Leitsatz (amtlich)
Zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen, das gemäß § 141 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977 zur Buchführung verpflichtet, wenn es für den einzelnen Betrieb 100 000 DM übersteigt, gehört bei einem Land- und Forstwirt, der neben eigenen Grundstücken auch Pachtgrundstücke bewirtschaftet oder einen ganzen Betrieb gepachtet hat, nur das eigene land- und forstwirtschaftliche Vermögen, das ihm nach dem Bewertungsgesetz zuzurechnen ist, nicht das von ihm bewirtschaftete Vermögen des Verpächters1).
Normenkette
AO 1977 § 141 Abs. 1; BewG 1965/1974 § 2 Abs. 2; BewG 1965/1974 § 33 f.; BewG 1965/1974 § 95 f.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) vom Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt – FA –) zu Recht aufgefordert wurde, ab 1. Juli 1978, dem Beginn des Wirtschaftsjahres 1978/79, Bücher zu führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen.
Der Kläger, der eine Landwirtschaft betreibt, ermittelte seinen Gewinn bis 30. Juni 1978 nach Durchschnittsätzen gemäß § 13 a des Einkommensteuergesetzes (EStG). Aufgrund seiner Angaben in der Anlage „L” zur Einkommensteuererklärung 1974 vom 2. April 1976 stellte das FA fest, daß der Kläger zusätzlich zu den ihm selbst gehörenden landwirtschaftlichen Flächen von 5,26 ha, Einheitswert = 10 800 DM, weitere zugepachtete Flächen von insgesamt 59, 19 ha bewirtschaftete. Davon entfielen 44,94 ha auf den gepachteten Hof der X mit einem für die Verpächterin festgestellten Einheitswert von 88 600 DM, sowie weitere 14,25 ha Stückländereien ohne eigenen Einheitswert. Der Pachtzins betrug im Wirtschaftsjahr 1977/78 21 000 DM und im Wirtschaftsjahr 1978/79 rd. 31 900 DM.
Bisher waren dem Kläger wegen der zugepachteten Grundstücke keine Anteile am Einheitswert der Pachtgrundstücke gemäß § 49 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes 1965/1974 (BewG) zugerechnet worden.
Mit Verfügung vom 14. Februar 1978 forderte das FA den Kläger unter Hinweis auf § 141 der Abgabenordnung (AO 1977) auf, ab 1. Juli 1978 Bücher zu führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen, weil das land- und forstwirtschaftliche Vermögen 100 000 DM übersteige. Der Verfügung des FA war der fotokopierte Einheitswertbescheid für die von der X gepachteten Flächen beigefügt. Auf der Vorderseite dieser Kopie war sinngemäß folgende handschriftliche Berechnung enthalten:
gep. Hof |
88 600 DM |
44,94 ha |
|
Eigentum |
10 800 DM |
5,26 ha |
|
|
99 400 DM |
|
|
gep. Stückl. rd. |
29 497 DM |
14,25 ha |
lt. Anl. „L” |
|
128 897 DM |
64,45 ha |
|
Nach erfolgloser Beschwerde an die Oberfinanzdirektion (OFD) erhob der Kläger Klage, mit der er beantragte, die Beschwerdeentscheidung der OFD sowie die Verfügung des FA vom 14. Februar 1978 ersatzlos aufzuheben.
Der Kläger vertrat den Standpunkt, die Buchführungspflicht werde nach § 141 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977 nur dann ausgelöst, wenn der Einheitswert des eigenen land- und forstwirtschaftlichen Vermögens 100 000 DM übersteige.
Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat in seiner – in den Entscheidungen der Finanzgerichte 1979 S. 235 (EFG 1979, 235) veröffentlichten – Entscheidung die Auffassung, für die Beurteilung der Frage, ob die Vermögensgrenze des § 141 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977 überschritten sei, könne nur auf das dem jeweiligen Landwirt selbst gehörende Vermögen, d. h. nur auf den für ihn selbst festgestellten Einheitswert, im Falle der Zupachtung einschließlich eines nach §§ 34 Abs. 4, 49 BewG für den Pächter festgestellten Pächteranteils, abgestellt werden. Die demgegenüber von der Finanzverwaltung (vgl. Erlaß des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 17. März 1977 S 0311-1-VA 1, Der Betrieb 1977 S. 1772 – DB 1977, 1772 –) und teilweise in der Literatur (vgl. Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte Abschnitt B Anm. 21 n, j; Paulick, Finanz-Rundschau 1978 S. 329 ff. – FR 1978, 329 ff. –) unter Berufung auf das Urteil des Reichsfinanzhofs (RFH) vom 24. November 1932 IV A 272/32 (RFHE 32, 125, RStBl 1932, 1130) vertretene Auffassung, zum Vermögen i. S. des § 141 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977 gehörten – ohne Rücksicht auf das Eigentum – sämtliche Grundstücke und sonstigen Wirtschaftsgüter, die dem Landwirt für die Bewirtschaftung des Betriebes zur Verfügung stünden, ihm sei folglich – für die Begründung der Buchführungspflicht – auch der für den Verpächter festgestellte Einheitswert zuzurechnen, werde weder vom Wortlaut noch vom Sinn und Zweck des § 141 Abs. 1 AO 1977 gedeckt.
Das FG hob daher die Beschwerdeentscheidung der OFD vom 15. Juni 1978 und die entsprechende Verfügung des FA vom 4. Februar 1978 ersatzlos auf.
Mit der wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision beantragt das FA sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen. Es führt aus, aus der gegenüber dem § 161 Abs. 1 der Reichsabgabenordnung (AO) geänderten Fassung des § 141 Abs. 1 AO 1977 könne nicht geschlossen werden, daß bei der Ermittlung des Vermögens nunmehr nur noch auf die dem Landwirt selbst gehörenden Wirtschaftsgüter abgestellt werden könne. Das Ziel des Gesetzgebers, durch § 141 Abs. 1 AO 1977 alle größeren Betriebe der Buchführungspflicht zu unterwerfen, könne nur erreicht werden, wenn die dort genannten Merkmale – Umsatz, Gewinn und Vermögen – auf den einzelnen Betrieb in seiner Gesamtheit als Objekt bezogen würden. Für die Größe eines Betriebes komme es nicht darauf an, wem die Betriebsmittel vermögensrechtlich zuzurechnen seien, sondern vielmehr darauf, wer den Nutzen aus diesen Betriebsmitteln ziehe. Daß der Ertrag gepachteter Flächen beim Pächter regelmäßig niedriger sei als beim Eigentümer, worauf das FG vor allem seine Entscheidung abstelle, sei eine rein theoretische Überlegung, die sich nur selten bestätige.
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist nicht begründet.
1. Gemäß § 141 AO 1977 sind Gewerbetreibende und Land- und Forstwirte, die nach den Feststellungen der Finanzbehörde für den einzelnen Betrieb
- Umsätze einschießlich der steuerfreien Umsätze von mehr als 360 000 DM im Kalenderjahr oder
- ein Betriebsvermögen von mehr als 100 000 DM oder
- ein land- und forstwirtschaftliches Vermögen von mehr als 100 000 DM oder
- einen Gewinn aus Gewerbebetrieb von mehr als 24 000 DM im Wirtschaftsjahr oder
- einen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft von mehr als 15 000 DM im Kalenderjahr gehabt haben,
auch dann verpflichtet, für diesen Betrieb Bücher zu führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen Abschlüsse zu machen, wenn sich eine Buchführungspflicht nicht aus § 140 AO 1977 ergibt. Die §§ 38 bis 41 HGB gelten entsprechend.
Die Auslegung dieser Vorschrift erfordert vor dem Eingehen auf die eigentliche Streitfrage folgende klarstellende Hinweise.
a) Es ist allgemein anerkannt und ergibt sich auch aus der Wortfassung und der Gliederung der Bestimmung, daß der Grenzwert des Betriebsvermögens von mehr als 100 000 DM nur für Gewerbetreibende, und der Grenzwert des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens von mehr als 100 000 DM nur für Land- und Forstwirte gilt; des weiteren, daß unter Betriebsvermögen des Gewerbetreibenden sein Betriebsvermögen i. S. des § 95 f. BewG und unter land- und forstwirtschaftlichem Vermögen das nach § 33 f. BewG festgestellte Vermögen zu verstehen ist (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 9. Aufl., Tz. 6 und 7 zu § 141 AO 1977; ebenso Dumke, § 141 Anm. 12 in Schwarz, Kommentar zur Abgabenordnung).
Der Grund, der den Gesetzgeber veranlaßt hat, die Buchführungspflicht hinsichtlich der Vermögensgrenze sowohl beim Gewerbetreibenden als auch beim Land- und Forstwirt nicht an die Höhe des Betriebsvermögens i. S. des Einkommensteuerrechts zu knüpfen – was an sich, wie noch auszuführen sein wird, dem Sinn und Zweck der Vorschrift mehr entsprechen würde –, sondern an die Höhe des Vermögens i. S. des Bewertungsgesetzes, d. h. also an die Einheitswerte, ist darin zu sehen, daß bei nicht buchführungspflichtigen Gewerbetreibenden und Land- und Forstwirten das FA nur Feststellungen über die betrieblichen Einheitswerte besitzt; der Wert des Betriebsvermögens nach dem Einkommensteuerrecht dient für die Besteuerung bis zum Beginn der Buchführungspflicht nicht als Grundlage und wird deshalb auch nicht festgehalten.
b) Da zum Betriebsvermögen des Gewerbetreibenden i. S. des § 95 f. BewG alle Teile einer wirtschaftlichen Einheit gehören, die dem Betrieb eines Gewerbes als Hauptzweck dienen, aber nur soweit die Wirtschaftsgüter dem Betriebsinhaber gehören, unterliegt es keinem Zweifel, daß beim Gewerbetreibenden, der einen Gewerbebetrieb gepachtet hat, das gepachtete Vermögen des Verpächters beim Pächter nicht als Betriebsvermögen i. S. des § 141 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 angesetzt werden kann (vgl. dazu Rössler/Troll/Langner, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, Kommentar, 11. Aufl. Anm. 30 zu § 95 BewG). Der Gewerbetreibende also, der z. B. ein Hotel einschließlich des vollständigen Inventars pachtet, hat demnach kein oder nur ein geringes Betriebsvermögen i. S. des § 141 Abs. 1 AO 1977, obwohl er seinen Gewinn mit einem Vermögen von vielleicht mehreren 100 000 DM erwirtschaftet. Er könnte aufgrund dieses ihm nicht gehörenden Vermögens, mit dem er wirtschaftet und seine Gewinne erzielt, nicht buchführungspflichtig werden.
c) Die gegenteilige Auslegung wird nur beim land- und forstwirtschaftlichen Vermögen vertreten, soweit es als Grenzwert für die Buchführungspflicht herangezogen wird. Ob dies rechtens sein kann, ist die Streitfrage des vorliegenden Verfahrens. Ihre Entscheidung erfordert eine genaue Prüfung, ob die Sach- und Rechtslage beim Land- und Forstwirt bzw. beim land- und forstwirtschaftlichen Vermögen nach dem Bewertungsgesetz gegenüber dem Betriebsvermögen des Gewerbetreibenden Besonderheiten aufweist, die die gegenteilige Auslegung im Rahmen des § 141 Abs. 1 AO 1977 rechtfertigen können.
2. Diese Vorschrift über die Buchführungspflicht enthält gerade für den Land- und Forstwirt eine wichtige und gleichzeitig einschneidende Bestimmung im Rahmen der Einkommensbesteuerung. Denn Sinn und Zweck der Buchführung liegen grundsätzlich in der richtigen Ermittlung des tatsächlichen Gewinns des betreffenden land- und forstwirtschaftlichen Betriebes; nur dieser Gewinn gibt dann die Grundlage für die Einkommensbesteuerung des Land- und Forstwirtes ab. Das ist auch sein alleiniger Zweck. Die Vorschrift könnte daher ebenso im Einkommensteuergesetz enthalten sein. Der Gesetzgeber will mit Hilfe der Buchführungspflicht den durch Bestandsvergleich ermittelten Gewinn, d. h. die wirkliche Ertragskraft eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes der Einkommensbesteuerung zugrunde legen, während ohne diese Buchführungspflicht in der Regel ein pauschal geschätzter Gewinn besteuert wird, der der wirklichen Ertragskraft kaum oder gar nicht entspricht.
Obwohl der Gewinn die allein maßgebende Grundlage für die Einkommensbesteuerung des Land- und Forstwirtes darstellt, während sein Umsatz und sein land- und forstwirtschaftliches Vermögen dafür unmittelbar nichts hergeben, erscheint es dennoch gerechtfertigt, daß in § 141 Abs. 1 AO 1977 die Buchführungspflicht nicht lediglich an das Überschreiten einer bestimmten Gewinnhöhe geknüpft ist, sondern auch Grenzwerte beim Umsatz und Vermögen genannt werden, an deren Überschreiten ebenfalls der Beginn der Buchführungspflicht geknüpft wird. Denn auch der Umsatz von 360 000 DM und das land- und forstwirtschaftliche Vermögen von 100 000 DM stehen in einer Beziehung zum Gewinn bzw. zur Ertragskraft des Betriebes, wenn auch nur mittelbar. Man muß dabei folgendes berücksichtigen:
Beim Land- und Forstwirt wird der Gewinn vor Überschreiten eines der Grenzwerte des § 141 Abs. 1 AO 1977 meist nach Durchschnittsätzen oder nach anderen vereinfachten Methoden ermittelt und bringt die Ertragskraft, die ein bestimmter landwirtschaftlicher Betrieb von der Betriebsgröße, der Art seiner Bewirtschaftung und der Bonität seiner Böden her normalerweise aufweisen müßte, kaum oder nicht richtig zum Ausdruck. Der Gesetzgeber hat deshalb neben der Gewinngrenze auch die Grenzwerte beim Umsatz und beim Vermögen aufgestellt, weil er bei Überschreiten dieser Grenzwerte, die objektive Merkmale einer bestimmten Betriebsgröße darstellen, davon ausgeht, daß auch diese Werte einen Schluß auf die wirkliche Ertragskraft des Betriebes zulassen. Umsatz- und Vermögengrenze in § 141 AO 1977 sollen also im Falle ihres Überschreitens einen mittelbaren Rückschluß auf die wirkliche Ertragskraft des Betriebes ermöglichen, wenn die Gewinne aus den angeführten Gründen unter dem Grenzwert des § 141 Abs. 1 AO 1977 bleiben und kein richtiges Bild von der Ertragskraft zu vermitteln vermögen. Nur unter diesem Gesichtspunkt können die Umsatz- und Vermögensgrenzen des § 141 AO 1977 Kriterien für die Gewinnermittlung bei der Einkommensbesteuerung sein.
3. Diese Ausführungen sind für die Streitfrage, ob im Rahmen des § 141 AO 1977 beim Ansatz des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens eines Landwirts, der neben eigenen Grundstücken auch Pachtgrundstücke bewirtschaftet oder einen ganzen Betrieb gepachtet hat, auch das nach dem Bewertungsgesetz dem Verpächter zuzurechnende Vermögen einbezogen werden muß, von entscheidender Bedeutung. Denn sie zwingen dazu, bei der Bestimmung der für den betreffenden Land- und Forstwirt nach § 141 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977 maßgeblichen Vermögensgrenze zu prüfen, ob das dem Verpächter gehörende Vermögen die Ertragskraft des Betriebes des Pächters ebenso erhöht wie das Vermögen, das sich im Eigentum des Betriebsinhabers befindet.
Bei der Prüfung dieser Frage gelangt der Senat zu folgendem Ergebnis:
Zunächst sind zwei Fälle zu unterscheiden:
a) Bei der Pachtung eines ganzen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes, sei es mit oder ohne lebendes und totes Inventar, wird der Einheitswert des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens dieses Betriebes i. S. der §§ 33 f. BewG nach dem Ertragswert der wirtschaftlichen Einheit des gesamten Betriebes einschließlich der eigenen Betriebsmittel und Gebäulichkeiten des Pächters ermittelt, ohne Rücksicht darauf, daß der Betrieb, vor allem was die Liegenschaften betrifft, nur gepachtet ist, also überwiegend in fremdem Eigentum steht. Ertragswert ist dabei das 18fache des nachhaltig erzielbaren Reinertrages, bei dessen Ermittlung unterstellt wird, daß der Betrieb ein eigenbewirtschafteter Betrieb ist. Pachtzinsen werden nicht berücksichtigt. Verpachtete Betriebe werden also ebenso wie eigenbewirtschaftete Betriebe bewertet (vgl. Gürsching/Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, Bd. I, Anm. 2 ff. zu § 36 BewG). Der erzielbare Pachtertrag des Pächters ist dabei unbeachtlich (vgl. Rössler/Troll/Langner, a. a. O., Rdnr. 4 zu § 36 BewG). Im Einheitswert eines verpachteten Betriebes ist demnach der in Form des Pachtzinses dem Verpächter zufallende Teil des kapitalisierten Reinertrages mitberücksichtigt. Das gilt auch dann, wenn die Nutzung durch Verpachtung eine dauernde ist.
Der Einheitswert des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes, der verpachtet ist, drückt also nicht den Ertragswert des Pachtbetriebes, sondern denjenigen des Betriebes im Falle seiner Eigenbewirtschaftung aus. Die obige Frage ist daher dahin zu beantworten, daß der Wert des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens des Verpächters die Ertragskraft des Betriebes des Pächters zwar mitbegründet, aber in keiner Weise in Höhe des angesetzten Wertes, weil dessen Berechnung auf der Unterstellung der Eigenbewirtschaftung basiert, die Belastung durch den Pachtzins – im Streitfall zahlte der Kläger an die Verpächter im Wirtschaftsjahr 1977/78 rd. 21 000 DM – und die Nachteile der Fremdbewirtschaftung aber nicht berücksichtigt. Der Einheitswert eines solchen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes kann schon deshalb dem Pächter nicht ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse zugerechnet werden. Er muß nach § 49 BewG in Verpächter- und Pächteranteil aufgeteilt werden. Das wurde offenbar im vorliegenden Fall unterlassen.
b) Hat ein Land- und Forstwirt nur einzelne oder eine größere Anzahl von Grundflächen zu seinem eigenen land- und forstwirtschaftlich genutzten Grund und Boden hinzugepachtet, so besteht nach dem Bewertungsgesetz die wirtschaftliche Einheit seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes nur in seinen eigenen Ländereien bzw. seinen eigenen Betriebsmitteln. Die hinzugepachteten Flächen können nicht miteinbezogen werden; ihr Einheitswert ist – wie auch im Streitfall – gesondert festzustellen oder ist bereits gesondert festgestellt. Hat die Hinzupachtung nur vorübergehenden Charakter, so sind die hinzugepachteten Flächen beim Einheitswert des Betriebes des Verpächters mitzuerfassen. In jedem Falle gilt aber bei der Ermittlung des Einheitswertes der hinzugepachteten Flächen als Ertragswert wiederum das 18fache des Reinertrags, bei dessen Ermittlung davon ausgegangen wird, daß der Betrieb bzw. die hinzugepachteten Flächen eigenbewirtschaftet werden. Die Tatsache der Verpachtung wird auch hier bei der Ermittlung des Einheitswertes nicht berücksichtigt (vgl. Gürsching/Stenger, a. a. O., Bd. I Anm. 15 zu § 34 BewG). Bei der Hinzupachtung einzelner Ländereien werden nach dem Bewertungsgesetz von vornherein für das eigene Vermögen und die zugepachteten Flächen verschiedene Einheitswerte festgestellt, die nicht zusammengefaßt werden können.
Wenn hiernach das Bewertungsgesetz Einheitswerte eines Vermögens auch beim land- und forstwirtschaftlichen Vermögen nur dem Eigentümer des betreffenden Vermögens zurechnet (§ 2 Abs. 2 BewG), weil es nicht nur einen fundamentalen Grundsatz des Einkommensteuerrechts, sondern auch des Bewertungsrechts darstellt, daß Wirtschaftsgüter nur dem Eigentümer zugerechnet werden dürfen, dann sind keine durchschlagenden Gründe erkennbar, im Rahmen des § 141 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977 beim Pächter auch tremdes Vermögen, d. h. Vermögen des Verpächters, in das land- und forstwirtschaftliche Vermögen einzubeziehen, zumal der Einheitswert dieses fremden Vermögens nach seinem viel höheren Ertragswert im Falle der Eigenbewirtschaftung berechnet ist, und der Pachtzins nicht als ertragsmindernd berücksichtigt ist. Voraussetzung dieser Beurteilung ist allerdings, daß es sich um echte „marktgerechte” Pachtverträge handelt; insbesondere stellen sogenannte „Pachtverträge” zwischen Eltern und den später den Hof übernehmenden zukünftigen Erben häufig unentgeltliche Betriebsüberlassungsverträge dar, für die – wie noch auszuführen sein wird – andere rechtliche Gesichtspunkte maßgebend sind; vgl. z. B. Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 5. Februar 1976 IV R 31/74 (BFHE 118, 37, BStBl II 1976, 335).
Dazu kommt noch folgender wesentlicher Gesichtspunkt, auf den schon in der Literatur hingewiesen wurde (vgl. Die Information über Steuer und Wirtschaft 1977 S. 373 [374]). Da dem Pächter eines ganzen Betriebes der Einheitswert dieses Betriebes und dem Pächter von gepachteten Grundflächen und anderen gepachteten Betriebsmitteln deren Einheitswerte im Einheitswertverfahren nicht zugerechnet werden, werden ihm die betreffenden Einheitswertbescheide auch nicht bekanntgegeben. Er kann sie nicht anfechten. Dem Pächter wird nur der Wert seines Pächteranteils bzw. der Einheitswert seines Betriebes, soweit es sich um sein Eigentum handelt, zugerechnet und bekanntgegeben. Es wäre aber mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht zu vereinbaren, einen Steuerpflichtigen wegen der festgestellten Größe eines ihm nicht gehörenden Vermögens, dessen Berechnung er im einzelnen nicht kennt und die er, selbst wenn er sie kennen würde, nicht anfechten kann, buchführungspflichtig zu machen. Wenn im Streitfall dem Kläger der Einheitswert des gepachteten Hofes mit der Mitteilung über den Beginn der Buchführungspflicht bekanntgegeben wurde, so nützt ihm auch das im Grunde nur wenig, weil er die Berechnung dieses Einheitswertes weder nachprüfen noch anfechten kann.
Die gegenteilige Auffassung beruft sich im wesentlichen auf das RFH-Urteil vom 24. November 1932 IV A 272/32 (RFHE 32, 125, RStBl 1932, 1130), gegen dessen Begründung schon Mattern/Meßmer in ihrem Kommentar zur Reichsabgabenordnung (vgl. § 161 Rdnr. 1024) Bedenken geltend gemacht haben. Einer der tragenden Gründe dieses Urteils ist das Argument, bei einem verpachteten landwirtschaftlichen Grundbesitz überlasse der Verpächter den verpachteten Teil seines landwirtschaftlichen Vermögens dem Pächter, damit dieser die Landwirtschaft als selbständiger Unternehmer betreibe. Nur der Pächter beziehe als Landwirt Einkünfte aus dem Betrieb der Landwirtschaft, der Verpächter hingegen als Eigentümer beziehe nur Einkünfte aus der Verpachtung unbeweglichen Vermögens. Dieser rechtliche Gesichtspunkt kann aber heute keine ausschlaggebende Geltung mehr haben. Nach Änderung der Rechtsprechung durch das Urteil vom 18. März 1964 IV 114/61 S (BFHE 79, 195, BStBl III 1964, 303) bleibt auch der Verpächter eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes Landwirt, das verpachtete Betriebsvermögen bleibt sein landwirtschaftliches Betriebsvermögen, und er bezieht in Gestalt des Pachtzinses weiterhin Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, solange er den Betrieb nicht aufgibt. Er behält also auch sein land- und forstwirtschaftliches Vermögen, das ihn zur Buchführung verpflichtet, wenn es die Grenze des § 141 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977 überschreitet. Insofern hat sich also die Rechtslage gegenüber der, von der das RFH-Urteil ausgegangen ist, geändert. Würde man trotzdem an der Auffassung des RFH-Urteils festhalten, so würde ein und dasselbe land- und forstwirtschaftliche Vermögen zweimal, einmal beim Verpächter und einmal beim Pächter, die Buchführungspflicht begründen können. Der Senat ist – im Gegensatz zu Paulick (vgl. FR 1978, 329) – der Auffassung, daß der Gesetzgeber ein solches Ergebnis nicht gewollt haben kann (vgl. hierzu auch Leibrecht, Der Betriebs-Berater 1977 S. 1391). Wenn Paulick bei seiner gegenteiligen Auffassung unter anderem ausführt, es wäre kaum verständlich, wenn der Pächter eines Landgutes mit einem Einheitswert von mehreren Millionen DM nur deshalb nicht der Buchführungspflicht unterliegen würde, weil er nicht der Eigentümer dieses Vermögens sei, obwohl er es genauso nutze, wie es sonst der Eigentümer nutzen würde, und außerdem meint, der individuell erzielbare Ertrag werde bei einem bestimmten Betriebsvermögen beim Verpächter und Pächter weitgehend gleich sein, so sind das Argumente, die nicht zu überzeugen vermögen. Es erscheint schon zweifelhaft, ob in einem solchen Falle nicht der Pächter schon mit dem nach dem Bewertungsgesetz festzustellenden Pächteranteil die Vermögensgrenze von 100 000 DM überschreitet. Aber davon abgesehen wäre der Pächter in einem solchen Fall zumindest aufgrund seiner Umsätze und wohl auch seines Gewinnes buchführungspflichtig. Paulick verkennt, daß die Vermögensgrenze nur dann zum Zuge kommt, wenn Gewinn- und Umsatzgrenze nicht ausreichen. Es wird sich dabei fast immer um Betriebe handeln, bei denen das land- und forstwirtschaftliche Vermögen nicht weit über 100 000 DM liegt, also um Fälle an der Grenze bzw. etwas über dieser Grenze. In diesen Fällen spielt es eine erhebliche Rolle, ob ein solcher Betrieb eigenbewirtschaftet oder verpachtet wird; denn der Pachtzins stellt – wie der Streitfall zeigt – eine Belastung dar, die den Gewinn eines Pächters mit dem eines eigenbewirtschafteten Betriebes kaum vergleichbar macht. Entsprechendes gilt hinsichtlich des wirklichen Ertrages einzelner zugepachteter Grundflächen. Die Bewirtschaftung eines gepachteten Hofes unterliegt auch meist bestimmten Beschränkungen, die der Eigentümer des Hofes nicht zu beachten braucht.
Das FA weist allerdings mit Recht darauf hin, daß die hier dargelegten rechtlichen Gesichtspunkte, die den Nichtansatz gepachteten fremden Vermögens beim Pächter im Rahmen des § 141 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977 begründen, in der Regel nicht auf den Fall der unentgeltlichen Nutzungsüberlassung (Betriebsüberlassung) zwischen nahen Familienangehörigen, vor allem zwischen Eltern und künftigem Hoferben, übertragen werden können. Derartige unentgeltliche Betriebsüberlassungen, die der Übereignung des Hofes im Erbwege vorausgehen, sind mit echten Pachtverträgen nicht vergleichbar.
Das einzige Argument, das gegen die oben dargelegte Auffassung des Senats angeführt werden könnte, ist der Gesichtspunkt, daß bei einem gepachteten landwirtschaftlichen Betrieb, bei dem wegen seiner Größe nicht schon das lebende und tote Inventar des Pächters einen Wert von mehr als 100 000 DM besitzt, im allgemeinen die Vermögensgrenze nicht erreicht werden kann. Abgesehen davon, daß dieser Gesichtspunkt in der Regel nur für den Fall der Verpachtung eines ganzen Betriebes gilt, ist dieses Argument nicht so schwerwiegend, daß man deshalb der Auffassung der Finanzverwaltung folgen müßte. Es ist eben eine Besonderheit gepachteter Betriebe, daß für den Pächter, der in erheblichem Umfang mit fremdem Vermögen wirtschaftet, die Buchführungspflicht regelmäßig nicht durch das Überschreiten der Vermögensgrenze begründet werden kann. Ebenso gibt es andere Betriebe, z. B. viele Sonderbetriebe mit einer besonders hohen Ertragskraft, bei denen die Umsatzgrenze von 360 000 DM nur selten überschritten wird, während die Gewinngrenze schon bei wenigen Hektar bewirtschafteten Grund und Bodens erreicht wird; das gilt z. B. besonders für kleine und mittlere Weinbaubetriebe mit guten Lagen.
Der Senat teilt hiernach die Auffassung des FG, daß im Streitfall die Einheitswerte des zugepachteten Hofes und der anderen zugepachteten Grundflächen bei der Berechnung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens des Klägers i. S. des § 141 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977 nicht angesetzt werden dürfen. Ein Anteil am Einheitswert der gepachteten Grundstücke (§ 49 BewG) ist dem Kläger bislang nicht zugerechnet worden; er könnte auch nicht zu einem Überschreiten der Vermögensgrenze von 100 000 DM beim Kläger führen.
Das FG hat daher mit Recht den Verwaltungsakt vom 14. Februar 1978, durch den der Kläger vom 1. Juli 1978 ab zur Buchführung aufgefordert worden ist, und die dazu ergangene Beschwerdeentscheidung der OFD ersatzlos aufgehoben.
Fundstellen
Haufe-Index 557328 |
BStBl II 1980, 423 |
BFHE 1980, 368 |