Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbscheinseinziehung. Altenheim
Leitsatz (redaktionell)
Zur Wirksamkeit der Erbeinsetzung der Trägerin eines Altenheims, in dem die Erblasserin im Zeitpunkt der Testamentserrichtung aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung lebte.
Normenkette
HeimG § 14; BGB § 134
Verfahrensgang
LG Passau (Beschluss vom 19.09.1988; Aktenzeichen 2 T 142/88) |
AG Passau (Aktenzeichen 1 VI 859/85) |
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 wird der Beschluß des Landgerichts Passau vom 19. September 1988 aufgehoben.
II. Die Sache wird zu neuer Behandlung und Entscheidung an das Landgericht Passau zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
Die ledige und kinderlose Erblasserin ist am … im Alter von … Jahren in einem Krankenhaus verstorben. Sie lebte zuletzt in einem von der Beteiligten zu 1, einem Frauenorden, betriebenen Altenheim, in dem sie früher als Hausgehilfin tätig war. Der Beteiligte zu 2 ist ein Bruder der Erblasserin. Ein weiterer Bruder ist im Jahr 1981, eine Schwester am 1.2.1986 verstorben. Ob eine weitere Schwester der Erblasserin ebenfalls verstorben ist und Kinder hinterlassen hat, ist nicht ermittelt. Der aus Sparguthaben bestehende Reinnachlaß beläuft sich auf rund 28.735 DM.
Das Nachlaßgericht eröffnete am 30.11.1986 eine mit „Mein Testament” überschriebene handschriftliche letztwillige Verfügung vom 5.5.1985, die mit dem Namen der Erblasserin unterzeichnet ist und wie folgt lautet:
Ich … geb. am … vererbe nach meinem Tode alle meine Sachen: wie Wäsche, Mobilar und das noch vorhandene Geld einschliesslich Sparbuch den … Ordens in ….
DM 300– sollen auf Hg Messen verwendet werden.
Die gesetzliche Vertreterin der Beteiligten zu 1 erklärte, daß die Erbschaft angenommen werde. Auf ihren Antrag bewilligte das Nachlaßgericht am 6.2.1985 einen Erbschein, demzufolge die Erblasserin von der Beteiligten zu 1 aufgrund Testaments vom 5.5.1985 allein beerbt worden sei. Eine Ausfertigung wurde an die Beteiligte zu 1 hinausgegeben. Mit Schriftsatz vom 26.3.1986 beantragte der Beteiligte zu 2, den Erbschein einzuziehen und ihm einen Alleinerbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge zu erteilen. Zur Begründung trug er vor, daß die Erblasserin bei Errichtung des Testaments nicht mehr testierfähig gewesen sei. Außerdem sei das Testament nicht von ihr, geschrieben worden. Diese Anträge wies das Nachlaßgericht am 21.7.1987 zurück und ordnete an, daß der Beteiligte zu 2 die der Beteiligten zu 1 entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten habe. Die hiergegen eingelegte Beschwerde wies das Landgericht am 19.9.1988 zurück. Die der Beteiligten zu 1 im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Auslagen wurden dem Beteiligten zu 2 auferlegt. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wurde auf 28.735 DM festgesetzt.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 vom 8.1.1990. Er beantragt, den Beschluß des Landgerichts aufzuheben, den erteilten Erbschein einzuziehen und ihm einen Alleinerbschein zu erteilen. Die Beteiligte zu 1 beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige weitere Beschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Eine Einziehung des Erbscheins komme nicht in Betracht, denn die durchgeführten Ermittlungen hätten keine Erkenntnisse ergeben, welche die Überzeugung des Gerichts von der Richtigkeit des Erbscheins vom 6.2.1986 erschüttern würden. Es bestehe aufgrund des vom Nachlaßgericht eingeholten Schriftgutachtens in Verbindung mit den Zeugenaussagen kein Zweifel daran, daß die Erblasserin das Testament vom 5.5.1985 eigenhändig geschrieben und unterschrieben habe. Die Ermittlungen hätten auch keinen Beweis dafür erbracht, daß die Erblasserin bei Errichtung des Testaments testierunfähig gewesen sei. Sie sei zwar aufgrund einer Infektionskrankheit seit dem Kindesalter schwer hör- und sprachgeschädigt. Dennoch sei sie nach den übereinstimmenden Aussagen der vernommenen Schwestern des Altenheims und den Angaben ihres Hausarztes geistig normal gewesen. Sowohl die Schwestern als auch der Arzt hätten seit Jahren Kontakt mit der Erblasserin gehabt, so daß sie deren Geisteszustand beurteilen könnten. Auch die Stationsärztin des Krankenhauses habe noch im Oktober 1985 den Eindruck gehabt, die Erblasserin sei geschäftsfähig. Soweit eine Zeugin bekundet habe, ein von der Erblasserin im Dezember 1984 geschriebener Brief sei verworren gewesen, begründe dies keine Zweifel an der Testierfähigkeit. Davon sei auch der als Sachverständiger gehörte Landgerichtsarzt ausgegangen, der zudem aus den Aussagen der Zeugen keine Schlüsse auf eine Testierunfähigkeit gezogen habe. Schließlich habe sich auch die Behauptung des Beteiligten zu 2 nicht bestätigt, die Erblasserin habe vor Errichtung des Testaments einen Schlaganfall erlitten, der eine Behandlung mit dem Medikament Colfarit erforderlich gemacht habe. Die als Zeuginnen vernommenen Schwestern...