Entscheidungsstichwort (Thema)
Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Revisionsgericht. Nichtzulassungsbeschwerde. fehlender Vollstreckungsschutzantrag im Berufungsrechtszug. Vollstreckungsschutz durch Revisionsgericht
Leitsatz (amtlich)
a) Eine Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Revisionsgericht kommt im Verfahren über die Revision oder die Nichtzulassungsbeschwerde nicht in Betracht, wenn der Schuldner es versäumt hat, im Berufungsrechtszug einen Vollstreckungsschutzantrag nach § 712 ZPO zu stellen, obwohl ihm ein solcher Antrag möglich und zumutbar gewesen wäre (im Anschluss an die BGH v. 6.6.2006 - XII ZR 80/06, NJW-RR 2006, 1088; v. 2.10.2002 - XII ZR 173/02, FamRZ 2003, 598).
b) Weil der Vollstreckungsschutz durch das Revisionsgericht nach § 719 ZPO grundsätzlich einen Schutzantrag nach § 712 ZPO im Berufungsverfahren voraussetzt, darf das Berufungsgericht den Schutzantrag nicht mit der pauschalen Begründung zurückweisen, die Möglichkeit einer einstweiligen Anordnung nach den §§ 707, 719 ZPO verdränge regelmäßig den Vollstreckungsschutz nach § 712 ZPO (Abgrenzung zu OLG Stuttgart MDR 1998, 858).
c) Eine Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Revisionsgericht kommt im Verfahren über die Revision oder die Nichtzulassungsbeschwerde nicht in Betracht, wenn das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg hat (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 19.10.2005 - VIII ZR 208/05, WuM 2005, 735, 736; v. 11.4.2002 - V ZR 308/01, FamRZ 2003, 372, 373).
Normenkette
ZPO §§ 712, 719
Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag der Beklagten, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des 10. Zivilsenats des OLG Düsseldorf vom 3.4.2008 einstweilen einzustellen, wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
[1] Die Beklagte ist durch Urteil des LG Düsseldorf vom 17.9.2007 zur Räumung und Herausgabe gepachteter Gewerberäume in der E. Straße in D. verurteilt worden. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 35.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung hat das OLG mit einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil vom 3.4.2008 zurückgewiesen. Den beantragten Vollstreckungsschutz nach § 712 ZPO hat das Berufungsgericht abgelehnt, weil der Schutzantrag nach § 712 ZPO regelmäßig durch die Möglichkeit, eine einstweilige Anordnung nach den §§ 707, 719 ZPO zu beantragen, verdrängt werde. Eine Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen.
[2] Nach Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde und innerhalb verlängerter Begründungsfrist beantragt die Beklagte, die Zwangsvollstreckung aus dem Berufungsurteil vorläufig einzustellen. Ihr durch die Zwangsvollstreckung drohender Existenzverlust wiege deutlich schwerer als eine Verzögerung der Räumungsvollstreckung für den Kläger. Die Nichtzulassungsbeschwerde habe auch hinreichende Erfolgsaussicht, weil das Berufungsgericht im Widerspruch zur Rechtsprechung des BGH stehe und wegen dieser Divergenz die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten sei.
II.
[3] Der Einstellungsantrag der Beklagten ist nicht begründet.
[4] 1. Allerdings scheitert die Erfolgsaussicht nicht schon daran, dass die Beklagte im Berufungsverfahren keinen Vollstreckungsschutzantrag nach § 712 ZPO gestellt hätte (vgl. insoweit BGH v. 6.6.2006 - XII ZR 80/06, NJW-RR 2006, 1088; v. 4.9.2002 - XII ZR 173/02, NJW-RR 2002, 1650). Denn einen solchen Antrag hatte die Beklagte schon im Berufungsverfahren gestellt.
[5] Soweit das Berufungsgericht der Beklagten den beantragten Vollstreckungsschutz versagt hat, weil die Möglichkeit einer einstweiligen Anordnung nach den §§ 707, 719 ZPO regelmäßig einen Vollstreckungsschutz nach § 712 ZPO verdränge (vgl. insoweit auch OLG Stuttgart MDR 1998, 858), teilt der Senat diese Rechtsauffassung allerdings nicht. Denn nach ständiger Rechtsprechung des BGH setzt ein Antrag nach § 719 ZPO im Verfahren der Revision oder der Nichtzulassungsbeschwerde umgekehrt voraus, dass im Berufungsverfahren ein Schutzantrag nach § 712 ZPO gestellt war (BGH v. 6.6.2006 - XII ZR 80/06, NJW-RR 2006, 1088; v. 4.9.2002 - XII ZR 173/02, NJW-RR 2002, 1650). Wird aber ein solcher Antrag verlangt, um überhaupt Vollstreckungsschutz zu erlangen, kann diese Rechtsschutzmöglichkeit nicht regelmäßig hinter dem Vollstreckungsschutz nach § 719 ZPO zurücktreten.
[6] 2. Der Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist hier aber deswegen zurückzuweisen, weil die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten keine Aussicht auf Erfolg bietet (vgl. insoweit BGH, Beschl. v. 19.10.2005 - VIII ZR 208/05, WuM 2005, 735, 736; v. 11.4.2002 - V ZR 308/01, FamRZ 2003, 372, 373 jeweils a.E.).
[7] Die Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache noch zur Fortbildung des Rechts, noch - entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten - zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Das Berufungsgericht ist von der ständigen Rechtsprechung des Senats ausgegangen, wonach die wesentlichen vertraglichen Vereinbarungen in der schriftlichen Urkunde niedergelegt oder jedenfalls im Zeitpunkt des Vertragsschlusses hinreichend bestimmbar sein müssen (vgl. BGH, Urt. v. 7.5.2008 - XII ZR 69/06 - zur Veröffentlichung bestimmt und vom 25.7.2007 - XII ZR 143/05, NJW 2007, 3202). Solches hat das Berufungsgericht hier ohne Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs oder gegen sonstige Rechtsprechung des BGH im Einzelfall zutreffend verneint.
Fundstellen