Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwachsung
Leitsatz (redaktionell)
Zum möglichen Ausschluss der Anwachsung, wenn der Erblasser in einer letztwilligen Verfügung mehrere Personen zu Erben eingesetzt hat und diese Erbeinsetzung hinsichtlich einzelner der eingesetzten Erben keine Wirkung entfaltet.
Normenkette
BGB § 2094 Abs. 1, § 2270 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Augsburg (Beschluss vom 29.10.1991; Aktenzeichen 5 T 2496/91) |
AG Augsburg (Aktenzeichen VI 859/88) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen Abschnitt I des Beschlusses des Landgerichts Augsburg vom 29. Oktober 1991 wird zurückgewiesen.
II. Der Beteiligte zu 1 hat der Beteiligten zu 3 die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen notwendigen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 187.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die … 1988 im Alter von 78 Jahren verstorbene Erblasserin war verwitwet und kinderlos. Ihr … 1981 vorverstorbener Ehemann hat ebenfalls keine Abkömmlinge und keine näheren Verwandten hinterlassen. Die Beteiligten zu 1 und 2 waren mit den Eheleuten bekannt, die Beteiligte zu 3 zählt zu den gesetzlichen Erben der Erblasserin. Für die unbekannten Erben ist Nachlaßpflegschaft angeordnet, zum Pfleger ist der Beteiligte zu 4 bestellt.
Die Erblasserin hat am 10.8.1967 zusammen mit ihrem Ehemann ein von dem Ehemann eigenhändig geschriebenes, von beiden Eheleuten unterschriebenes Testament errichtet, das auszugsweise wie folgt lautet:
„I.
Wir … setzen uns hiermit gegenseitig zu alleinigen und ausschließlichen Erben ein.
Wer Erbe des Zuletztversterbenden sein soll, kann der Überlebende frei bestimmen (keine Nacherbfolge).
Falls der Überlebende bis zu seinem Tode kein neues Testament errichtet, gelten die Bestimmungen des gemeinsamen Ablebens (Ziffer II bis VII).
II.
Für den Fall des gleichzeitigen Ablebens sollen bezüglich des beiderseitigen Nachlasses,
- Die Schwester des … (Ehemann) … Erbin zur Hälfte sein. Ersatzerben … sollen die Kinder Michaele und Bernd des … K. … und der Sohn Udo … des … P. … zu gleichen Anteilen sein.
- Die Kinder Marliese und Jürgen des … B. … sowie der Sohn Udo … des … P. … sollen Erben der anderen Hälfte zu gleichen Anteilen sein.”
Unter III bis VII enthält das Testament verschiedene Auflagen und Vermächtnisse sowie Hinweise und Anordnungen. Weitere letztwillige Verfügungen der Erblasserin bestehen nicht.
Der Ehemann der Erblasserin hat zu notarieller Urkunde vom 16. Juli 1981 seine in dem Testament enthaltenen wechselbezüglichen und etwaigen nichtwechselbezüglichen Verfügungen widerrufen. Eine Ausfertigung der Urkunde ging dem auch hierfür bestellten Gebrechlichkeitspfleger der Erblasserin am 22. Juli 1981 zu.
Die Beteiligten zu 1 und 2 sind die in Abschnitt II unter b) des gemeinschaftlichen Testaments erwähnten Kinder des … B., die Beteiligte zu 3 ist eine der gesetzlichen Erben der Erblasserin, die noch nicht abschließend ermittelt sind. Das Nachlaßgericht wies mit Beschluß vom 2.10.1989 einen Antrag des Beteiligten zu 1, ihm aufgrund des Testaments vom 10.8.1967 einen Teilerbschein zu 1/2 zu erteilen, zurück. Es vertrat die Auffassung, die Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1 und 2 durch die Erblasserin sei nach § 2270 Abs. 1 BGB unwirksam geworden, da der Ehemann seine Verfügungen in dem Testament widerrufen habe. Seine Verfügungen seien zu den von der Erblasserin verfügten Erbeinsetzungen wechselbezüglich, da die Beteiligten zu 1 und 2 dem Ehemann nahegestanden hätten (§ 2270 Abs. 2 BGB). Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1 hob das Landgericht mit Beschluß vom 29.11.1990 diesen Beschluß des Nachlaßgerichts auf und wies das Nachlaßgericht an, über den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1 neu zu entscheiden. Eine Wechselbezüglichkeit der Verfügungen habe nicht bestanden, da der Beteiligte zu 1 allenfalls der Erblasserin selbst, nicht aber deren Ehemann nahegestanden habe. Daraufhin erteilte das Nachlaßgericht am 30.1.1991 dem Beteiligten zu 1 einen Teilerbschein, in dem er antragsgemäß als Erbe zu 1/2 ausgewiesen ist.
Mit Schreiben vom 26.2.1991 regte die Beteiligte zu 3 an, diesen Erbschein als unrichtig einzuziehen. Sie vertrat weiterhin die Auffassung, die Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1 und 2 sei wegen Wechselbezüglichkeit zu den widerrufenen Verfügungen des Ehemannes unwirksam. Jedenfalls sei die im Erbschein ausgewiesene Quote falsch. Mit Beschluß vom 24.5.1991 lehnte das Nachlaßgericht die Einziehung des Erbscheins ab. Auf Beschwerde der Beteiligten zu 3 hob das Landgericht mit Beschluß vom 29.10.1991 u. a. den Beschluß des Nachlaßgerichts vom 24.5.1991 auf und wies das Nachlaßgericht an, den Erbschein vom 30.1.1991 einzuziehen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1. Er hält den erteilten Erbschein für zutreffend. Die Erblasserin habe in Abschnitt I und II des Testaments abschließend verfügt. Von den eingesetzten Erben und Ersatzerben seien wegen Wechselbezüglichkeit der sie betreffenden Verfügungen alle mit ...