Normenkette

§ 28 Abs. 1 WEG, § 2 WEG, § 3 WEG, § 5 WEG, § 44 Abs. 1 WEG, § 145 Abs. 2 ZPO

 

Kommentar

1. Die von der Vorinstanz vertretene Rechtsauffassung, dass ein für 1985 beschlossener Wirtschaftsplan auch für das Geschäftsjahr 1986 gelte (mit der Begründung, dass er solange gelte, bis ein neuer Wirtschaftsplan erstellt oder beschlossen sei) trifft nicht zu. Ein beschlossener Wirtschaftsplan setzt Vorschüsse ausdrücklich nur für dieses Jahr fest; für die Folgezeit können Wohngeldvorschüsse nur aufgrund eines neuerlichen Eigentümerbeschlusses über einen Wirtschaftsplan des Folgejahres gefordert werden. Ein Beschluss kann allerdings auch den Inhalt haben, dass ein beschlossener Vorjahreswirtschaftsplan unverändert auch für das Folgejahr gelten soll. Insoweit wurde die Streitsache an die Tatsacheninstanz (das LG) zurückgewiesen, mit der Maßgabe, in dieser Richtung einen gefassten Beschluss neuerlich zu überprüfen und auszulegen.

2. Ein Eigentümerbeschluss, durch den einem Verwalter im Zusammenhang mit der Jahresabrechnung Entlastung erteilt wurde, enthält in der Regel die Genehmigung der Jahresabrechnung. Wegen des inneren Zusammenhangs zwischen Entlastung des Verwalters und Genehmigung der Jahresabrechnung kann davon ausgegangen werden, dass der Entlastungsbeschluss gleichzeitig die Genehmigung der Jahresabrechnung enthält (vgl. schon BayObLG Z 1983, 314/317).

Auch hier muss das LG neuerlich eine Auslegung des gefassten Beschlusses vornehmen.

3. In Wohnungseigentumssachen hat das Beschwerdegericht in der Regel mit den Beteiligten vor der vollbesetzten Kammer öffentlich zu verhandeln ( BayObLG, Entscheidung vom 17.12.1987, BReg 2 Z 35/87). Ausnahmen sind nur bei Vorliegen besonderer Umstände denkbar, die einer ausreichenden Begründung bedürfen; der Hinweis in einem landgerichtlichen Beschluss, der Sachverhalt sei aufgeklärt und eine gütliche Einigung der Beteiligten erscheine in Anbetracht klarer Wohnungsgeldzahlungsverpflichtungen nicht erreichbar, sei keine solche ausreichende Begründung, um von einer mündlichen Verhandlung abzusehen.

4. Befristete Beschwerden sind in Wohnungseigentumssachen nur gegen Entscheidungen gegeben ( § 45 Abs. 1 WEG). Hat das AG durch Beschluss das Verfahren über einen Gegenantrag in analoger Anwendung des § 145 Abs. 2 ZPO abgetrennt (gegen die Zulässigkeit über die Prozesstrennung bestehen keine rechtlichen Bedenken), so ist ein solcher Verfahrensabtrennungsbeschluss des AG nicht selbstständig anfechtbar. Das LG hat deshalb die Erstbeschwerde gegen diesen Beschluss zu Recht als unzulässig verworfen. Das dagegen eingelegte Rechtsmittel war als unbefristete weitere Beschwerde zulässig ( § 27 FGG).

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 29.12.1987, BReg 2 Z 93/87)

zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung

Anmerkung:

Diese neue Entscheidung des BayObLG ist wiederum für die kaufmännische Verwaltung sehr wichtig, zumal sie über strenge Auslegung eines Wirtschaftsplan-Genehmigungsbeschlusses mit bisher vielfacher Wirtschaftsplanpraxis bricht. Leider hat der Senat für die Vorinstanz nur einige wenige kurze Hinweise gegeben und sich nicht mit anders lautender obergerichtlicher Rechtsprechung und früherer desselben Senats auseinandergesetzt (vgl. BayObLG Z 1977, 67; OLG Frankfurt, RPfl. 78, 383; OLG Hamm Z 71, 96 und OLG Frankfurt, DWE 2/84, 61; vgl. auch KG Berlin vom 12. 7. 1985, immo-telex 16/86, 98).

Herrschende Rechtsmeinung war bisher, dass ein Wirtschaftsplan nicht mit dem Ablauf des betreffenden Geschäftsjahres gegenstandslos werde, sondern erst mit Beschlussfassung im Folgejahr über die Abrechnung dieses Jahres (des alten Geschäftsjahres), sodass Hausgeldvorschusspflichten bis zu diesem Zeitpunkt fortbestanden. Ein Wirtschaftsplan sollte auch im Zweifel bis zur Genehmigung eines neuen Wirtschaftsplanes fortgelten. Die neue Auffassung des BayObLG könnte nunmehr durchaus einmal zu einem Vorlagefall zum BGH werden. Da in der Entscheidung allerdings angedeutet wurde, dass ein Beschluss ("Vereinbarung, dass die Verwaltung mit Übersendung des Protokolls einen geänderten Wirtschaftsplan vorzulegen habe, der sich genau an den Zahlen der Abrechnung für 1985 orientiere") auch den Inhalt haben könne, dass der Wirtschaftsplan 1985 unverändert auch für das Jahr 1986 gelten solle, sei im Rahmen des nach h. R. M. als abdingbar angesehenen § 28 WEG für die Verwaltungen nunmehr folgender TIPP für eine generelle Orga(Organisations)-Beschlussfassung gegeben:

"Ein jeweils beschlossener Wirtschaftsplan über ein Geschäftsjahr hat zum einen Geltung bis zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Jahresgesamtabrechnung dieses Geschäftsjahres und zum anderen Geltung (als Anspruchsgrundlage für die laufenden Wohngeldvorauszahlungen) bis zum Zeitpunkt der Genehmigung eines neuen Wirtschaftsplanes."

[Diese Orga-Beschlussfassung auf Fortgeltung eines Wirtschaftsplans bis zu neuerlicher Wirtschaftsplan-Beschlussfassung ist heute in der Praxis die Regel, hat sich also durchgesetzt].

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