Entscheidungsstichwort (Thema)
Beseitigung
Leitsatz (amtlich)
- Die Eigentümer einer Wohnung im 1. Obergeschoß können die Beseitigung eines Saunahauses verlangen, das der Eigentümer der darunter liegenden Wohnung auf der Terrasse aufgestellt hat, wenn über das Dach des Saunahauses der Balkon der Wohnung im 1. Obergeschoß leicht zu erklimmen ist.
- Ob die Wohnungseigentümer der Aufstellung eines Saunahauses auf der Terrasse einer Wohnung im Erdgeschoß zugestimmt haben, ist eine Tatfrage.
- An die rechtsfehlerfreie Würdigung einer Zeugenaussage durch die Tatsacheninstanzen ist das Rechtsbeschwerdegericht gebunden.
Normenkette
BGB § 1004 Abs. 1; WEG § 14 Nr. 1, § 15 Abs. 3, § 22 Abs. 1; FGG § 27 Abs. 1 S. 2; ZPO § 561 Abs. 2
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 07.12.2000; Aktenzeichen 1 T 14462/00) |
AG München (Entscheidung vom 18.07.2000; Aktenzeichen 483 UR II 124/00) |
Tenor
- Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 7. Dezember 2000 wird zurückgewiesen.
- Der Antragsgegner hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
- Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Antragsteller (ein Ehepaar), der Antragsgegner und die weiteren Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer aus etwa 40 Wohnungen bestehenden Wohnanlage. Der Antragsgegner ist Eigentümer zweier miteinander verbundener Wohnungen im Erdgeschoß; den Antragstellern gehört eine darüber liegende Wohnung im 1. Obergeschoß.
1992 errichtete der Antragsgegner auf seiner Terrasse, schräg unterhalb des Balkons der Wohnung der Antragsteller, ein Saunahaus, ohne dazu eine Genehmigung der übrigen Wohnungseigentümer einzuholen. Zuvor befand sich ein von den Wohnungseigentümern genehmigtes Saunahaus auf der anderen Seite des Gebäudes.
Im Januar 1999 wurde in die Wohnung der Antragsteller eingebrochen. Vermutlich war der Einbrecher über das Dach des Saunahauses auf den Balkon der Antragsteller und von dort in die Wohnung gelangt.
Die Antragsteller haben daraufhin beim Amtsgericht beantragt, den Antragsgegner zur Beseitigung des Saunahauses und zur Wiederherstellung des früheren Zustands zu verpflichten.
Nach Vernehmung einer Zeugin hat das Amtsgericht am 18.7.2000 den Antragsgegner antragsgemäß verpflichtet. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners hat das Landgericht mit Beschluß vom 7.12.2000 zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsgegner mit der sofortigen weiteren Beschwerde.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
Das Landgericht hat ausgeführt: Das Amtsgericht habe den Antragsgegner zu Recht nach § 22 Abs. 1, § 14 Nr. 1 WEG, § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Beseitigung des Saunahauses verpflichtet. Daß sich die Antragstellerin mit der Begrünung des Saunadachs einverstanden erklärt habe, beinhalte keineswegs zugleich die Genehmigung des Baus als solchen. Nach der Aussage der Zeugin habe der Antragsgegner die Idee gehabt, die Sauna zu begrünen und sie dadurch zu kaschieren; er habe gehofft, daß sie dann von den Antragstellern akzeptiert werde. Bei dem Gespräch sei es ausschließlich um die Begrünung gegangen, nicht um die Frage, ob die Sauna an der betreffenden Stelle bleiben dürfe. Mit der Zustimmung zur Begrünung habe die Antragstellerin nicht auch ihr Einverständnis mit dem Bau als solchem erteilt.
Das Saunahaus stelle auch einen erheblichen Nachteil dar, den die Antragsteller nicht hinnehmen müßten. Zum einen könne es als Einstiegshilfe auf den Balkon der Antragsteller für Einbrecher dienen; zum anderen stelle das Saunahaus als Fremdkörper vor der Fassade einen ästhetischen Nachteil dar. Der Beseitigungsanspruch der Antragsteller sei auch nicht verwirkt. Eine Duldung über sieben Jahre hinweg reiche als Zeitmoment nicht aus; Umstände zur Begründung eines Vertrauenstatbestands seien nicht erkennbar.
Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
- Zutreffend haben die Vorinstanzen einen Beseitigungsanspruch der Antragsteller aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 15 Abs. 3 WEG, § 22 Abs. 1, § 14 Nr. 1 WEG bejaht. Die Aufstellung eines Saunahauses auf der Terrasse einer Eigentumswohnung oder auf der Sondernutzungsfläche stellt eine bauliche Veränderung i.S. von § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG dar, weil dadurch das äußere Erscheinungsbild der Wohnanlage nachteilig verändert wird. Jeder Wohnungseigentümer kann die Beseitigung einer solchen baulichen Veränderung verlangen.
Der Beseitigungsanspruch wäre nur dann ausgeschlossen, wenn entweder die Antragsteller der Errichtung des Saunahauses unter ihrem Balkon zugestimmt hätten (§ 22 Abs. 1 Satz 2 WEG) oder wenn sie dadurch in ihren Rechten nicht über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt wären oder wenn sie den Beseitigungsanspruch verwirkt hätten. Das Landgericht hat zutreffend jeden dieser Ausschlußtatbestände verneint.
- Ob die Antragsteller der Aufstellung des Saunahauses unter ihrem Balkon zugestimmt haben, ist in erster Linie eine Tatf...