Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmittel gegen gerichtliche Anforderung eines Kostenvorschusses. Selbstständiges Beweisverfahren. Gutachten über Schimmelbildung

 

Leitsatz (amtlich)

Gegen die gerichtliche Anforderung eines Kostenvorschusses ist auch im selbständigen Beweisverfahren kein Rechtsmittel gegeben.

 

Normenkette

ZPO §§ 379, 492, 567

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Beschluss vom 01.07.2008; Aktenzeichen 5 T 385/08)

AG Darmstadt (Beschluss vom 20.06.2006; Aktenzeichen 304 H 4/06)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des LG Darmstadt vom 1.7.2008 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens der Rechtsbeschwerde haben die Antragsgegner zu tragen.

Beschwerdewert: 1.900 EUR

 

Gründe

I.

[1] Im selbständigen Beweisverfahren hat der Sachverständige gemäß einem Beweisbeschluss des AG ein Gutachten über Schimmelbildung in der von den Antragsgegnern gemieteten Wohnung erstellt. Nach Erhalt des schriftlichen Gutachtens haben die Antragsgegner die Ergänzung des Gutachtens, Durchführung weiterer Erhebungen sowie die mündliche Erläuterung des Gutachtens beantragt. Daraufhin hat das AG die Durchführung eines weiteren Ortstermins angeordnet und den Antragsgegnern aufgegeben, einen Vorschuss i.H.v. 600 EUR einzuzahlen. Nachdem der Sachverständige mitgeteilt hatte, für die weitere Gutachtenerstattung würden voraussichtlich Kosten i.H.v. 2.500 EUR entstehen, hat das AG den Antragsgegnern durch Beschluss vom 30.5.2008 aufgegeben, einen weiteren Kostenvorschuss i.H.v. 1.900 EUR einzuzahlen.

[2] Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragsgegner, der das AG nicht abgeholfen hat, hat das LG mit Beschluss vom 1.7.2008 als unzulässig verworfen und die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss zugelassen.

[3] Die Antragsgegner möchten mit ihrem Rechtsmittel erreichen, dass der Beschluss vom 30.5.2008 aufgehoben und die Einzahlung des Kostenvorschusses von 1.900 EUR der Antragstellerin auferlegt wird.

II.

[4] Das LG hat ausgeführt, die sofortige Beschwerde sei unzulässig, weil die gerichtliche Anforderung eines Kostenvorschusses auch im selbständigen Beweisverfahren unanfechtbar sei.

III.

[5] Die gem. § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde bleibt in der Sache erfolglos. Vergeblich wenden sich die Antragsgegner gegen die Verwerfung ihrer sofortigen Beschwerde.

[6] Die Frage, ob die gerichtliche Anforderung eines Auslagenvorschusses im selbständigen Beweisverfahren mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar ist, wird in der Rechtsprechung teils bejaht (OLG Frankfurt OLGReport Frankfurt 2008, 405; OLG Koblenz OLGReport Koblenz 2003, 346), teils verneint (OLG Hamm, BauR 2007, 1452; OLG Rostock OLGReport Rostock 2007, 841; OLG Frankfurt MDR 2004, 1255; so auch Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 490 Rz. 4).

[7] Die letztgenannte Auffassung trifft zu. Dies ergibt sich, wie das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt hat, aus § 567 Abs. 1 ZPO. Weder ist im Gesetz ausdrücklich bestimmt, dass gegen die Anforderung eines Auslagenvorschusses für die Kosten einer Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren die sofortige Beschwerde statthaft ist (§ 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), noch handelt es sich in diesen Fällen um eine von § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO erfasste Entscheidung.

[8] Die Beweismöglichkeiten im selbständigen Beweisverfahren gehen nicht weiter als im Hauptsacheverfahren. Im Erkenntnisverfahren ist gegen die Anforderung eines Vorschusses nach § 379 ZPO grundsätzlich kein Rechtsmittel gegeben (Musielak/Huber, ZPO, 6. Aufl., § 379 Rz. 8). Nach § 492 ZPO folgt die Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren den Regeln des Erkenntnisverfahrens. Würde den Parteien im selbständigen Beweisverfahren in Fällen wie hier ein Beschwerderecht eingeräumt, erhielten sie ein Rechtsmittel an die Hand, welches ihnen bei einer Beweiserhebung in der Hauptsache nicht zur Verfügung stünde. Gründe für eine abweichende Regelung im selbständigen Beweisverfahren sind nicht vorhanden. Zwar wird vorgebracht, für den Fall der Nichterhebung von Beweisen mangels Einzahlung eines Auslagenvorschusses könnten Beweise verloren gehen oder zumindest ihre Benutzung erschwert werden (OLG Koblenz OLGReport Koblenz 2003, 346, 347). Doch ist dies im Erkenntnisverfahren nicht anders.

[9] Gegen die hier für richtig gehaltene Auffassung kann nicht überzeugend eingewendet werden, es würden dann Entscheidungen wie hier jeglicher Überprüfung entzogen werden. Denn Verfahrensfehler hinsichtlich der Gesetzmäßigkeit der Beweiserhebung im selbständigen Beweisverfahren sind im Hauptsacheverfahren vom Prozessgericht auf Beweiseinrede zu berücksichtigen (Zöller/Herget, a.a.O., § 493 Rz. 3). Aber auch dann, wenn im Anschluss an das selbständige Beweisverfahren ein Hauptsacheverfahren nicht stattfindet, ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde die Zulassung einer sofortigen Beschwerde gegen die Anforderung eines Kostenvorschusses weder geboten noch auch nur zulässig. Art. 19 Abs. 4 GG garantiert keinen Instanzenzug. Einer Zulassung der sofortigen Beschwerde über die von § 567 ZPO erfassten Fälle hinaus steht der Grundsatz der Rechtsmittelklarheit entgegen (vgl. BVerfGE 107, 395, Tz. 63 ff.).

[10] Auch aus § 67 Abs. 1 Satz 1 GKG kann die Statthaftigkeit eines Rechtsmittels nicht hergeleitet werden (so aber OLG Frankfurt OLGReport Frankfurt 2008, 405). Denn die Aufforderung, einen Auslagenvorschuss für die Beweiserhebung zu leisten, stützt sich nicht auf das Gerichtskostengesetz, sondern ist abschließend in §§ 492 Abs. 1, 402, 379 ZPO geregelt (so auch OLG Rostock OLGReport Rostock 2007, 841).

 

Fundstellen

Haufe-Index 2158934

BGHR 2009, 745

EBE/BGH 2009, 163

FamRZ 2009, 1056

NJW-RR 2009, 1433

IBR 2009, 364

JurBüro 2009, 371

ZfIR 2009, 383

MDR 2009, 763

WuM 2009, 317

HRA 2009, 5

NZBau 2009, 444

RVGreport 2009, 279

DS 2010, 187

Mitt. 2009, 292

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