Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Gerichtliche Kostenentscheidungen

 

Verfahrensgang

LG München I (Entscheidung vom 01.03.1990; Aktenzeichen 1 T 19115/89)

AG München (Entscheidung vom 31.08.1989; Aktenzeichen UR II 234/89)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 1. März 1990 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 450 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin einer Erdgeschoßwohnung, der Antragsgegner Miteigentümer eines Tiefgaragenstellplatzes in einer Eigentumswohnanlage.

Unter Berufung auf ein Sondernutzungsrecht an der vor ihrer Wohnung gelegenen Gartenfläche beantragte die Antragstellerin beim Amtsgericht – Streitgericht –, den Antragsgegner zu verurteilen, die Anlegung eines Gehwegs im Abstand von 80 cm vor ihrer Wohnung zu unterlassen.

Diesen Antrag hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 22.5.1989 zurückgenommen, weil in einem anderen Wohnungseigentumsverfahren mit Beschluß vom 24.4.1989 rechtskräftig festgestellt worden war, daß an der Gartenfläche vor der Wohnung der Antragstellerin kein Sondernutzungsrecht besteht.

Mit Beschluß vom 31.8.1989 hat das Amtsgericht – Wohnungseigentumsgericht –, an das das Verfahren abgegeben worden war, der Antragstellerin die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Verfahrens auferlegt.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie sich gegen die Anordnung, die außergerichtlichen Kosten zu tragen, wandte, hat das Landgericht mit Beschluß vom 1.3.1990 zurückgewiesen. Mit der sofortigen weiteren Beschwerde erstrebt die Antragstellerin die Befreiung von den außergerichtlichen Kosten des Verfahrens vor dem Amtsgericht und des Beschwerdeverfahrens.

II.

Das Rechtsmittel ist unbegründet.

1. Das Verfahren des Landgerichts leidet an keinem Fehler, der die Aufhebung der Entscheidung und die Zurückverweisung erfordern würde.

a) Der geschäftsplanmäßig bestimmte Vorsitzende hat zu Recht an der Entscheidung der Kammer des Landgerichts nicht mitgewirkt, da seine Anzeige von einem Verhältnis, das die Besorgnis seiner Befangenheit begründen könnte (§§ 48, 42 Abs. 2 ZPO), durch Beschluß vom 14.12.1989 für begründet erklärt worden ist.

b) Da das Landgericht im Beschwerdeverfahren lediglich die Kostenentscheidung des Amtsgerichts nach Rücknahme des Sachantrags zu überprüfen hatte, durfte es sowohl von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 44 Abs. 1 WEG als auch von der Beteiligung der übrigen Wohnungseigentümer nach § 43 Abs. 4 Nr. 1 WEG ausnahmsweise absehen.

2. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Landgericht ausgeführt:

Der Umstand, daß die Antragstellerin im Parallelverfahren auf Feststellung des Sondernutzungsrechts als dort Unterlegene die außergerichtlichen Kosten nicht zu tragen habe, zwinge nicht zu einer gleichlautenden Kostenentscheidung für das vorliegende Verfahren. Denn der entscheidende Unterschied liege darin, daß die Antragstellerin im anderen Verfahren Antragsgegnerin gewesen sei und damit keinen Einfluß auf das Verfahren habe nehmen können, während sie hier aktiv das Gericht in Anspruch genommen und den Antragsgegner in ein Verfahren hineingezogen habe. Da der Antragsgegner das Verfahren nicht habe verhindern können, sei es billig, ihn von der Belastung mit außergerichtlichen Kosten freizustellen.

3. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Nach wirksamer Zurücknahme des Sachantrags ist über die Kosten des gesamten Verfahrens gemäß § 47 WEG nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dabei hält es der Senat in ständiger Rechtsprechung grundsätzlich für angemessen, daß derjenige, der ein Verfahren in Gang gesetzt hat, nach Rücknahme des Antrags oder des Rechtsmittels nicht nur die Gerichtskosten, sondern auch die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners oder des Rechtsmittelgegners zu tragen hat (BayObLG WuM 1987, 237/238; 1987, 333; 1988, 421).

Diese Rechtsprechung beruht auf der Überlegung, daß die Nähe der echten Streitverfahren nach § 43 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 WEG zum Verfahren der Zivilprozeßordnung eine Orientierung an den dort geltenden Kostenverteilungsgrundsätzen rechtfertigt. Allerdings sind auch nach Auffassung des Senats die konkreten Umstände des Einzelfalls bei der Kostenentscheidung nach Rücknahme des Verfahrensantrags oder eines Rechtsmittels zu berücksichtigen (BayObLG WuM 1988, 421). So können auch die Erfolgsaussichten des Antrags oder Rechtsmittels, die jedoch nur überschlägig zu prüfen sind, im Einzelfall eine andere Kostenentscheidung rechtfertigen.

b) Die Ermessensentscheidung des Landgerichts, die der Senat als Rechtsbeschwerdegericht nur auf Rechtsfehler überprüfen kann (wegen der näheren Einzelheiten vgl. BayObLG ZMR 1986, 251 f.; BayObLGZ 1987, 381/386), ist von den Grundsätzen dieser Rechtsprechung ausgegangen.

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