Leitsatz (amtlich)

1. Seit dem Inkrafttreten des KindRG und des EheschlRG können Spätaussiedler-Ehegatten (i.S.d. Art. 116 Abs. 1 GG), die bereits einen Ehenamen führen, nach dem Statutenwechsel aufgrund übereinstimmender Rechtswahlerklärungen nach Art. 10 Abs. 2 EGBGB in sinngemäßer Anwendung von § 94 BVFG und § 1355 Abs. 3 BGB ihren künftig zu führenden Ehenamen mit dem Ziel neu bestimmen, den Geburtsnamen des Volksdeutschen Ehegatten künftig als Ehenamen zu führen (Vorlage an den Bundesgerichtshof wegen Abweichung von OLG Hamm B. v. 9.12.1998 = StAZ 1999, 75).

2. Art. 10 Abs. 2 EGBGB eröffnet kein materielles Namensbestimmungsrecht, sondern nur die Wahl einer Rechtsordnung für den künftig zu führenden Ehenamen. Ob Spätaussiedler-Ehegatten, die bereits einen Ehenamen führen, berechtigt sind, als ihren künftigen Ehenamen den Geburtsnamen des Volksdeutschen Ehegatten zu bestimmen, ist dem Sachrecht zu entnehmen, das durch die Rechtswahlerklärungen als Ehenamensstatut berufen wird.

 

Normenkette

PStG § 15c; BGB § 1355 Abs. 3; EGBGB Art. 10 Abs. 2; BVFG § 94

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Beschluss vom 13.11.1998; Aktenzeichen 7 T 739/98)

AG Regensburg (Aktenzeichen UR III 132/97)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 4 gegen den Beschluß des Landgerichts Regensburg vom 13. November 1998 wird dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten zu 1 bis 3 kamen im Dezember 1993 als Spätaussiedler aus der Rußländischen Föderation (Rußland), RSFSR, nach Deutschland. Die Beteiligte zu 2, eine deutsche Volkszugehörige, die den Geburtsnamen A. und den Vatersnamen B. führte, schloß 1988 mit dem nichtdeutschen Beteiligten zu 1 vor dem Standesamt Krasnojarsk (damals UdSSR) die Ehe. Nach der Eheschließung führten die Ehegatten den vom Familiennamen des Beteiligten zu 1 abgeleiteten Namen (nach Transliteration in lateinischen Buchstaben) C. Der am 29.12.1988 aus der Ehe hervorgegangene Beteiligte zu 3 erhielt ebenfalls den Familiennamen C.

Bei ihrer Aufnahme in Deutschland legten die Beteiligten zu 1 bis 3 gemäß § 94 BVFG ihre Vatersnamen ab und erklärten, ihren gemeinsamen Familiennamen künftig in der Form D. zu führen. Am 26.5.1995 haben sie durch Einbürgerung die deutsche Staatsangehörigkeit erworben. Der Standesbeamte hat in das 1995 auf Antrag angelegte Familienbuch den Ehenamen D. eingetragen.

Am 13.11.1997 erklärten die Beteiligten zu 1 und 2 zur Niederschrift des Standesbeamten, daß sie ihre Namen in der Ehe gemäß Art. 10 Abs. 2 EGBGB künftig nach deutschem Recht führen wollen. Sie bestimmten als neuen Ehenamen den Geburtsnamen der Frau und erklärten zudem, daß sich die Namensänderung auf den Beteiligten zu 3 erstrecken solle.

Der Standesbeamte hat Zweifel, ob eine wirksame Neubestimmung des Ehenamens vorliegt. Er hat das Amtsgericht um Entscheidung darüber gebeten, ob ein „entsprechender Vermerk” in das Familienbuch einzutragen sei.

Das Amtsgericht entschied am 13.7.1998, daß der Standesbeamte hierzu nicht verpflichtet sei. Auf die Beschwerde der Standesamtsaufsicht (Beteiligte zu 4) hat es mit Abhilfebeschluß vom 17.9.1998 unter Aufhebung der Entscheidung vom 13.7.1998 angeordnet, der Standesbeamte habe die Erklärungen der Beteiligten zu 1 und 2 über die Wahl des Geburtsnamens der Beteiligten zu 2 zum Ehenamen entgegenzunehmen und in das Familienbuch einzutragen.

Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 4 hat das Landgericht am 13.11.1998 den Beschluß des Amtsgerichts vom 17.9.1998 aufgehoben sowie ausgesprochen, der Standesbeamte sei nicht verpflichtet, die Erklärungen der Beteiligten zu 1 und 2 vom 13.11.1997 entgegenzunehmen und in das Familienbuch einzutragen. Gegen diese, den Beteiligten am 24.11.1998 formlos übersandte Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 4.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Das Rechtsmittel der Beteiligten zu 4 ist zulässig.

Es ist als sofortige weitere Beschwerde (§ 27 Abs. 1, § 29 Abs. 2 FGG) statthaft, da die vom Beschwerdegericht aufgehobene Entscheidung des Amtsgerichts den Standesbeamten zur Vornahme einer Amtshandlung anweist und deshalb der sofortigen Beschwerde unterliegt (§ 49 Abs. 1 Satz 1, § 48 Abs. 1 PStG; vgl. Keidel/Kahl FGG 14. Aufl. Vorb § 71 Rn. 46 m.w.N.). Die Zweiwochenfrist (§ 29 Abs. 4, § 22 Abs. 1 Satz 1 FGG) ist schon deshalb gewahrt, weil die nach § 16 Abs. 2 Satz 1 FGG gebotene förmliche Bekanntmachung der Entscheidung des Beschwerdegerichts unterblieb. Die Beteiligte zu 4 ist als Aufsichtsbehörde des Standesbeamten zur Beschwerde berechtigt (§ 49 Abs. 2 PStG; vgl. BGHZ 121, 305/309; BayObLGZ 1996, 55/57).

2. In der Sache hält der Senat die sofortige weitere Beschwerde für begründet. An der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses sieht er sich jedoch durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 9.12.1998 – 15 W 424/98 (StAZ 1999, 75 ff. = FGPrax 1999, 55 ff. = OLGR 1999, 137 ff.) gehindert. Die sofortige weitere Beschwerde wird daher gemäß § 28 Abs. 2, 3 FGG dem Bundesgerichtshof zur Entsch...

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