Leitsatz

  • Das allstimmige Zustimmungsgebot zu baulichen Veränderungen kann kraft Vereinbarung durch Mehrheitsbeschlussmöglichkeit erleichtert werden

    Ein solcher Eigentümerbeschluss ist nur dann für ungültig zu erklären, wenn für die bauliche Veränderung keine sachlichen Gründe vorliegen oder andere Eigentümer durch sie unbillig benachteiligt werden

    Zumindest besteht dann kein Stimmrechtsausschluss eines Eigentümers, wenn sein Sondereigentumsbereich gar nicht berührt wird

    Die einem Rechtsanwalt vom Verwalter im Namen der Eigentümer erteilte Verfahrensvollmacht erlischt grundsätzlich nicht durch Abberufung des Verwalters

 

Normenkette

§ 22 Abs. 1 WEG, § 25 Abs. 5 WEG, § 168 BGB

 

Kommentar

1. Ein früherer Verwalter war kraft Verwaltervertrages bevollmächtigt, die Wohnungseigentümer im Außenverhältnis und gegenüber einzelnen Eigentümern gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten. Damit war er auch berechtigt, im Beschlussanfechtungsverfahren (wie hier) einen Rechtsanwalt mit der Vertretung der übrigen Eigentümer zu beauftragen (h.M.). Die vom früheren Verwalter im Namen der Eigentümer erteilte Verfahrensvollmacht ist durch Abberufung des Verwalters nicht erloschen ( § 168 BGB). Sie wurde hier auch nicht nachträglich widerrufen.

2. Was die Umgestaltung eines Grundstücks betrifft (hier: Pflaster- bzw. Plattenbelagsarbeiten), stellt dies eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG dar. Kraft Vereinbarung war hier jedoch die Vornahme der Maßnahmen einem Mehrheitsbeschluss zugänglich gemacht; § 22 Abs. 1 WEG ist nach absolut h.R.M. abdingbar. Die Vereinbarung enthielt hier gegenüber der gesetzlichen Regelung mehrfache Erleichterungen für beabsichtigte bauliche Veränderungsmaßnahmen. In richtiger Auslegung der getroffenen Vereinbarung sollte statt der Mitwirkung aller im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG benachteiligten Eigentümer ein Mehrheitsbeschluss genügen.

3. Es kann i.Ü. offen bleiben, inwieweit die Genehmigung einer baulichen Veränderung als Rechtsgeschäft im Sinne des § 25 Abs. 5 WEG anzusehen ist; jedenfalls hatte hier der Eigentümerbeschluss kein Rechtsgeschäft mit einer bestimmten Eigentümerseite zum Gegenstand, weil nicht ihr, sondern einer anderen Untergemeinschaft des Hauses die Genehmigung zur Umgestaltung von Freiflächen erteilt wurde. Allein der Umstand, dass ein Eigentümer ein erhebliches Interesse an einer geplanten Änderung hat, schließt diesen nicht von der Beschlussfassung aus (vgl. auch BayObLG, WM 97, 565/566).

4. Ein Eigentümerbeschluss (wie hier zu einer baulichen Veränderung des Gemeinschaftseigentums) ist i.Ü. auch nur dann für ungültig zu erklären, wenn für die bauliche Veränderung keine sachlichen Gründe vorliegen oder andere Eigentümer durch sie unbillig benachteiligt werden (vgl. BayObLG, NJW-RR 1990, 209). Vorliegend bestanden solche sachlichen Gründe für die Umgestaltung der Freifläche; Antragsteller wurden auch nicht unbillig benachteiligt (was in der Entscheidung näher ausgeführt wird).

5. Auch außergerichtliche Kostenentscheidung im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswert für diese Instanz von 10.000 DM.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 19.08.1999, 2Z BR 44/99)

Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?