Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückübereignung von Grundstücken. Hofübergabe

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Werden Grundstücke teilweise unentgeltlich übertragen, so dass der Vertrag als gemischte Schenkung (§ 516 Abs. 1 BGB) anzusehen ist, kann sich der Übertragende in Fällen groben Undanks dadurch vom Vertrag lösen, dass er die Schenkung gemäß § 530 Abs. 1 BGB widerruft.

2. Die Hofübergabe im bäuerlichen Bereich ist regelmäßig nicht als (gemischte) Schenkung zu qualifizieren.

 

Normenkette

BGB § 516 Abs. 1

 

Verfahrensgang

OLG Bamberg (Urteil vom 17.01.1994; Aktenzeichen 4 U 83/91)

LG Würzburg (Urteil vom 07.02.1991; Aktenzeichen 1 O 962/90)

 

Tenor

I. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Oberlandesgerichts Bamberg vom 17. Januar 1994 im Kostenpunkt (Nr. IV) und insoweit aufgehoben, als auf die Berufung der Klägerin zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist (Nrn. II 1 und 2).

II. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 7. Februar 1991 wird zurückgewiesen; die erweiterte Klage wird abgewiesen.

III. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Revisionsverfahren noch um die Rückgabe von Grundstücken, die dem Beklagten im Rahmen einer Hofübergabe von der Klägerin überlassen worden sind.

Mit notariellem „Übergabevertrag” vom 12.12.1974, ergänzt durch Nachtrag vom 5.10.1977, haben die damals 55 Jahre alte Klägerin und ihr 1988 verstorbener Ehemann dem Beklagten, ihrem damals 30 Jahre alten Sohn, ihr landwirtschaftliches Anwesen, nämlich den in der Anlage zum Vertrag näher bezeichneten „Grundbesitz” (Wohnhaus nebst Wirtschaftsgebäude und Hofraum, die zum Anwesen gehörenden land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücke und einen „Bauplatz”, insgesamt 5,7399 ha, sowie einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück im Ausmaß von 0,0350 ha) zum Alleineigentum „übergeben”. Ausdrücklich ausgenommen wurden sechs als „Bauplatz” bezeichnete Grundstücke im Ausmaß von insgesamt 0,5327 ha (Nr. II des Vertrages). Die übergebenen Grundstücke hatten zum Teil im Alleineigentum der Klägerin und zum Teil im Alleineigentum ihres - von ihr allein beerbten - Ehemanns gestanden. In Nr. IV des Vertrages (in dem die Klägerin und ihr Ehemann als „der Übergeber” und der Beklagte als „der Übernehmer” bezeichnet sind) ist folgendes vereinbart:

Die Übergabe des Vertragsbesitzes an den Übernehmer erfolgt gegen nachstehende

Gegenleistungen:

1) Der Übernehmer übernimmt hiermit … die am Übergabsbesitz in Abteilung III des Grundbuchs eingetragene Grundschuld in Höhe von DM 6.000

2) Die für die Grundstücke … bereits angefallenen Erschließungskosten in Höhe von DM 6.071,79 … sowie die in Zukunft noch anfallenden Erschließungskosten werden vom Übernehmer zur Zahlung … übernommen.

3) Der Übernehmer räumt dem Übergeber auf Lebensdauer ein unentgeltliches, ausschließliches und beheizungs- und stromfreies

Wohnungsrecht

im Übergabsanwesen ein, und zwar in der gesamten Erdgeschoßwohnung.

Die Austragswohnung ist im gut bewohnbaren und gut beheizbaren Zustand zu halten. Deshalb hat der Übernehmer für die Instandsetzung und Instandhaltung der dem Wohnungsrecht unterliegenden Zimmer aufzukommen.

Der Wasserbezug durch die Übergeber ist frei, ebenso der Strom für alle elektrischen Geräte, die innerhalb oder außerhalb der Austragswohnung von den Übergebern verwendet werden.

4) Der Übernehmer verpflichtet sich, dem Übergeber auf dessen Lebensdauer vom 1. Januar 1975 an eine monatliche Geldrente in Höhe von DM 300,– zu bezahlen, wobei der Übergeber nach seiner freien Wahl an Stelle der Geldrente die volle Verköstigung und Verpflegung verlangen kann, wie diese am Tisch des Übernehmers eingenommen wird. In Krankheitsfällen der Berechtigten ist eine geeignete Krankenkost zu gewähren, gegebenenfalls wie vom Arzt verordnet.

5) Zusätzlich zur vorstehend vereinbarten Geldrente erhält der Übergeber auf Lebensdauer alljährlich zwei Schweine …

6) Der Übernehmer räumt dem Übergeber auf dessen Lebensdauer unentgeltlich den ausschließlichen und uneingeschränkten

Niessbrauch

an dem Grundstück … (einem Weingarten) ein.

7) Der Übernehmer räumt hiermit seiner Schwester … auf die Dauer des ledigen Standes unentgeltlich ein strom- und heizungsfreies

Wohnungsrecht

im Übergabsanwesen ein …

8) Der Übernehmer verpflichtet sich jederzeit auf Verlangen seiner Schwester … ihr eine aus dem Grundstück … geometrisch erst noch herauszumessende Bauplatzfläche von ca. 900 qm … unentgeltlich zu übertragen und aufzulassen.

9) Der Übernehmer ist verpflichtet, dem Übergeber bei Alter und Krankheit unentgeltlich Wart und Pflege zu gewähren, insbesondere dem Übergeber, wenn er nicht mehr dazu in der Lage ist bzw. die Ehefrau vorverstorben ist, die Wäsche zu waschen, zu bügeln und zu flicken und die Kleider, Wäsche und Schuhe in Ordnung zu halten und die Wohnung zu reinigen sowie alle notwendigen Gänge zu verrichten.

Ist dem Übernehmer selbst Wart und Pflege nicht möglich, so hat er soweit zumutbar, den Übergebe...

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