Leitsatz
Streit zwischen zwei Amtsgerichten über die örtliche Zuständigkeit zur Bearbeitung der demnächst zu erwartenden Nachlassangelegenheit. Das als Verwahrungsgericht zunächst nur mit der Testamentseröffnung betraute Gericht ist noch nicht mit einem dem Nachlassgericht obliegenden Verfahren im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 FGG zuerst befasst worden, sondern erst dasjenige Amtsgericht, an das das eröffnete Testament nach § 2262 S. 2 BGB weitergeleitet wurde. Im Ergebnis ist gleichwohl das Ausgangsgericht zum zuständigen Nachlassgericht bestimmt worden, da es für die Zuständigkeit nicht auf die Begründung eines neuen Wohnsitzes an einem anderen Ort ankommt, solange die Erblasserin nicht ihre bisherige Niederlassung wirksam durch eine geschäftsähnliche Handlung im Sinne des § 7 Abs. 3 BGB aufgegeben hat.
Sachverhalt
Streit zwischen dem AG Eschweiler und dem AG Menden, welches dieser Gerichte zur Bearbeitung der demnächst zu erwartenden Nachlassangelegenheiten örtlich zuständig ist. Die Erblasserin hatte Wohnungen in beiden Gerichtsbezirken. Eröffnet wurde das Testament beim AG Eschweiler als Verwahrungsgericht, welches das eröffnete Testament sodann an das AG Menden weitergeleitet hat nach § 2261 S. 2 BGB. Die beteiligten Amtsgerichte liegen in verschiedenen OLG-Bezirken.
Entscheidung
Da die im Streit stehenden Amtsgerichte in verschiedenen OLG-Bezirken liegen, ist statt des BGH dasjenige OLG zur Entscheidung berufen, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gerichts gehört.
Das AG Eschweiler war als Verwahrungsgericht zunächst mit der Testamentseröffnung betraut, § 2261 S. 1 BGB. Es übersandte das eröffnete Testament nebst einer beglaubigten Abschrift der über die Eröffnung aufgenommenen Niederschrift dem AG Menden gem. § 2261 S. 2 BGB. Erstmalig befasst mit einem dem Nachlassgericht obliegenden Amtsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach § 5 Abs. 1 S. 1 FGG ist damit das AG Menden. Denn dieses Gericht hatte erstmalig amtlich Kenntnis erlangt von Tatsachen, die Anlass zu gerichtlichen Maßnahmen geben, woraus sich auch die Zuständigkeit des erkennenden Senats als Bestimmungsgericht ergibt.
Örtlich zuständiges Nachlassgericht ist das AG Eschweiler. In dessen Bezirk hatte die Erblasserin im Zeitpunkt des Erbfalls ihren Wohnsitz, § 73 Abs. 1 FGG i.V.m. § 7 Abs. 1 BGB. Zwar begründete die Erblasserin zuvor auch einen neuen Wohnsitz an einem im Bezirk des AG Menden belegenen Ort. Hierauf kommt es aber ebenso wenig an wie auf die polizeiliche Abmeldung am bisherigen Wohnort und die Anmeldung an einem anderen Ort. Für die wirksame Aufhebung eines Wohnsitzes durch eine geschäftsähnliche Handlung nach § 7 Abs. 3 BGB kommt es vielmehr auf die nach außen hervortretende und für einen mit den Gegebenheiten vertrauten Beobachter erkennbare Absicht an, die bisherige tatsächliche Niederlassung aufzugeben, was sich auch aus den Umständen ergeben kann.
Vorliegend hatte die Erblasserin nach wie vor eine aufgrund eines Nießbrauchsrechts bestehende eigene Wohnung auf einem Bauernhof, den sie auch nach wie vor als ihre Heimat ansah. Auch gaben weder das Verhalten der Erblasserin noch die Erklärungen der beteiligten Kinder Grund zu der Annahme, die Erblasserin habe ihren bisherigen Lebensmittelpunkt endgültig aufgegeben.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Beschluss vom 04.04.2006, 15 Sbd 2/06