Leitsatz (amtlich)
1. Die Anbringung von Stufen in einer Böschung zwischen der zur Eigentumswohnung gehörenden Terrasse und der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gartenfläche ist eine bauliche Veränderung.
2. Ob andere Wohnungseigentümer durch eine bauliche Veränderung über das zulässige Maß hinaus beeinträchtigt werden, obliegt der tatrichterlichen Würdigung und ist durch das Rechtsbeschwerdegericht nur beschränkt nachprüfbar.
3. Der Erwerber einer Eigentumswohnung muss sich bei der Prüfung, ob sein Anspruch auf Beseitigung einer baulichen Veränderung verwirkt ist, Duldung und Zeitablauf während des Eigentums des Rechtsvorgängers zurechnen lassen.
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 16.01.2004; Aktenzeichen 1 T 11055/03) |
AG München (Aktenzeichen 483 UR II 226/03) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des LG München I vom 16.1.2004 wird als unzulässig verworfen, soweit sie den Antrag auf Entfernung von Gegenständen unter dem Balkon der Antragstellerin betrifft; im Übrigen wird sie zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegner im Rechtsbeschwerdeverfahren zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin und die Antragsgegner, ein Ehepaar, sind Eigentümer von benachbarten Erdgeschosswohnungen in einer aus zehn Gebäuden bestehenden Wohnanlage, deren Erdgeschosswohnungen teils über einen Balkon, teils über eine Terrasse mit einer Böschung zu der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gartenfläche verfügen. Zur Wohnung der Antragstellerin gehört ein Balkon, zu der der Antragsgegner eine Terrasse.
Die Antragstellerin hat beim AG beantragt, die Antragsgegner zu verpflichten,
1. die Abdeckung (Teppichbelag) der Kellerschächte an der Terrasse ihrer Wohnung,
2. die Treppe von der Terrasse vor deren Wohnung zur tiefer liegenden Gartenfläche,
3. die unter dem Balkon der Antragstellerin abgestellten Geräte, insb. zwei Vogelhäuser und zwei Rechen, zu entfernen.
Das AG hat mit Beschluss vom 22.5.2003 die Antragsgegner gesamtschuldnerisch zur beantragten Entfernung verpflichtet.
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat das LG den Beschluss des AG am 16.1.2004 hinsichtlich des Antrags Nr. 2 aufgehoben und diesen Antrag abgewiesen; im Übrigen hat es die sofortige Beschwerde unter Neufassung der Verpflichtung zu Antrag Nr. 1 zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin unter Wiederholung ihrer Anträge zu Nr. 2 und 3 sofortige weitere Beschwerde eingelegt.
II. Das Rechtsmittel der Antragstellerin ist zum Teil unzulässig, im Übrigen unbegründet.
1. Unzulässig ist die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin, soweit sie den Antrag auf Entfernung der Gegenstände unter ihrem Balkon weiterverfolgt. Denn insoweit hat das LG die Entscheidung des AG nicht aufgehoben oder abgeändert, sondern vielmehr bestätigt. Das ergibt sich zweifelsfrei sowohl aus dem Tenor des Beschlusses als auch aus den Gründen (Seite 10 unter 2b). Damit fehlt es insoweit an einer Beschwer der Antragstellerin durch den Beschluss des LG.
2. Soweit die sofortige weitere Beschwerde zulässig ist (Antrag auf Entfernung der Treppe von der Terrasse zur Gartenfläche), hat das LG ausgeführt:
Die Errichtung der Treppe in der Böschung zur Terrasse stelle zwar eine bauliche Veränderung dar, die keine Maßnahme der ordnungsmäßigen Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums sei, doch sei dadurch eine über das Maß des § 14 Nr. 1 WEG hinausgehende Beeinträchtigung anderer Wohnungseigentümer nicht gegeben. Ein Verstoß gegen das in der Gemeinschaftsordnung enthaltene Verbot von Veränderungen an der äußeren Gestalt des Gebäudes liege nicht vor.
3. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Die Errichtung einer wenige Stufen umfassenden Treppe in der Böschung zwischen der Terrasse und der Gartenfläche ist vom LG zutreffend als bauliche Veränderung beurteilt worden, weil dadurch das gemeinschaftliche Eigentum an der Böschung dauerhaft umgestaltet wurde (vgl. BayObLG NZM 2003, 242). Die Beseitigung einer solchen baulichen Veränderung kann aber nur verlangt werden, wenn die Baumaßnahme nach § 22 Abs. 1 S. 2 WEG der Zustimmung des Anspruchstellers bedurft hätte. Dass im vorliegenden Fall die Zustimmung der Antragstellerin nicht erforderlich war, weil der Antragstellerin durch die Treppe in der Böschung kein Nachteil über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus erwächst, hat das LG rechtsfehlerfrei entschieden.
b) Die Frage, ob eine über das Maß des § 14 Nr. 1 WEG hinausgehende Beeinträchtigung gegeben ist, liegt im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet (BayObLG NZM 2003, 121 (Ls); WuM 2004, 48). Der Senat kann deshalb als Rechtsbeschwerdegericht die Entscheidung des LG zu diesem Punkt nur auf Rechtsfehler überprüfen. Ein derartiger Rechtsfehler ist hi...