Entscheidungsstichwort (Thema)

Kaufvertrag

 

Normenkette

BGB § 823 Abs. 2; EGZPO § 9; UWG § 4 Nr. 1, § 16; ZPO §§ 32, 35, 36 Abs. 2

 

Tenor

Die Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen nicht vor.

 

Gründe

I. Der im Bezirk des Landgerichts München II wohnhafte Kläger begehrt mit seiner zu diesem Gericht erhobenen Klage die Feststellung, dass die im Landgerichtsbezirk Braunschweig ansässige Beklagte verpflichtet sei, ihm Schadensersatz zu leisten für Schäden, die ihm durch den Kauf eines vom sogenannten Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs entstanden seien. Für den Fall, dass der Hauptantrag unzulässig sein sollte, hat er einen Hilfsantrag, gerichtet auf Leistung sowie die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm Schadensersatz für weitere Schäden zu leisten, gestellt. Das Fahrzeug bzw. der Motor sei durch die Beklagte, die Fahrzeugherstellerin, manipuliert worden. Diese habe außerdem mit falschen Versprechungen in Prospekten und auf ihrer Internetseite geworben. Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts München II ergebe sich aus § 32 ZPO.

Mit Verfügung vom 5. September 2019 hat das Landgericht München II die Parteien auf Bedenken hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit hingewiesen. Die Beklagte habe ihren Sitz in W. Der Kaufvertrag sei in D. (Landgerichtsbezirk G.) abgeschlossen worden, der behauptete Vermögensschaden sei mithin dort eingetreten (Erfolgsort) und habe sich am Wohnsitz des Klägers allenfalls perpetuiert.

Hierauf hat der Kläger erwidert, er habe zum Zeitpunkt des Kaufs seinen Wohnsitz im Bezirk des Landgerichts München II gehabt. Wie das Oberlandesgericht Frankfurt (Beschluss vom 3. Juli 2017, 13 SV 6/17), vertrete er die Auffassung, dass die Beklagte auch am Wohnsitz der Klagepartei verklagt werden könne. Hilfsweise werde die Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Göttingen beantragt. Die Beklagte habe sich zur Begehung der betrügerischen Handlung eines Händlers bedient, so dass das Gericht zuständig sei, in der dieser seinen Geschäftssitz habe.

Mit Beschluss vom 17. Oktober 2019 hat sich das Landgericht München II unter Hinweis auf die Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 22. Januar 2019, 1 AR 23/18, für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit auf den hilfsweise gestellten Antrag des Klägers an das Landgericht Göttingen verwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Handlungsort liege nicht in seinem Bezirk. Die behauptete schadensstiftende Vermögensverfügung in Form der Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises sei vom Kläger mit Abschluss des Kaufvertrags im Bezirk des Landgerichts Göttingen getroffen worden. Damit sei der Vermögensschaden bereits dort eingetreten.

Mit Beschluss vom 24. Oktober 2019 hat das Landgericht Göttingen die Übernahme des Rechtsstreits abgelehnt. Der Beschluss des Landgerichts München II sei nicht bindend, weil er objektiv willkürlich sei. Gerade aus dem vom Landgericht München II herangezogenen Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts nebst den dort in Bezug genommenen Entscheidungen insbesondere des Bundesgerichtshofs ergebe sich, dass eine Zuständigkeit auch am Ort des Schadenseintritts und damit am Wohnsitz des Käufers bestehe. Das Landgericht München II missachte gröblich und wider besserer Kenntnis das Wahlrecht des Klägers gemäß § 35 ZPO. Es habe sich in schlechterdings nicht mehr vertretbarer und unhaltbarer Weise auch über die im Schriftsatz des Klägers vom 26. September 2019 genannte höchstrichterliche Rechtsprechung hinweggesetzt. Erneut sei eine Verweisung mit der Begründung vorgenommen worden, der Vermögensschaden sei nur am Vertragsort eingetreten; dies habe mit einer lediglich fehlerhaften Rechtsanwendung nichts zu tun.

Der Beschluss vom 24. Oktober 2019 ist den Parteien nicht bekanntgegeben worden. Mit Schreiben der Geschäftsstelle des Landgerichts Göttingen vom 25. Oktober 2019 sind die Akten an das Landgericht München II zurückgesandt worden.

Das Landgericht München II hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 28. Januar 2020 gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO unter ergänzendem Hinweis auf eine Entscheidung des Landgerichts Hagen vom 11. September 2019, 10 O 0163/19, und den Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 27. Mai 2019, 32 SA 29/19, dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.

Im Zuständigkeitsbestimmungsverfahren weist der Kläger darauf hin, dass die Klage mit Schriftsatz vom 7. November 2019, eingegangen beim Landgericht München II am 8. November 2019, zurückgenommen worden sei. Die Beklagte bringt vor, das angerufene Gericht sei für eine Klage gegen die Beklagte örtlich unzuständig. Weder der Handlungs- noch der Erfolgsort im Sinne des § 32 ZPO lägen im Landgerichtsbezirk München II. Es bestünde beim Landgericht München II insbesondere keine Zuständigkeit für Ansprüche gemäß § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 16 UWG, wie auch nicht für solche gemäß § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 4 Nr. 1 UWG a. F.

II. Die Vorauss...

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