Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassung
Verfahrensgang
AG Günzburg (Aktenzeichen UR II 20/92) |
LG Memmingen (Aktenzeichen 4 T 2199/92) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner wird der Beschluß des Landgerichts Memmingen vom 24. Mai 1993 aufgehoben.
II. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht Memmingen zurückverwiesen.
III. Der Geschäftswert wird für alle Rechtszüge auf 10.000,– DM festgesetzt. Der Beschluß des Amtsgerichts Günzburg vom 22. Oktober 1992 wird in Nr. 4 dementsprechend abgeändert.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind Wohnungseigentümer in einer Wohnanlage. Das Wohnungseigentum der Antragsgegner ist in der Teilungserklärung wie folgt bezeichnet:
Miteigentumsanteil zu 72.332/1.000 verbunden mit dem Sondereigentum an der im Dachgeschoß, südlich vom Treppenhaus gelegenen in sich abgeschlossenen Wohnung, bestehend aus einem Wohn- und Eßzimmer, einem Schlafzimmer, einer Kochnische, einem Bad und WC, einem Wintergarten, einem Balkon, einem Windfang und einer Abstellkammer mit einer Wohnfläche von 44,56 m² und einer Grundfläche von 56,62 m², im Aufteilungsplan mit Nr. 8 bezeichnet, sowie mit dem im Dachspitz gelegenen Abstellraum Nr. 8.
Der Abstellraum liegt zum Teil über der Wohnung der Antragstellerin. Die Zwischendecke zwischen den Wohnungen und dem Speicher besteht aus Balken, auf denen Bretter und eine Schicht Mineraldämmwolle verlegt sind. Ein Trittschallschutz ist nicht vorhanden. Zu dem Abstellraum im Speicher führt eine Einschubtreppe vom Treppenhaus aus.
Die Antragsgegner durchbrachen von ihrer Wohnung aus die Zwischendecke und brachten eine Wendeltreppe an, die in den Abstellraum führt. Dieser wird von den Mietern der Antragsgegner als Wohn- und Schlafraum genutzt.
Die Antragstellerin hat beantragt, den Antragsgegnern zu untersagen, den Abstellraum als Wohn- und Schlafraum zu nutzen oder zu vermieten, und sie zu verpflichten, den von ihrer Wohnung aus bestehenden Zugang zu dem Abstellraum zu beseitigen. Das Amtsgericht hat dem Antrag mit Beschluß vom 22.10.1992 stattgegeben. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 24.5.1993 die sofortige Beschwerde der Antragsgegner zurückgewiesen. Dagegen richtet sich ihre sofortige weitere Beschwerde.
II.
Das Rechtsmittel führt wegen eines Verfahrensmangels zur Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
1. Das Verfahren hat die sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ergebenden Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander im Sinn des § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG zum Gegenstand. An diesem Verfahren sind gemäß § 43 Abs. 4 Nr. 1 WEG sämtliche Wohnungseigentümer materiell beteiligt. Wer materiell beteiligt ist, muß auch formell beteiligt, also zum Verfahren zugezogen werden. Die Notwendigkeit der Beteiligung ergibt sich auch aus § 45 Abs. 2 Satz 2 WEG, der bestimmt, daß die gerichtliche Entscheidung für alle Beteiligten bindend ist. Sie ist außerdem ein Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 GG und der Sachaufklärung nach § 12 FGG (BayObLG NJW-RR 1990, 660 f. m.w.Nachw.).
Einer der Fälle, in denen ausnahmsweise die Beteiligung aller Wohnungseigentümer nicht erforderlich ist (vgl. dazu BayObLG aaO), liegt hier nicht vor. Vom Verfahrensgegenstand im engeren Sinn, der durch den Antrag bestimmt wird, sind zwar nur die Antragstellerin und die Antragsgegner unmittelbar rechtlich betroffen. Die rechtlichen Interessen der übrigen Wohnungseigentümer werden hier aber schon deshalb berührt, weil der Abstellraum nicht nur über der Wohnung der Antragstellerin liegt.
Weder das Amtsgericht noch das Landgericht haben die übrigen Wohnungseigentümer am Verfahren beteiligt. Dies hätte auch durch Einschaltung des Verwalters als Zustellungsvertreter geschehen können (vgl. BayObLGZ 1989, 342/344).
2. Die unterlassene Beteiligung der übrigen Wohnungseigentümer hat nach § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, §§ 550, 551 Nr. 5 ZPO zwingend die Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses und die Zurückverweisung zur neuen Verhandlung und Entscheidung zur Folge (BayObLG WuM 1989, 36/37 m.w.Nachw.). Der Verfahrensfehler ist im Rahmen von § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 551 ZPO von Amts wegen zu beachten; daß niemand den Fehler gerügt hat, ist daher unerheblich (BayObLG 1989, 350/351).
3. Eine Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren ist nicht veranlaßt; sie wird das Landgericht zu treffen haben. Die Festsetzung des Geschäftswertswerts beruht auf § 48 Abs. 2 WEG. Die auf den übereinstimmenden Vorschlag der Beteiligten gestützte Festsetzung des Geschäftswerts durch das Landgericht in Höhe von 3.000,– DM hält der Senat für zu niedrig. Angemessen ist ein Geschäftswert in Höhe von 10.000,– DM. Die Entscheidung des Amtsgerichts wird von Amts wegen gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 KostO abgeändert.
III.
Für das weitere Verfahren wird bemerkt:
1. Es kann offenbleiben, ob die Bezeichnung des Abstellraumes in der Teilungserklärung als Zweckbest...