Entscheidungsstichwort (Thema)
Testamentsform
Leitsatz (amtlich)
Zur Wirksamkeit eines Testaments, wenn dieses nachträglich durch Streichungen und Ergänzungen abgeändert worden ist.
Normenkette
BGB §§ 2247, 2255, 2270 Abs. 1, § 2271
Verfahrensgang
LG Traunstein (Beschluss vom 25.06.2002; Aktenzeichen 8 T 3414/01) |
AG Rosenheim (Beschluss vom 31.07.2001; Aktenzeichen VI 24/01) |
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3 werden der Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 25. Juni 2002 in seiner Gesamtheit und der Beschluß des Amtsgerichts Rosenheim vom 31. Juli 2001 insoweit aufgehoben, als der Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 3 zurückgewiesen worden ist.
II. Die Sache wird an das Amtsgericht Rosenheim – Nachlaßgericht – zu neuer Behandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
Die im Alter von 76 Jahren verstorbene Erblasserin hatte keine Kinder. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind Geschwister der Erblasserin. Die Erblasserin war in zweiter Ehe verheiratet; ihr Ehemann ist vor ihr verstorben. Aus der ersten Ehe ihres Ehemanns entstammen zwei Kinder, die Beteiligten zu 14 und 15. Die Erblasserin hatte zwanzig Neffen und Nichten, die Beteiligten zu 3 bis 13 und 16 bis 23 sowie einen weiteren Neffen, der die Erbschaft ausgeschlagen hat. Die Beteiligten zu 24 bis 27 sind dessen Kinder.
Mit Beschluß des Vormundschaftsgerichts vom 31.5.2000 war für die Erblasserin Betreuung angeordnet worden. Der psychiatrische Sachverständige war in dem vom Gericht im Betreuungsverfahren erholten Gutachten vom 10.5.2000 zu dem Ergebnis gekommen, bei der Erblasserin liege ein fortgeschrittenes dementielles Syndrom bei seniler Demenz vom Alzheimer-Typ vor.
Am 20.12.1989 hatten die Erblasserin und ihr Ehemann auf einer Urkunde eigenhändig geschriebene und unterschriebene letztwillige Verfügungen getroffen. Diese lauten auszugsweise:
„TESTAMENT:
1) Ich setze meinen Ehemann zum alleinigen Erben meines gesamten Nachlasses in … ein. Einschließlich des Darlehens von 9.000,00 DM, das die Eheleute … erhalten haben.
2) Sollte mir und meinem Ehemann gemeinsam etwas zustoßen, dann erbt meine Nichte … (Beteiligte zu 8), die Eigentumswohnung. Die Wohnung mit Grundstücksanteil darf nicht verkauft werden. Nacherben sind ihre 6 Kinder ….”
In Ziffer 2 des Testaments ist der Name der Beteiligten zu 8 gestrichen und handschriftlich durch den Namen der Beteiligten zu 3 ersetzt. Außerdem ist der Textteil „ihre 6 Kinder …” gestrichen und handschriftlich durch den Text „2 Töchter …” ersetzt. Das Testament enthält folgende weitere Verfügungen der Erblasserin:
„3) Das nach Begleichung sämtlicher Unkosten, noch vorhandene Bargeld, aus den Festkonten, dem Darlehensvertrag über 9.000,00 DM und dem Erlös des vorhandenen Autos sowie event. Verkauf von Möbel und Hausrat soll zu gleichen Teilen an meine Nichten und Neffen sowie die beiden Kinder meines Mannes aufgeteilt werden.”
Daran anschließend enthält das Testament der Erblasserin unter Ziffer 4 eine numerierte Liste von 13 Personen, wobei unter Nummern 1 bis 11 die Beteiligten zu 3 bis 13 und unter Nummern 12 und 13 die Beteiligten zu 14 und 15 genannt werden. Diese Liste ist im Testament gestrichen. Der sich an die gestrichene Liste anschließende Text des Testaments lautet wie folgt:
„Sollte mir allein etwas zustoßen dann erben die von 1 – 11 angegebenen Personen aus der Hälfte der Festkonten zu je gleichen Teilen.
In diesem Falle setze ich meinen Ehemann als Testament-Vollzugsberechtigten ein.
Sollte der Fall 2 + 3 eintreten, soll mein Bruder … (Beteiligter zu 1) Testament-Vollzugsberechtigt sein.
20. Dezember 1989.”
An diese eigenhändige Verfügung der Erblasserin schließt sich folgende eigenhändige Verfügung des vorverstorbenen Ehemanns der Erblasserin an:
„Ich erkläre mich mit der testamentarischen Niederschrift meiner Ehefrau einverstanden und setze meine Ehefrau nach meinem vorherigen Ableben als Allein-Erben ein.
20. Dezember 1989.”
Neben dem Testament vom 20.12.1989 liegt ein handschriftliches unvollendetes und nicht unterschriebenes Schriftstück der Erblasserin vor. Dieses ist ebenfalls mit „Testament” überschrieben und inhaltlich eine Abschrift der ersten Teile des Testaments vom 20.12.1989 in der geänderten Fassung, so daß unter Ziffer 2 ausschließlich die Beteiligte zu 3 und deren Kinder als Begünstigte namentlich benannt sind. Nach den Worten „soll zu gleichen Teilen” in Ziffer 3 bricht der Text des Schriftstücks ab.
Der Beteiligte zu 1 hat am 20.2.2001 erklärt, er nehme das Amt des Testamentsvollstreckers nicht an.
Der Wert des Nachlasses beläuft sich auf ca. 554.000 DM, wobei ca. 286.000 DM auf die Eigentumswohnung und ca. 268.000 DM auf das sonstige Vermögen entfallen.
Die Beteiligte zu 3 ist der Auffassung, gemäß der abgeänderten Fassung des Testaments vom 20.12.1989 zu 3414/6094 Erbin der Erblasserin geworden zu sein. Diese Erbquote ergebe sich zunächst aus dem vollen Wert der ihr zugewendeten Eigentumswohnung (286/554 des gesamten Nachlasses). Das sonstige Vermögen sei zu gleichen Teilen auf...