Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Verfahrensrecht/Abgabenordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Einzelkaufmann, der Gesellschafter einer Personengesellschaft ist und auf Grund einer als Gesellschafter für die Personengesellschaft übernommenen Bürgschaft Zahlungen an eine Bank leistet, darf den Zahlungen entsprechende Erstattungsansprüche gegen die Personengesellschaft in der Bilanz des Einzelunternehmens nicht als wertberichtigungsfähige Forderungen ausweisen. Diese Zahlungen sind bei der Personengesellschaft sein Kapitalkonto erhöhende Einlagen, deren Wertveränderungen nur im Rahmen der einheitlichen Gewinnfeststellung der Personengesellschaft berücksichtigt werden können.

 

Normenkette

EStG § § 5, 6/1/2, § 6/1/5, § 15/1, § 15 Nr. 2; AO § 215 Abs. 2 Nr. 2

 

Tatbestand

Streitig sind die Zulässigkeit und die Erhöhung von Wertberichtigungen für einen als Forderung gegen eine OHG ausgewiesenen Aktivposten in den Bilanzen des Bf. vom 31. Dezember 1954 und 31. Dezember 1955.

Der Bf. war alleiniger Inhaber einer im Handelsregister eingetragenen Firma. Durch den Gesellschaftsvertrag vom 26. November 1953 gründeten der Bf. und der Kaufmann X. eine OHG, in die X. sein von ihm bisher als Einzelunternehmen betriebenes Reisebüro einbrachte. Der Bf. übernahm im Gesellschaftsvertrage eine selbstschuldnerische Bürgschaft gegenüber einer Bank in Höhe von 200.000 DM für einen der OHG gewährten Kredit.

Als der Bf. im September und Oktober 1954 von der Bank für Schulden der OHG in Höhe von 137.807,35 DM und im Jahre 1955 für weitere Schulden in Höhe von 408.846,62 DM auf Grund der selbstschuldnerischen Bürgschaft in Anspruch genommen worden war, aktivierte er die sich aus seinen Zahlungen ergebenden Ansprüche gegen die OHG. Da die OHG im Jahre 1955 an den Bf. insgesamt 267.901,75 DM zurückzahlte, betrugen die vom Bf. in der Bilanz vom 31. Dezember 1954 ausgewiesene Forderung gegen die OHG 137.807,35 DM und die in der Bilanz vom 31. Dezember 1955 ausgewiesene Forderung (137.807,35 DM + 408.846,62 DM ./. 267.901,75 DM =) 278.752,22 DM. Da der Bf. diese Forderungen gegen die OHG an den Bilanzstichtagen für wertlos hielt, bildete er zu Lasten der Gewinne Rückstellungen in der Bilanz vom 31. Dezember 1954 in Höhe von 137.807,35 DM und in der Bilanz vom 31. Dezember 1955 zusätzlich in Höhe von (278.752,22 DM ./. 137.807,35 DM =) 140.944,87 DM.

Die Vorinstanzen erkannten die im Zusammenhang mit den Bürgschaftsleistungen stehenden Gewinnminderungen in Höhe von 137.807,35 DM für das Jahr 1954 und von 140.944,87 DM für das Jahr 1955 nicht an, weil sie in den Zahlungen des Bf. an die Bank Einlagen in die OHG sahen und sich aus diesen Einlagen ergebende Verluste nur im Rahmen der einheitlichen Gewinnfeststellung der OHG (§ 214 Abs. 2 Ziff. 2 AO) geltend gemacht werden könnten.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. des Bf. ist nicht begründet.

Mit Recht ließen die Vorinstanzen die Wertberichtigungen der von dem Bf. als Forderungen gegen die OHG ausgewiesenen Besitzposten zu Lasten der Gewinne des Einzelunternehmens des Bf. nicht zu. Nach dem Inhalt des Gesellschaftsvertrags vom 26. November 1953 kann es nicht zweifelhaft sein, daß die Bürgschaftsübernahme des Bf. und die sich daraus ergebenden Verpflichtungen und Zahlungen die gesellschaftsrechtlichen Leistungen des Bf. in seiner Eigenschaft als Gesellschafter der OHG darstellten und damit seine Einlagen in die OHG bildeten. Ebensowenig wie in der Regel Darlehen eines Gesellschafters an die Personengesellschaft bewertungsrechtlich und einkommensteuerrechtlich als Forderungen anerkannt und bewertet werden dürfen (§ 15 Ziff. 2 EStG), weil sie Einlagecharakter haben, besteht diese Möglichkeit für sonstige Forderungen und Ausgleichsansprüche der Gesellschafter untereinander, die im Gesellschaftsverhältnis ihre Grundlage finden. Im Urteil des Bundesfinanzhofs I 37/60 U vom 14. Juni 1960 (BStBl 1961 III S. 123, Slg. Bd. 72 S. 326) werden selbst Forderungen des Gesellschafters aus Warenlieferungen an die Personengesellschaft als Einlagen angesehen, wenn der Wareneinkauf der Personengesellschaft in der Hauptsache aus diesen Lieferungen beruht und die durch die Kreditierung bewirkte Zufuhr von Mitteln die wirtschaftliche Grundlage der Gesellschaft bildet. Diese Grundsätze müssen im vorliegenden Fall um so mehr zur Behandlung der auf Grund der Bürgschaftsübernahme geleisteten Zahlungen des Bf. an die Bank als Einlagen in die OHG führen, als die Bürgschaftsübernahme die alleinige gesellschaftsrechtliche Leistung des Bf. war und ohne sie die OHG nicht hätte gegründet und fortgeführt werden können.

Verluste, die ein Gesellschafter dadurch erleidet, daß der Wert seiner Einlage in die Personengesellschaft (Kapitalkonto) sinkt, können steuerlich nur von dem für die Personengesellschaft zuständigen Betriebsfinanzamt im Wege der einheitlichen Gewinnfeststellung ermittelt und festgestellt werden. Es ist dem Gesellschafter zwar auch steuerlich überlassen, seine Einlage in die Personengesellschaft als Beteiligung in der Bilanz eines seiner sonstigen Unternehmen auszuweisen. Das ändert aber nichts an der steuerlich zwingenden Rechtslage, daß die sich aus dieser Beteiligung ergebenden Gewinne und Verluste mit dem Ergebnis der einheitlichen Gewinnfeststellung der Personengesellschaft übereinstimmen müssen und deshalb der steuerliche Wertansatz der Beteiligung nur um die endgültig festgestellten anteiligen Gewinne und Verluste der Personengesellschaft verändert werden darf. Daneben können Wertverluste der Beteiligung auch dann, wenn sie in den einheitlich festgestellten Verlusten der Personengesellschaft nicht voll zum Ausdruck kommen sollten, nicht durch Teilwertabschreibungen der Beteiligung zu Lasten des Gewinns des die Beteiligung haltenden Unternehmens zum Ausdruck gebracht werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410937

BStBl III 1963, 536

BFHE 1964, 590

BFHE 77, 590

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