Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmungsverfahren nach § 5 FGG. Streit zwischen dem Verwahrungsgericht und einem anderen Amtsgericht über die örtliche Zuständigkeit für die von Amts wegen wahrzunehmenden weiteren Amtshandlungen des Nachlassgerichts. Anforderungen an die Aufhebung des bisherigen Wohnsitzes gem. § 7 Abs. 3 BGB
Leitsatz (amtlich)
1. Das Bestimmungsverfahren nach § 5 FGG findet auch dann statt, wenn nach Eröffnung eines Testamentes durch das Verwahrungsgericht zwischen diesem und einem anderen AG darüber Streit besteht, welches von den beiden Gerichten für die von Amts wegen vorzunehmenden weiteren Amtshandlungen des Nachlassgerichts (insb. die einfache amtliche Verwahrung des eröffneten Testaments, die Benachrichtigung der Beteiligten etc.) örtlich zuständig ist.
2. Zu den Anforderungen an die Aufhebung des bisherigen Wohnsitzes gem. § 7 Abs. 3 BGB.
Normenkette
FGG §§ 5, 73 Abs. 1; BGB §§ 7, 2261, 7 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Eschweiler (Aktenzeichen 8-IV 351/05) |
AG Eschweiler (Aktenzeichen 9-IV 175/98) |
Tenor
Das AG Eschweiler ist das örtlich zuständige Nachlassgericht.
Gründe
Der Senat ist zur Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts für die dem Nachlassgericht obliegenden Verrichtungen (§ 73 FGG) berufen.
Gegenstand der Vorlage ist eine Entscheidung nach § 5 Abs. 1 S. 1 FGG über die Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts, nachdem zwischen dem AG Eschweiler und dem AG Menden Streit darüber besteht, welches dieser Gerichte zur Bearbeitung der demnächst zu erwartenden Nachlassangelegenheiten örtlich zuständig ist.
Da die beteiligten AG in den Bezirken verschiedener OLG liegen, ist nach § 5 Abs. 1 S. 1 FGG anstelle des BGH dasjenige OLG zur Entscheidung berufen, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.
In einem Amtsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit wird das Gericht dann i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 1 FGG mit der Sache befasst, wenn es amtlich von Tatsachen Kenntnis erlangt, die Anlass zu gerichtlichen Maßnahmen geben (OLG Frankfurt v. 16.7.1997 - 20 W 240/97, FamRZ 1998, 34; Keidel/Sternal, FG, 15. Aufl., § 5, Rz. 41) oder wenn im Antragsverfahren ein Antrag bei ihm mit dem Ziel dortiger Erledigung eingeht (vgl. Bassenge/Herbst, FGG, 9. Aufl., § 5 FGG Rz. 6). Danach ist hier das AG Menden zuerst mit der Sache befasst gewesen..
Auszugehen ist von § 2261 BGB. Nach dessen S. 1 obliegt dem Gericht, das nicht Nachlassgericht ist, aber das Testament in Verwahrung hat, die Eröffnung des Testaments. Nach S. 2 der genannten Bestimmung hat es sodann das Testament nebst einer beglaubigten Abschrift der über die Eröffnung aufgenommenen Nierschrift dem Nachlassgericht zu übersenden. Dieses ist sodann für die Benachrichtigung der Beteiligten von dem sie betreffenden Inhalt des Testaments gem. § 2262 BGB zuständig. Danach ist allein durch die ihm als Verwahrungsgericht obliegenden Testamentseröffnungen das AG Eschweiler noch nicht mit einem dem Nachlassgericht obliegenden Verfahren i.S.v. § 5 Abs. 1 S. 1 FGG befasst worden (vgl. BayObLG v. 4.11.1994 - 1Z AR 61/94, BayObLGZ 1994, 346 = FamRZ 1995, 680 = Rpfleger 1995, 254; Bassenge/Herbst, FGG, 9. Aufl., § 5 FGG Rz. 7). Vielmehr war das AG Menden zuerst als Nachlassgericht mit der Sache, das heißt mit der weiteren Verwahrung des eröffneten Testaments, befasst (vgl. OLG Hamm v. 19.3.1987 - 15 Sbd 2/87, OLGZ 1987, 283; Hagena in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 2261 Rz. 10). Der Senat ist daher zuständig, das örtlich zuständige Nachlassgericht zu bestimmen.
Örtlich zuständiges Nachlassgericht ist vorliegend das AG Eschweiler, weil die Erblasserin in dessen Bezirk im Zeitpunkt des Erbfalls ihren Wohnsitz hatte, § 73 Abs. 1 FGG.
Die Frage, wo die Erblasserin ihren Wohnsitz hatte, hängt nicht in erster Linie davon ab, ob sie in N einen neuen Wohnsitz begründet hatte, sondern davon, ob sie ihren Wohnsitz in T (§ 7 Abs. 1 BGB) zur Zeit ihres Todes wirksam aufgehoben hatte (§ 7 Abs. 3 BGB). Die Aufhebung des Wohnsitzes gem. § 7 Abs. 3 BGB ist eine geschäftsähnliche Handlung. Es bedarf dazu der Absicht, die bisherige tatsächliche Niederlassung aufzugeben. Sie muss nach außen hervortreten und jedenfalls für einen mit den Gegebenheiten vertrauten Beobachter erkennbar sein (vgl. BGH NJW 1994, 564; BayObLG v. 4.11.1994 - 1Z AR 61/94, BayObLGZ 1994, 346 = FamRZ 1995, 680 = Rpfleger 1995, 254, m.w.N.). Die polizeiliche Abmeldung am bisherigen und die Anmeldung an einem anderen Ort sind für die Aufhebung eines Wohnsitzes weder erforderlich noch ausreichend (BayObLG v. 4.11.1994 - 1Z AR 61/94, BayObLGZ 1994, 346 = FamRZ 1995, 680 = Rpfleger 1995, 254, m.w.N.), sie können allerdings ein Beweisanzeichen hierfür sein (vgl. BVerfG v. 22.6.1990 - 2 BvR 116/90, NJW 1990, 2193 [2194]; BGH v. 7.2.1990 - XII ARZ 1/90, NJW-RR 1990, 506; BayObLG v. 4.11.1994 - 1Z AR 61/94, BayObLGZ 1994, 346 = FamRZ 1995, 680 = Rpfleger 1995, 254). Der Aufhebungswille bedarf keiner ausdrücklichen Erklärung, sondern kann sich aus den Umständen ergeben (BGHZ 7, 105). Im vorliegenden Fall lassen...