ist bis heute nicht beantragt worden.
3. Der Beteiligte zu 1 legte am 22.10.1984 dem Nachlaßgericht eine notariell beglaubigte (URNr. … des Notars Dr. … in …) Erklärung vom 18.10.1984 vor, in der er die Annahme der Erbschaft und hilfsweise die Versäumung der Ausschlagungsfrist wegen Irrtums anfocht. Der Rechtspfleger des Nachlaßgerichts stellte mit Verfügung vom 23.10.1984 fest, daß die Erklärung der Anfechtung der Annahme der Erbschaft vom 18.10.1978 entgegengenommen werde. Er setzte den Beteiligten zu 2 davon in Kenntnis, daß dieser als Alleinerbe berufen sei, sofern die Anfechtung der Erbschaftsannahme durchgreife. Den Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1 teilte er mit, daß eine Prüfung der Anfechtung nur in einem Verfahren auf Erteilung eines Erbscheins erfolge. Mit Schriftsatz vom 25.10.1984 bat der Beteiligte zu 1, diesen Rechtsstandpunkt „zu überprüfen”. Angesichts der großen Bedeutung der Angelegenheit sei es zwingend erforderlich, daß geprüft werde, ob die Anfechtung der Erbschaftsannahme wirksam sei. Der Rechtspfleger antwortete hierauf mit Schreiben vom 29.10.1984, das Nachlaßgericht vertrete nach wie vor die Rechtsauffassung, daß eine Entscheidung über die Anfechtung nur in einem Erbscheinserteilungsverfahren erfolge. Gegen diese „Entscheidung” legte der Beteiligte zu 1 mit Schriftsatz vom 5.11.1984 Erinnerung ein. Dieser wurde vom Rechtspfleger nicht abgeholfen. Auch der Richter half der Erinnerung mit Beschluß vom 9.11.1984 nicht ab, stimmte der Rechtsauffassung des Rechtspflegers zu und legte die Akten dem Landgericht Bayreuth vor.
4. Das Landgericht verwarf mit Beschluß vom 14.1.1985 (berichtigt durch Beschluß vom 24.1.1985) die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen die Verfügung des Amtsgerichts vom 29.10.1984 als unzulässig. Hiergegen richtet sich die mit Anwaltsschriftsatz eingelegte weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1.
Entscheidungsgründe
II.
A. Die weitere Beschwerde ist statthaft (§ 27 FGG) und formgerecht eingelegt (§ 29 Abs. 1 Sätze 1 und 2 FGG). Die Beschwerdeberechtigung des Beteiligten zu 1 ergibt sich gemäß §§ 20, 29 Abs. 4 FGG schon aus der Verwerfung seiner Erstbeschwerde (vgl. BGHZ 31, 92/95; BayObLGZ 1973, 188/189).
B. Das somit zulässige Rechtsmittel ist unb...