Entscheidungsstichwort (Thema)

Örtliche Zuständigkeit - Anspruch auf Zahlung von restlichen Werklohn

 

Normenkette

EGZPO § 9; ZPO §§ 12, 17, 36 Abs. 1 Nr. 6 u. Abs. 2, § 38 Abs. 1, § 261 Abs. 3 Nr. 2, § 281 Abs. 2 S. 2 u. 4

 

Verfahrensgang

LG Amberg (Beschluss vom 08.01.2019; Aktenzeichen 14 O 64/18 KfH)

 

Tenor

Örtlich zuständig ist das Landgericht Karlsruhe.

 

Gründe

I. Mit Klage vom 23. Juli 2018 erhob die Klägerin beim Landgericht Amberg - Kammer für Handelssachen - Klage auf Bezahlung restlichen Werklohns gegen die Beklagte mit der Begründung, sie habe in deren Auftrag Dachdecker- und Klempnerarbeiten an zwei Gebäuden in Baumholder ausgeführt.

Die Beklagte hat ihren Sitz im Bezirk des Landgerichts Amberg. In der Klageschrift wies die Klägerin darauf hin, dass im Vertrag das Amtsgericht bzw. Landgericht Amberg als Gerichtsstand vereinbart worden sei.

Die Klage wurde der Beklagten am 28. August 2018 zugestellt.

Nachdem die Beklagte ihre Verteidigungsabsicht angezeigt hatte, beantragte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 20. September 2018 die Verweisung an das Landgericht Karlsruhe, da sich die Parteien hierauf geeinigt hätten. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten werde dies gegenüber dem Gericht bestätigen. Mit Schriftsatz vom 25. September 2018 teilte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit, die Parteien hätten eine Gerichtsstandsvereinbarung geschlossen, wonach Gerichtsstand Karlsruhe sein solle. Insofern sei das Landgericht Amberg nicht mehr zuständig.

Mit Beschluss vom 26. September 2018 erklärte sich das Landgericht Amberg für örtlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das Landgericht Karlsruhe. Zur Begründung führte es aus, die Parteien hätten eine Gerichtsstandsvereinbarung geschlossen, wonach Gerichtsstand Karlsruhe sein solle.

Nach Eingang der Akte beim Landgericht Karlsruhe wurde den Parteien aufgegeben, die Gerichtsstandsbestimmung vorzulegen oder, falls keine schriftliche Vereinbarung bestehe, anzugeben, wann die Vereinbarung mündlich getroffen worden sei. Im Anschluss teilten beide Parteien mit, dass die Gerichtsstandsvereinbarung mit E-Mail vom 6. September 2018 seitens der Bevollmächtigten der Klägerin (Bl. 39, 42 d.A.) und mit Schreiben vom 11. September 2018 seitens der Bevollmächtigten der Beklagten (Bl. 40, 43 d.A.) zustande gekommen sei.

Nach Anhörung der Parteien lehnte das Landgericht Karlsruhe mit Beschluss vom 8. Januar 2019 die Übernahme des Rechtsstreits ab. Zur Begründung führte es aus, die Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses entfalle u.a. dann, wenn das Gericht von der ganz herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur abweiche, ohne dies zu sehen und die eigene Auffassung zu begründen. Die Parteien hätten die auf Karlsruhe lautende Gerichtsstandsvereinbarung nach Rechtshängigkeit der Klage getroffen, was nach allgemeiner Auffassung in der Rechtsprechung wegen § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO nicht mehr möglich sei. Hiervon sei das Landgericht Amberg abgewichen, ohne überhaupt zu klären, wann die Gerichtsstandsvereinbarung abgeschlossen worden sei und weshalb es die allgemeine Auffassung in der Rechtsprechung nicht teile. Ein derartiger Verweisungsbeschluss, der in dieser Weise unter Verletzung des Grundsatzes der perpetuatio fori (§ 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO) ergehe, entbehre aber jeder rechtlichen Grundlage.

Mit Verfügung vom 4. Februar 2019 hat das Landgericht Amberg das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Gerichts dem Bayerischen Obersten Landesgericht vorgelegt. Die Parteien hätten nach § 38 Abs. 1 ZPO wirksam eine Gerichtsstandsbestimmung treffen können. Nach Aktenlage möge verkannt worden sein, dass eine nach Rechtshängigkeit getroffene Gerichtsstandsvereinbarung mit § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO, der sich nicht ausdrücklich zu Gerichtsstandsvereinbarungen verhalte, in Konflikt stehen könne. Wenn dies aber gerade übersehen worden sei, habe für das Landgericht Amberg kein Anlass bestanden, sich im Verweisungsbeschluss mit der herrschenden Ansicht auseinanderzusetzen.

II. Auf die zulässige Vorlage des Landgerichts Amberg ist die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Karlsruhe auszusprechen.

1. Die Voraussetzungen für die Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 ZPO durch das Bayerische Oberste Landesgericht liegen vor (vgl. Schultzky in Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 36 Rn. 34 ff. m. w. N.). Das Landgericht Amberg und das Landgericht Karlsruhe haben sich bindend für unzuständig erklärt; das Landgericht Amberg durch unanfechtbaren Verweisungsbeschluss vom 26. September 2018 (§ 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO), das Landgericht Karlsruhe in der Form der den Parteien bekannt gegebenen (vgl. Schultzky in Zöller, ZPO, § 36 Rn. 35) ersichtlich abschließenden Verweigerung der Übernahme des Verfahrens mit Beschluss vom 8. Januar 2019. Die jeweils ausdrücklich ausgesprochene Leugnung der eigenen Kompetenz erfüllt das Tatbestandsmerkmal "rechtskräftig" im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO (BGH, Beschluss vom 10. Dezember 1987, I ARZ 809/87, BGHZ 102, 338...

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