Leitsatz (amtlich)
Zur Formwirksamkeit eines eigenhändigen Testaments, bei dem die Unterschrift zu einem späteren Zeitpunkt unterhalb des ursprünglichen Textes, jedoch oberhalb einer weiteren Ergänzung angebracht wurde.
Verfahrensgang
LG München (Beschluss vom 01.03.2004; Aktenzeichen II 6 T 5423/03) |
AG Weilheim (Beschluss vom 12.08.2003; Aktenzeichen VI 511/02) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) werden der Beschluss des LG München II vom 1.3.2004 und der Beschluss des AG Weilheim vom 12.8.2003 aufgehoben.
Gründe
I. Die Erblasserin ist im Jahr 2002 im Alter von 87 Jahren verstorben. Sie war verwitwet und kinderlos. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind ihre Neffen.
Mit notariellem Testament vom 9.12.1997 setzte die Erblasserin die beiden Beteiligten als Erben je zur Hälfte ein.
Ferner liegt ein eigenhändiges Testament der Erblasserin vor, das folgenden Wortlaut hat:
(Namenszug der Erblasserin)
Testament vom 17.9.1998.
Haupterbe meines Besitzes soll mein Neffe (Beteiligter zu 2)) Sohn meines verstorbenen Bruders sein. Ich bevorzuge ihn weil er mit seiner Frau drei Kinder hat.
Bis zur Vollendung des 20. Lebensjahrs sollen die Eltern die Aufsicht über das geerbte Geld für ihre Kinder haben.
Meine Eigentumswohnung sollen zur Hälfte M. (Beteiligter zu 2)), die andere Hälfte sein Bruder (Beteiligter zu 1)) und A., zu gleichen Teilen erben.
Für die Auflösung meines Berliner Haushalts setze ich A. (durchgestrichen; eingefügt: M. (Bet. zu 2))) und B. ein.
Berlin, am 5.10.1999
(Namenszug der Erblasserin)
Die drei Kinder von M. (Bet. zu 2)) sollen je 20.000 DM = 60.000 DM erben, die Verwaltung bis zum 21. Lebensjahr sollen die Eltern übernehmen.
Am Rand des Schriftstücks hat die Erblasserin am Ende des zweiten Satzes ein Kreuz angebracht. Ferner hat sie im letzten Satz vor dem Datum 5.10.1999 den Namen A. durchgestrichen und den Namen des Beteiligten zu 2) eingesetzt.
Der Nachlass besteht im Wesentlichen aus der Eigentumswohnung sowie aus Bankguthaben und Wertpapieren in Höhe von rund 130.000 Euro.
Der Beteiligte zu 2) hat schriftsätzlich die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der ihn als Alleinerben ausweist. Er ist der Auffassung, die Erbfolge richte sich nach dem eigenhändigen Testament vom 17.9.98/5.10.99. Dieses sei formgültig, der Zusatz unter der Unterschrift stelle eine Ergänzung des darüber stehenden Textes dar. Die Erblasserin habe offensichtlich beim Durchlesen bemerkt, dass sie die Verfügung zugunsten der Kinder vergessen habe, und die entsprechende Stelle mit dem Kreuz am Rand gekennzeichnet. Die Erblasserin sei auch testierfähig gewesen. Es sei erst 2002 ein Betreuungsverfahren eingeleitet worden, bis dahin habe die Erblasserin allein in ihrer Wohnung in Berlin gelebt. Es sei deshalb ein Erbschein zu erteilen, der ihn als Alleinerben ausweise.
Der Beteiligte zu 1) ist dem Antrag entgegengetreten. Er hält das eigenhändige Testament der Erblasserin für formunwirksam, da es nicht unterschrieben sei. Zudem sei die Erblasserin nicht mehr testierfähig gewesen. Maßgeblich für die Erbfolge sei das notarielle Testament vom 9.12.1997.
Mit Beschluss vom 12.8.2003 hat das AG die Erteilung eines Erbscheins angekündigt, der die Beteiligten zu 1) und 2 als Miterben je zur Hälfte ausweist. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu 2) wurde mit Beschluss des LG vom 1.3.2004 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beteiligte zu 2) mit der weiteren Beschwerde.
II. Die weitere Beschwerde ist zulässig. Die vom Beteiligten zu 2) erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren vorgelegten Notizen der Erblasserin können als neue Tatsachen jedoch bei der Entscheidung nicht berücksichtigt werden (vgl. Keidel/Meyer/Holz, FGG, 15. Aufl., § 27 Rz. 45). Das Rechtsmittel ist auch begründet und führt zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen.
1. Das LG hat im Wesentlichen ausgeführt, das notarielle Testament vom 9.12.1997 sei durch das später errichtete Testament vom 17.9.1998 und die handschriftliche Ergänzung vom 5.10.1999 nicht wirksam widerrufen worden, da weder das Testament vom 17.9.1998 noch die Ergänzung vom 5.10.1999 unterschrieben sei.
Die Unterschrift müsse als Abschluss der Urkunde am Schluss des Textes stehen, um diesen auch räumlich abzudecken; ein über dem Urkundentext stehender Namenszug sei keine Unterschrift. Auch durch die handschriftliche Ergänzung vom 5.10.1999 sei kein wirksames Testament, auch nicht etwa in zwei Teilzügen, errichtet worden.
Für die Wirksamkeit eines in Teilzügen errichteten Testaments komme es nur darauf an, dass am Ende alle Verfügungen des Erblassers der nötigen Form entsprächen, insb. unterschrieben seien. An Letzterem fehle es, da sich der Namenszug der Erblasserin oberhalb des nachfolgenden handschriftlichen Textes vom 5.10.1999 befinde und dieser nicht unterschrieben worden sei.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) nicht stand. Zutreffend geht das LG zwar davon aus, dass die Unterschrift grundsätzlich am Schluss des T...