Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer
Leitsatz (amtlich)
Noch nicht erfüllte Ansprüche einer Genossenschaft gegen die Genossen auf Pflichteinzahlungen gehören zum Betriebsvermögen der Genossenschaft, wenn
die Pflichteinzahlungen nach Betrag, Höhe und Fälligkeitszeitpunkt am Bewertungsstichtag nach dem Statut der Genossenschaft feststehen oder
die Pflichteinzahlungen durch die Generalversammlung nach § 50 GenG bis zum Bewertungsstichtag beschlossen worden sind, wobei der Fälligkeitszeitpunkt nach dem Bewertungsstichtag liegen kann, oder
nach dem Statut der Genossenschaft die den Mitgliedern gewährten Warenrückvergütungen, solange der Geschäftsanteil noch nicht voll eingezahlt ist, auf den Geschäftsanteil gutgeschrieben werden müssen und den Genossen am Bewertungsstichtag nach den Grundsätzen des Urteils des Bundesfinanzhofs III 293/59 U vom 26. Juni 1964 (BStBl 1964 III S. 614, Slg. Bd. 80 S. 384) ein Rechtsanspruch auf die Gewährung einer Warenrückvergütung in bestimmter Höhe für das abgelaufene Wirtschaftsjahr zusteht.
Normenkette
BewG §§ 54, 95, 56 Abs. 1 Ziff. 2, § 97/1/2, §§ 66, 109
Tatbestand
Bei einer im Jahre 1956 durchgeführten Betriebsprüfung wurde festgestellt, daß bisher der Ansatz der nicht eingezahlten Geschäftsanteile unterblieben war. Der Betriebsprüfer vertrat die Auffassung, es handele sich dabei um bewertbare Wirtschaftsgüter, die anzusetzen seien. Das Finanzamt schloß sich dieser Auffassung an und setzte die nicht eingezahlten Geschäftsanteile bei den nach § 222 Abs. 1 Ziff. 1 AO vorgenommenen Berichtigungsfeststellungen an, und zwar zum 1. Januar 1952 mit 13.742 DM, zum 1. Januar 1953 mit 28.048 DM, zum 1. Januar 1954 mit 23.090 DM und zum 1. Januar 1955 mit 17.079 DM.
Der Einspruch, mit dem die Bfin. den Ansatz der nicht eingezahlten Geschäftsanteile nur mit dem Betrag begehrte, der nach Maßgabe der Bestimmungen ihres Status an den einzelnen Stichtagen als Auffüllung der Geschäftsanteile fällig werde, blieb ohne Erfolg. Die Berufung hatte nur teilweise Erfolg. Das Finanzgericht setzte die nicht eingezahlten Geschäftsanteile zum 1. Januar 1952 nur mit 13.143 DM, zum 1. Januar 1953 mit 26.826 DM, zum 1. Januar 1954 mit 22.084 DM und zum 1. Januar 1955 mit 16.355 DM an. Es ist der Auffassung, daß Forderungen der Genossenschaften auf Einzahlung von Geschäftsanteilen ebenso zu behandeln seien wie Forderungen von Kapitalgesellschaften gegen ihre Gesellschafter auf Einzahlung ausstehenden Grund- oder Stammkapitals. Diese Forderungen der Kapitalgesellschaften gehörten nach der Rechtsprechung zum Betriebsvermögen und seien ebenso wie andere Forderungen zu bewerten, es sei denn, daß am Bewertungsstichtag die Einzahlungen weder angefordert seien noch feststehe, ob jemals und wann eine Nachzahlung angefordert werde. Die Höhe der Bewertung des noch ausstehenden Kapitals hänge nach der Rechtsprechung davon ab, mit welcher Wahrscheinlichkeit am Stichtag mit einer Einforderung des restlichen Kapitals zu rechnen sei. Sei das Restkapital am Stichtag bereits eingefordert, dann zähle es in voller Höhe zum Betriebsvermögen, wenn nicht besondere Umstände eine Bewertung des Anspruches der Gesellschaft unter dem Nennwert rechtfertigten. Sei am Stichtag ein Beschluß über die Einforderung des Restkapitals noch nicht ergangen, dann sei der Anspruch auf das Restkapital nur dann als bewertbares Wirtschaftsgut anzusehen, wenn die Einforderung mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei. Es müßten am Stichtag bestimmte Tatsachen vorliegen, die bei vernünftiger kaufmännischer Erwägung die Einforderung derartig zweckmäßig erscheinen ließen, daß mit ihr ernstlich zu rechnen sei. Regelmäßig bestehe die Wahrscheinlichkeit der Einforderung bei einer Kapitalerhöhung. Der Einzahlungsanspruch sei nach der Rechtsprechung mit dem Nennwert zu bewerten er könne abgezinst werden, wenn die Beträge erst später fällig würden. Die Bfin. habe in den Geschäftsjahren II/1948, 1949, 1950 und 1951 Warenrückvergütungen in einem Umfang gewährt, daß die meisten Geschäftsanteile nach den Angaben in den Geschäftsberichten der Bfin. hätten wieder aufgefüllt werden können. Die Grundlage dieser Warenrückvergütungen sei die Verpflichtung der Bfin. gewesen, den bei den Waren erzielten überschuß in der Hauptsache den Genossen zugute kommen zu lassen. Diese Verpflichtung der Bfin. habe jeweils auf dem Jahresergebnis beruht, wie es sich an den Bilanzstichtagen dargestellt habe. Der Beschluß, der die Warenrückvergütung genau festlege, bedeute danach lediglich die Durchführung dieser Verpflichtung. Nach § 35 des Status der Bfin. in Verbindung mit den Vorschriften des Genossenschaftsgesetzes (GenG) seien die Warenrückvergütungen zur Auffüllung der noch nicht eingezahlten Geschäftsanteile zu verwenden. Wenn den Genossen an den den streitigen Feststellungszeitpunkten vorangehenden Bewertungsstichtagen ein Anspruch auf Warenrückvergütungen zugestanden habe, so habe ihnen ein solcher Anspruch auch schon an den Feststellungszeitpunkten zugestanden. Deshalb sei die Einforderung der noch offenen Geschäftsanteile mindestens in Höhe der an den streitigen Stichtagen zu erwartenden Warenrückvergütung bei vernünftiger kaufmännischer Erwägung an jedem der streitigen Bewertungsstichtage zu erwarten gewesen. Dazu komme, daß nach den eigenen Angaben der Bfin. im November 1952 ein Beschluß der Verwaltungsorgane der Bfin. ergangen sei, wonach auf die ausstehenden Geschäftsanteile monatlich 20 DM einzubezahlen seien. Wenn auch für einen solchen Beschluß satzungsmäßig die Genossenschaftsversammlung zuständig sei, so sei der Beschluß der Verwaltungsorgane doch nicht ohne jede Bedeutung. Aus ihm sei das Bestreben erkennbar, die ausstehenden Einzahlungen auf die Geschäftsanteile einzufordern. Dieselbe Wirkung habe auch die im Jahre 1951 erfolgte Erhöhung der Pflichtanteile auf drei Geschäftsanteile von je 500 DM, die einer Kapitalerhöhung bei einer Kapitalgesellschaft gleichkomme. Der Bfin. habe nach alledem an dem streitigen Stichtag eine unbedingte Forderung in Höhe der überhaupt noch ausstehenden, wenn auch erst später fälligen, betragsmäßig nicht streitigen Einzahlungen zugestanden. Das Finanzamt habe den Teilwert der vom Prüfer festgestellten noch nicht eingezahlten Anteile auf 80 v. H. ihres Nennwerts geschätzt. Es habe dabei berücksichtigt, daß diese Forderungen unverzinslich seien und daß eine gewisse Anzahl von Genossen in den einzelnen Jahren ausscheide. Der Kammer erscheine demgegenüber ein Ansatz der noch nicht eingezahlten Anteile mit 76,513 v. H. als geboten. Dieser Vomhundertsatz entspreche dem Gegenwartswert einer unverzinslichen befristeten Forderung nach § 14 Abs. 3 BewG bei einer Laufzeit von fünf Jahren. Es sei davon auszugehen, daß die Geschäftsanteile bei der Bfin. spätestens in fünf Jahren aufgefüllt gewesen seien.
Mit der Rb. rügt die Bfin., daß das Finanzgericht das Stichtagsprinzip nicht genügend beachtet habe, und daß es den Inhalt desselben Postens (Warenrückvergütung) an einem Stichtag zu gleicher Zeit a) als Eigenkapital und b) als zusätzlichen Bilanzposten (Kapitalforderung) aufgeführt habe. Nach § 35 ihres Status seien die den Mitgliedern gewährten Kapitaldividenden und Warenrückvergütungen, solange der Geschäftsanteil noch nicht voll eingezahlt sei, auf den Geschäftsanteil gutzuschreiben. Eine gewährte Warenrückvergütung sei jedoch dem Mitglied erst durch den Beschluß der Generalversammlung zugeflossen, d. h. nicht am Bilanzstichtag, sondern mit der Beschlußfassung, die in der Regel erst im zweiten Halbjahr des Folgejahres liege. Am Bewertungsstichtag sei es noch völlig ungewiß, ob die Warenrückvergütung als Gewinnverteilung in der vorgesehenen Höhe durch die zuständige Generalversammlung genehmigt werde. Wenn am Stichtag überhaupt eine Kapitalforderung bestehe, so nur als eine aufschiebend bedingte Forderung. Die Bfin. habe die fraglichen Warenrückvergütungen an den einzelnen Stichtagen bewertungsrechtlich nicht als Schuldposten, sondern als Eigenkapital behandelt. Wenn die Auffassung des Finanzgerichts richtig sei, daß die Genossen bereits an den einzelnen Bewertungsstichtagen einen Anspruch auf Warenrückvergütung gehabt hätten, dann müsse man folgerichtig auch eine entsprechende Verpflichtung der Bfin. annehmen, so daß die Warenrückvergütungen bereits an den einzelnen Bewertungsstichtagen als Schuldposten abzuziehen seien. Es gehe nicht an, daß man denselben Betrag (die Warenrückvergütung) einerseits im Rahmen des Stichtags der Bewertung als Eigenkapital - also als zu versteuernden Vermögensbestandteil - behandele und zu gleicher Zeit annehme, daß er eine Kapitalforderung darstelle, die wiederum für denselben Stichtag zu einer Vermehrung des Vermögens führen würde. Es müsse auch berücksichtigt werden, daß die Auffüllung eines weiteren Geschäftsanteils erst vorgenommen werden dürfe, wenn der vorhergehende Geschäftsanteil voll eingezahlt sei. Daraus ergebe sich auch die Tatsache, daß bei einem Austritt ein Mitglied, das seinen Geschäftsanteil noch nicht voll aufgefüllt habe, nicht mehr gezwungen werden könne, eine Vollauffüllung des gezeichneten Geschäftsanteils vorzunehmen. Auch hierin liege ein Beweis, daß eine Forderung im Sinne des BewG nicht vorliege. Der Nennwert der Einzahlungen höre dort auf, wo nach den satzungsmäßigen Bestimmungen das Geschäftsguthaben durch Einzahlungen auch zum Teil aufgefüllt sei. Es könnten demnach nur die Posten angesetzt werden, die sie in ihrer Einspruchsbegründung als selbständige Einzahlungen angesetzt habe.
Entscheidungsgründe
Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
I. - Alle Wirtschaftsgüter, die einer Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft gehören, bilden nach § 56 Abs. 1 Ziff. 2 BewG einen gewerblichen Betrieb. Zu den Wirtschaftsgütern im Sinne dieser Vorschrift gehören auch Kapitalforderungen. Diese werden bei der Einheitswertfeststellung angesetzt, wenn sie am Stichtag bereits entstanden und noch nicht erfüllt sind. Ob eine Forderung am Stichtag entstanden ist, richtet sich nicht allein nach ihrem rechtlichen Bestand. Der Senat hat in dem Urteil III 354/57 U vom 13. Mai 1960 (BStBl 1960 III S. 400, Slg. Bd. 71 S. 400) unter Hinweis auf seine Rechtsprechung ausgeführt, daß Schuldverhältnisse beim Gläubiger und beim Schuldner außer Ansatz zu lassen sind, wenn die Schuld für den Schuldner keine wirtschaftliche Belastung bedeutet, und daß Anlaß zur Prüfung dieses Gesichtspunktes insbesondere dann gegeben ist, wenn außer dem Schuldverhältnis andere Rechtsbeziehungen zwischen Schuldner und Gläubiger bestehen. Solche anderen Rechtsbeziehungen bestehen auch zwischen einer Genossenschaft und ihren Mitgliedern. Nach § 18 GenG richtet sich das Rechtsverhältnis der Genossenschaft und der Genossen zunächst nach dem Statut. § 7 Ziff. 2 GenG schreibt vor, daß das Statut den Betrag bestimmen muß, bis zu welchem sich die einzelnen Genossen mit Einlagen beteiligen können (Geschäftsanteil), sowie die Einzahlungen auf den Geschäftsanteil, zu welchen jeder Genosse verpflichtet ist; dieselben müssen bis zu einem Gesamtbetrage von mindestens einem Zehntel des Geschäftsanteils nach Betrag und Zeit bestimmt sein. Danach besteht die Möglichkeit, daß die Verpflichtung zur Einzahlung auf den Geschäftsanteil für den Genossen am Stichtag noch keine ernsthafte wirtschaftliche Belastung bedeutet und deshalb bei ihm nicht als Schuld und dementsprechend auch nicht bei der Genossenschaft als Forderung berücksichtigt werden kann. Wohl aus diesen Erwägungen hat die Finanzverwaltung angeordnet, daß die noch nicht erfüllten Ansprüche gegen die Genossen auf Pflichteinzahlungen bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Vermögens der Genossenschaft nur unter folgenden Voraussetzungen zu erfassen sind:
In der Satzung der Genossenschaft müssen die Pflichteinzahlungen nach Betrag und Höhe sowie unter Bestimmung eines Fälligkeitszeitpunktes nach § 7 Nr. 2 GenG vorgesehen sein. Der Fälligkeitszeitpunkt kann dabei auch nach dem Bewertungszeitpunkt liegen.
Wenn in der Satzung der Genossenschaft ein Fälligkeitszeitpunkt nicht vorgesehen ist, muß die Generalversammlung nach § 50 GenG Betrag und Höhe sowie Fälligkeitszeitpunkt der Pflichteinzahlungen festgesetzt haben. Der Beschluß der Generalversammlung muß zeitlich vor dem Bewertungsstichtag gefaßt worden sein. Der Fälligkeitszeitpunkt dagegen kann auch nach dem Bewertungsstichtag liegen (vgl. die im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder ergangene Stellungnahme des Bundesministers der Finanzen IV C/1 - S 3194 - 20/60 vom 28. November 1960, abgedruckt bei Gürsching-Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 1. bis 4. Auflage, Anm. 15 bei § 21 VStG und Abschn. 130 Buchst. a Abs. 1 a der Vermögensteuer-Richtlinien - VStR - 1963).
Der Senat schließt sich der in diesen Verwaltungsanordnungen zum Ausdruck kommenden Rechtsauffassung an. Sie wird auch im Schrifttum allgemein gebilligt (vgl. Gürsching-Stenger, a. a. O.; Rössler-Troll, vorm. Krekeler, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 7. Auflage, Anm. 33 zu § 62 BewG, S. 656, und Zülow-Henze-Schubert, Die Besteuerung der Genossenschaften, Ergänzungsband zur 3. und 4. Auflage, S. 117). Rössler-Troll vertreten allerdings an anderer Stelle ihres Kommentars (Anm. 20 zu § 54 BewG, S. 522) unter Berufung auf das Urteil des Finanzgerichts Hamburg II 140/56 vom 4. Juni 1957 (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1957 S. 266) die Auffassung, daß die Grundsätze über die Behandlung des Anspruchs auf das noch nicht eingezahlte Nennkapital bei Kapitalgesellschaften entsprechend gälten. Die Vorentscheidung teilt diese Auffassung. Sie meint, daß auch solche Ansprüche auf Pflichteinzahlungen der Genossen anzusetzen seien, die am Stichtag zwar noch nicht angefordert sind, mit deren Anforderung nach den Verhältnissen vom Stichtag jedoch gerechnet werden muß. Der Senat vermag sich dieser Auffassung nicht anzuschließen. Die Grundsätze, die die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs für den Ansatz des noch nicht voll eingezahlten Nennkapitals bei Kapitalgesellschaften entwickelt hat und denen sich auch der Senat in dem Urteil III 354/57 U vom 13. Mai 1960 (a. a. O.) angeschlossen hat, können nicht ohne weiteres auf die noch ausstehenden Pflichteinzahlungen auf die Geschäftsanteile bei Genossenschaften übertragen werden. Sie gelten nach dem Gutachten des Reichsfinanzhofs I D 1/28 vom 13. April 1928 (RStBl 1928 S. 171) noch nicht einmal für alle Kapitalgesellschaften. Der Reichsfinanzhof hat in diesem Gutachten ausgeführt, daß sie nicht für die Gruppe der Kapitalgesellschaften gelten, bei denen auf die Dauer nur mit einer teilweisen Einzahlung des Nennkapitals gerechnet wird. Zu dieser Gruppe zählt das Gutachten die Versicherungs-Aktiengesellschaften, weil bei ihnen die Zweckbestimmung des Grundkapitals von anderer wirtschaftlicher Natur sei als bei anderen gewerbetreibenden Kapitalgesellschaften. Der Reichsfinanzhof weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß das Recht der Versicherungsgesellschaft im Notfall auf den Anspruch gegen die Aktionäre zur Ergänzung des Grundkapitals zurückzugreifen, wirtschaftlich große ähnlichkeit mit der Lage habe, in der sich Genossenschaften mit unbeschränkter Haftung oder unbeschränkter Nachschußpflicht vor Eintritt des Einforderungsfalles ihren Genossen gegenüber befinden. Der Senat ist der Auffassung, daß auch bei Genossenschaften mit beschränkter Haftung eine ähnliche Lage besteht. Denn die Summe der Geschäftsanteile bildet nicht das Eigenkapital der Genossenschaft. Sie braucht nicht einmal der Haftsumme zu entsprechen. Diese darf nach § 131 Abs. 1 GenG nur nicht niedriger sein als die Summe der Geschäftsanteile. Da die Vorentscheidungen dies verkannt haben, waren sie aufzuheben.
II. - Die Sache ist nicht spruchreif. Sie wird deshalb zur erneuten Entscheidung an das Finanzamt zurückverwiesen. Das Finanzamt wird bei seiner erneuten Entscheidung folgendes zu beachten haben. Nach § 9 des Status der Bfin. in der Fassung des Jahres 1951 ist der Geschäftsanteil für jedes Mitglied auf 500 DM festgesetzt. Jedes Mitglied muß mindestens drei Geschäftsanteile übernehmen. Die Mitglieder sind verpflichtet, bis zur Erreichung des Geschäftsanteils bare Einlagen zu leisten. Damit ist der Anspruch der Bfin. auf Einzahlung der vollen Geschäftsanteile zwar rechtlich entstanden. Nach den weiteren Bestimmungen in § 9 des Status sind jedoch nur 50 DM sofort mit der überreichung der Beitrittserklärung zu zahlen. über die Einzahlung weiterer Raten oder des Restes des Geschäftsanteils beschließt die Generalversammlung mit einfacher Mehrheit. Das ergibt sich auch aus § 31 Ziff. 9 des Status. Ein solcher Beschluß der Generalversammlung liegt nach dem unbestritten gebliebenen Vorbringen der Bfin. nicht vor. Zwar haben die Verwaltungsorgane der Bfin. im November 1952 beschlossen, daß monatlich 20 DM auf die Geschäftsanteile einzuzahlen sind. Nach § 50 GenG unterliegt, soweit das Statut die Genossen zu Einzahlungen auf den Geschäftsanteil verpflichtet, ohne dieselben nach Betrag und Zeit festzusetzen, diese Festsetzung der Beschlußfassung durch die Generalversammlung. Die Zuständigkeit der Generalversammlung ist eine ausschließliche. Die Betrauung eines anderen Organs mit der Festsetzung ist nichtig (vgl. Meyer-Meulenbergh, Genossenschaftsgesetz, 9. Auflage, Anm. 1 zu § 50 und die dort angeführten Urteile des Reichsgerichts und des Oberlandesgerichts Celle). Deshalb muß der Beschluß der Verwaltungsorgane der Bfin. vom November 1952 unberücksichtigt bleiben. Auch § 35 Satz 3 des Status kann nicht berücksichtigt werden. Nach dieser Bestimmung müssen, solange der Geschäftsanteil noch nicht voll eingezahlt ist, u. a. die den Mitgliedern gewährten Warenrückvergütungen auf den Geschäftsanteil gutgeschrieben werden. Diese Bestimmung könnte nur dann als eine Festsetzung der Pflichteinzahlungen "nach Betrag und Höhe sowie unter Bestimmung eines Fälligkeitszeitpunktes" angesehen werden, wenn den Genossen am Stichtag ein Rechtsanspruch auf Gewährung einer Warenrückvergütung in bestimmter Höhe für das abgelaufene Wirtschaftsjahr zustehen würde. Das ist nach dem Urteil des erkennenden Senats III 293/59 U vom 26. Juni 1964 (BStBl 1964 III S. 614, Slg. Bd. 80 S. 384) nur dann der Fall, wenn den Verwaltungsorganen in der Satzung die Beschlußfassung über die Gewährung von Warenrückvergütungen ausdrücklich übertragen ist und die Verwaltungsorgane einen entsprechenden Beschluß vor dem Stichtag auch tatsächlich gefaßt und ihn den Genossen vor dem Stichtag bekanntgegeben haben. Das ist jedoch nach dem Statut der Bfin. in der für die Streitjahre geltenden Fassung nicht der Fall gewesen.
Es können nach alledem Forderungen der Bfin. auf rückständige Einzahlungen der Geschäftsanteile nur bis zur Höhe von 50 DM für jeden Geschäftsanteil bei der Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens auf den jeweiligen Stichtag angesetzt werden. Die Höhe des Gesamtbetrags dieser Forderungen an den einzelnen Stichtagen ist noch zu ermitteln, und die Feststellung der Einheitswerte für das Betriebsvermögen der Bfin. ist entsprechend zu ändern.
Fundstellen
Haufe-Index 411662 |
BStBl III 1965, 405 |
BFHE 1965, 433 |
BFHE 82, 433 |