Tenor
Die Beschwerden des Beschuldigten gegen den Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 9. Februar 2023 sowie dessen Verfügungen vom 14. und 28. Februar 2023 werden verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seiner Rechtsmittel zu tragen.
Gründe
I.
Rz. 1
Der Beschuldigte befindet sich wegen des Verdachts der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung und anderer Straftaten seit dem 7. Dezember 2022 in Untersuchungshaft. Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs hat durch Beschluss vom selben Tag den Vollzug der Untersuchungshaft geregelt, insoweit Beschränkungsmaßnahmen nach § 119 Abs. 1 StPO getroffen und insbesondere angeordnet, dass Besuche mit Ausnahme von solchen durch Verteidiger des Beschuldigten der Erlaubnis bedürfen, unter Nutzung einer Trennscheibe zu führen und optisch sowie akustisch zu überwachen sind.
Rz. 2
Rechtsanwalt Dr. S. hat die Erteilung einer Besuchserlaubnis zum Führen eines Mandatsanbahnungsgesprächs beantragt. Nachdem der Wahlverteidiger des Beschuldigten, Rechtsanwalt T., telefonisch mitgeteilt hatte, dass der Beschuldigte ein solches Gespräch nicht wünsche, hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs mit Beschluss vom 9. Februar 2023 die Erteilung einer Besuchserlaubnis abgelehnt. Für die beantragte Besuchserlaubnis fehle es am Willen des Beschuldigten, Rechtsanwalt Dr. S. zu empfangen. Hiergegen wendet sich der Beschuldigte mit seiner Beschwerde vom 13. Februar 2023.
Rz. 3
Nachdem der Wahlverteidiger mit Schreiben vom 6. Februar 2023 gegenüber dem Generalbundesanwalt mitgeteilt hatte, dass sein Mandant nunmehr ein Gespräch mit Rechtsanwalt Dr. S. führen wolle, hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs mit Verfügung vom 14. Februar 2023 eine Einzelbesuchserlaubnis für ein unüberwachtes Anbahnungsgespräch erteilt, jedoch nur in Anwesenheit des Wahlverteidigers und unter Nutzung einer Trennscheibe. Auch hiergegen hat der Beschuldigte Beschwerde eingelegt.
Rz. 4
Nachdem Rechtsanwalt Dr. S. eine - erstmals im Schriftsatz vom 15. Februar 2023 erwähnte - schriftliche Verteidigervollmacht des Beschuldigten vorgelegt hatte, begehrt dieser mit Schriftsatz vom 27. Februar 2023 nunmehr die Feststellung der Rechtswidrigkeit der „angefochtenen Beschlüsse“. Zugleich beantragt er, die Trennscheibe bei Verteidigerbesuchen entfallen zu lassen oder die Trennscheibenzelle so auszustatten, dass eine ungehinderte Unterhaltung möglich sei. Sollte der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs diesem Begehren nicht entsprechen, sei sein Schreiben als „Vorabbeschwerde“ zu behandeln.
Rz. 5
Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs hat den Beschwerden mit Verfügung vom 28. Februar 2023 nicht abgeholfen.
II.
Rz. 6
Die Beschwerden sind unzulässig.
Rz. 7
1. Die vom Beschuldigten weiter verfolgten Rechtsmittel, mit dem er nunmehr die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Beschlusses des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 9. Februar 2023 und dessen Verfügung vom 14. Februar 2023 begehrt, sind - ungeachtet der Frage, ob in derartigen Fallkonstellationen überhaupt ein berechtigtes Feststellungsinteresse besteht - nicht statthaft. Denn gemäß § 304 Abs. 5 StPO ist die Beschwerde gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs nur eröffnet, wenn diese die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 StPO bezeichneten Maßnahmen betreffen. Unter „Verfügungen“ in diesem Sinne sind auch solche im Vorverfahren getroffenen Entscheidungen zu verstehen, die als Beschluss ergehen (BGH, Beschlüsse vom 15. Oktober 2020 - StB 33/20, juris Rn. 3; vom 11. Mai 1979 - StB 26/79 u.a., BGHSt 29, 13). Die Entscheidungen des Ermittlungsrichters über den Antrag auf Erteilung einer Besuchserlaubnis zum Zwecke eines Anbahnungsgesprächs sowie die Modalitäten der Besuchserlaubnis unterfallen diesem Katalog nicht. Insbesondere betreffen sie weder die Bestellung eines Pflichtverteidigers noch deren Aufhebung.
Rz. 8
Eine analoge Anwendung von § 304 Abs. 5 StPO scheidet auch mit Blick auf die Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) aus. Diese ist bei der eng auszulegenden Ausnahmeregelung nur in Betracht zu ziehen, wenn durch die angegriffene Entscheidung in mit den Ausnahmetatbeständen vergleichbarer schwerwiegender Weise in die Rechtssphäre des Betroffenen eingegriffen wird (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Mai 2023 - StB 10/23, juris Rn. 5; vom 5. September 2019 - StB 22/19, juris Rn. 4 f.; vom 13. Oktober 2015 - StB 10/15 u.a., NJW 2015, 3671 Rn. 9 f.). Dies ist hier nicht der Fall, weil das Recht des Beschuldigten, sich durch einen Rechtsanwalt seines Vertrauens verteidigen zu lassen, durch die inmitten stehenden Entscheidungen nicht mit vergleichbarem Gewicht berührt wird. Soweit der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs die beantragte Besuchserlaubnis mit Beschluss vom 9. Februar 2023 abgelehnt hat, entsprach er damit dem damaligen Willen des Beschuldigten, Rechtsanwalt Dr. S. nicht sprechen zu wollen. Sein Recht, sich durch einen Rechtsanwalt seines Vertrauens verteidigen zu lassen, war daher von vornherein nicht beeinträchtigt. Durch die ebenfalls angegriffene Verfügung des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 14. Februar 2023 hat dieser lediglich die Art und Weise des im Grundsatz gestatteten Besuchs zum Zweck eines Anbahnungsgesprächs näher geregelt. Diese Regelung weist mithin kein vergleichbares Gewicht zu den in § 304 Abs. 5 StPO genannten Maßnahmen auf.
Rz. 9
2. Soweit sich der Beschuldigte mit einer „Vorabbeschwerde“ gegen eine etwaige Ablehnung des Antrags auf Entfernung der Trennscheibe wendet, ist das Rechtsmittel ebenfalls nicht statthaft. Es kann dahinstehen, ob die „Vorab-beschwerde“ bereits deswegen unzulässig ist, weil sie vor Erlass einer ablehnenden Entscheidung eingelegt worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Mai 1973 - 2 StR 497/72, BGHSt 25, 187, 189; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl., Vor § 296 Rn. 4, jeweils mwN); denn das Rechtsmittel ist bereits gemäß § 304 Abs. 5 StPO nicht eröffnet. Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs hat den Antrag mit dem Nichtabhilfebeschluss abgelehnt. Diese gemäß § 119 Abs. 5, § 126 Abs. 1 Satz 1, § 162 Abs. 1 Satz 1, § 169 Abs. 1 Satz 2 StPO in die dortige Zuständigkeit fallende Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar. Die Entscheidung des Ermittlungsrichters betrifft die „Verhaftung“ im Sinne des § 304 Abs. 5 StPO nur, wenn damit unmittelbar entschieden wird, ob der Beschuldigte in Haft zu nehmen oder zu halten ist, nicht aber schon dann, wenn lediglich Beschränkungen während der Untersuchungshaft vorgenommen werden und damit die Art und Weise des Vollzugs geregelt wird. Das gilt insbesondere für die haftgrundbezogenen Beschränkungen im Sinne des § 119 Abs. 1 StPO. So liegt der Fall hier (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. Oktober 2020 - StB 33/20, juris Rn. 4; vom 18. Oktober 2017 - StB 24/17, juris Rn. 4, jeweils zur Anordnung einer Trennscheibe; vom 12. Januar 2012 - StB 19/11, BGHR StPO § 304 Abs. 5 Verhaftung 5 Rn. 4).
Schäfer Berg Voigt
Fundstellen
Dokument-Index HI15747672 |