Leitsatz (amtlich)
1. Überprüfung der Beweiswürdigung des LG hinsichtlich der Echtheit eines eigenhändigen Testaments, deren Bejahung im Wesentlichen auf ein Schriftsachverständigengutachten gestützt wird.
2. Zur Frage der Anwendung der Regeln über den Anscheinsbeweis in einem solchen Fall.
Verfahrensgang
LG Weiden i.d.OPf. (Beschluss vom 15.01.2004; Aktenzeichen 2 T 132/03) |
AG Weiden i.d. OPf. (Aktenzeichen VI 252/03) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des LG Weiden i. d. OPf. vom 15.1.2004 wird zurückgewiesen.
II. Der Beteiligte zu 1) hat die dem Beteiligten zu 2) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 235.194 Euro festgesetzt. Auf diesen Betrag wird die Geschäftswertfestsetzung des LG für das Beschwerdeverfahren abgeändert.
Gründe
I. Der im Alter von nahezu 89 Jahren 2003 verstorbene Erblasser war kinderlos verheiratet; seine Ehefrau ist am 1991 verstorben. Der Erblasser war Landwirt. Sein Nachlass besteht aus der Hofstelle mit Wirtschaftsgebäuden und ca. 12 ha land- und forstwirtschaftliche Flächen sowie Geldvermögen. Der Aktivnachlass beträgt 286.323 Euro (560.000 DM).
Der Beteiligte zu 2) ist der Neffe des Erblassers, sein einzig lebender Verwandter. Der Beteiligte zu 1) ist sein Grundstücksnachbar, ein Neffe der vorverstorbenen Ehefrau des Erblassers.
Der Erblasser und seine Ehefrau hatten sich mit Ehe- und Erbvertrag vom 14.6.1957 gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Am 18.9.1997 errichtete der Erblasser ein notarielles Testament. Darin heißt es u.a.:
II. Für den Fall meines Todes bestimme ich hiermit was folgt:
1. Zu meinem alleinigen und ausschließlichen Erben bestimme ich meinen Neffen
A (Beteiligter zu 1)).
2. Mein Erbe hat sofort nach meinem Ableben mein vorhandenes Bargeld und Sparguthaben, evtl. Guthaben auf laufenden Konten und dergleichen an meinen Neffen B (Beteiligter zu 2)) - auszufolgen.
Ein mit dem Namen des Erblassers unterschriebenes handschriftliches Testament vom 3.10.1997 hat folgenden Wortlaut:
Testament
Hiermit setze ich meinen Neffen
B (Beteiligter zu 2))
zum alleinigen Erben meines gesamten Vermögens ein.
Der Beteiligte zu 2) beantragte auf der Grundlage des Testaments vom 3.10.1997 die Erteilung eines Erbscheins, der ihn als Alleinerbe ausweise. Der Beteiligte zu 1) erhob Einwendungen gegen die Echtheit des Testaments vom 3.10.1997. Das Nachlassgericht erholte ein Schriftsachverständigengutachten, das zu dem Ergebnis kam, das Testament mit Datum vom 3.10.1997 sei mit hoher Wahrscheinlichkeit (ca. 95 %) vom Erblasser eigenhändig erstellt und unterschrieben worden. Mit Vorbescheid vom 26.9.2003 kündigte das Nachlassgericht einen Alleinerbschein zugunsten des Beteiligten zu 2) an. Hiergegen legte der Beteiligte zu 1) Beschwerde ein, die das LG mit Beschluss vom 15.1.2004 zurückwies. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1).
III. Das Rechtsmittel ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
1. Das LG hat ausgeführt, es sei von der Echtheit des handschriftlichen Testaments des Erblassers vom 3.10.1997 überzeugt. Nach dem Gutachten des Sachverständigen, der die eigenhändige Erstellung des Testaments durch den Erblasser mit hoher Wahrscheinlichkeit (ca. 95 %) angenommen habe, bestünden keine vernünftigen Zweifel daran, dass der Erblasser dieses Testament eigenhändig in vollem Umfang erstellt und unterschrieben habe. Die restlichen 5 %, die zur Bewertung "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" fehlten, seien auf Lücken im Vergleichsschriftmaterial, auf die Verwendung eines eher "fälschungsbegünstigenden" Schreibgeräts sowie auf die einfache und gleichzeitig variable, habituelle Schreib- und Unterzeichnungsweise des Erblassers zurückzuführen. Allerdings habe der Sachverständige aufgrund einer physikalisch-technischen Prüfung und einer graphischen Analyse keinerlei Befunde für Manipulationen feststellen können; aufgrund der schriftvergleichenden Analyse bestünden zwischen Testamentsschrift und Vergleichsmaterial vielgliedrige und spezifische Merkmalsentsprechungen, die gegen eine fremde Urheberschaft sprächen. Insbesondere habe der Sachverständige keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass das Datum oder in diesem die Jahreszahl abgeändert worden wäre.
Einer Einvernahme der vom Beteiligten zu 1) benannten Zeugen habe es nicht bedurft. Die in ihr Wissen gestellten Behauptungen, der Erblasser habe jahrelang Betreuungsleistungen des Beteiligten zu 1) und seiner Familie in Anspruch genommen und wiederholt geäußert, zu dessen Gunsten testiert zu haben und, der durch Testament vom 3.10.1997 vorgenommene Widerruf des erst am 18.9.1997 errichteten notariellen Testaments habe nicht seinem Charakter entsprochen, seien für die Beurteilung der Echtheit des Testaments ohne Belang. Es komme auf den wirklichen Willen des Erblassers an, wie er in der formgerecht verfassten letztwilligen Verfügung zum Ausdruck gekommen ist. Die Motiv...