Entscheidungsstichwort (Thema)

Beseitigung

 

Verfahrensgang

LG München II (Beschluss vom 20.12.2000; Aktenzeichen 6 T 1615/96)

AG Ebersberg (Aktenzeichen 2 UR II 16/94)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner wird der Beschluß des Landgerichts München II vom 20. Dezember 2000 aufgehoben.

II. Die Sache wird an das Landgericht München II zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerde Verfahrens, zurückverwiesen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 20.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage. Diese besteht aus einer Gewerbeeinheit im Erdgeschoß (Nr. 6 des Aufteilungsplans) und vier Wohnungen im Obergeschoß (Nrn. 1 bis 5 des Aufteilungsplans), wobei das Sondereigentum der Wohnung Nr. 5 auch sämtliche Räume im Speicher mitumfaßt. Dem Antragsteller gehört die im 1. Stock ostseitig gelegene, ursprünglich aus zwei Einheiten (Nrn. 1 und 2) bestehende, später jedoch zusammengelegte Wohnung, die er 1993 von den Eheleuten B. erworben hatte. Im Grundbuch eingetragen wurde der Antragsteller am 7.7.1993. Eigentümer der Wohnung Nr. 3 sind die weiteren Beteiligten, während die übrigen Wohnungs- und Teileigentumseinheiten im Eigentum der Antragsgegner stehen, die 1978 die Teilung vorgenommen hatten.

Die in der Teilungserklärung enthaltene Gemeinschaftsordnung (GO) enthält u. a. folgende Regelungen:

§ 4 Veränderungen

Zur Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes des Hauses sind nur die Miteigentümer gemeinsam berechtigt.

§ 12 Eigentümerversammlung

3. In der Versammlung entfällt auf jede Wohnung eine Stimme. Soweit nichts anderes vorgeschrieben oder beschlossen, sind Beschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit zu fassen, bei nur zwei Wohnungseigentümern stets einstimmig.

4. In mündlicher Abstimmung gefaßte Beschlüsse sind nur wirksam, wenn sie in ein Protokollbuch eingetragen und vom Verwalter unterschrieben sind.

§ 14 GO Änderung der Teilungserklärung

Zur Änderung der Teilungserklärung bedarf es des Beschlusses aller Eigentümer.

Die Antragsgegner brachten 1993 im 2. Obergeschoß an der Ostfassade des Hauses einen Balkon an. Weiter errichteten sie auf einer Gemeinschaftsfläche Mitte des Jahres 1994 an der Nordseite des Hauses einen Schuppen mit einer Länge von 19,1 m, einer Breite von 5 m und einer Höhe von 2,5 m. Er dient zum Abstellen von Gerätschaften und Fahrrädern.

Der Antragsteller begehrt die Beseitigung des Balkons und des Schuppens. Die Antragsgegner berufen sich auf mündlich erklärte Zustimmungen durch die Wohnungseigentümer sowie auf Unzumutbarkeit und Rechtsmißbräuchlichkeit des Beseitigungsverlangens.

Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 22.2.1996 die Antragsgegner verpflichtet, den Balkon und den Schuppen zu entfernen sowie den ursprünglichen Zustand an der östlichen Fassade wiederherzustellen. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das Landgericht nach mündlicher Verhandlung am 15.5.1997 mit Beschluß vom 20.12.2000 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts und zur Zurückverweisung der Sache an dieses.

1. Das Landgericht hat, teils unter Bezugnahme auf den Beschluß des Amtsgerichts, ausgeführt:

Ein Beseitigungsanspruch sei gegeben. Beide Maßnahmen hätten der Zustimmung sämtlicher Eigentümer bedurft; solche seien jedoch nicht wirksam erteilt worden. Die Antragsgegner könnten sich nicht auf mündlich getroffene Vereinbarungen mit den Rechtsvorgängern des Antragstellers berufen. Dem stehe § 12 Nr. 4 GO entgegen, welcher die konstitutive Wirkung der Protokollierung festschreibe. Ein Verstoß hiergegen bedinge die Unwirksamkeit des Beschlusses, nicht nur dessen Anfechtbarkeit. Darüber hinaus habe die Vereinbarung hinsichtlich des Balkons unter der aufschiebenden Bedingung gestanden, daß auch der der Wohnung des Antragstellers zugehörige Balkon verlängert werden solle. Solches sei aber nicht geschehen. Ferner sei die Zustimmung der weiteren Beteiligten zu den Baumaßnahmen nicht feststellbar. Überdies fehle es überhaupt an einer Beschlußfassung im Rahmen einer Wohnungseigentümerversammlung, so daß für beide bauliche Angelegenheiten Nichtbeschlüsse ohne rechtliche Bindungswirkung vorlägen. Auf die Frage, wann wer über was gesprochen habe und wie die anwesenden Eigentümer verblieben seien, komme es demnach nicht an.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält in der Sache der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die erhobene Verfahrensrüge der Verletzung rechtlichen Gehörs kann deshalb unerörtert bleiben.

a) Beseitigung des Balkons

aa) Die Vorinstanzen sind zutreffend davon ausgegangen, daß die Anbringung des Balkons im 2. Stockwerk der Ostfassade eine bauliche Veränderung nach § 22 Abs. 1 WEG darstellt. Bauliche Veränderung ist jede Umgestaltung des Gemeinschaftseigentums in Abweichung vom Zustand gemäß Aufteilungsplan; dazu gehören insbesondere ...

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