Tenor
Der Antrag des Beklagten, die Beschwer auf über 60.000 DM festzusetzen, wird zurückgewiesen.
Gründe
Das Berufungsgericht hat den verklagten Notar – im Wege des Schadensersatzes für eine der Klägerin entgangene lebenslange Leibrente – verurteilt, an die Klägerin 2.000 DM nebst Zinsen zu zahlen und, beginnend mit dem 5. August 1999, monatlich bis zum 5. eines jeden Monats je 500 DM zu zahlen, und zwar für die Lebenszeit der Klägerin. Außerdem hat es festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin auch den weiteren Schaden zur Hälfte zu ersetzen, der dadurch entstanden ist, daß sie die vereinbarte Leibrente in Höhe von 1.000 DM monatlich verloren hat. Es hat den Streitwert auf (4.000 DM + 42.000 DM + 3.000 DM =) 49.000 DM festgesetzt und ausgesprochen, daß der Wert der Beschwer 60.000 DM nicht übersteige.
Mit seinem Antrag auf Höherfestsetzung der Beschwer wendet sich die Revision ausschließlich gegen die Bemessung des Streitwerts und der Beschwer bezüglich der Verurteilung zur monatlichen Rentenzahlung entsprechend § 9 ZPO.
Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, daß im vorliegenden Fall § 9 ZPO analog anzuwenden ist. Zwar ist Streitgegenstand nicht ein Renten-, sondern ein Schadensersatzanspruch. Für das Rechtsmittelinteresse gilt § 3 ZPO (vgl. BGH, Beschluß vom 20. September 1974 – IV ZR 113/74; vom 21. September 1994 – XII ZR 5/94, NJW-RR 1995, 197; vom 30. Mai 2000 – IX ZR 450/99, n.v.). Es entspricht aber im allgemeinen dem durch diese Vorschrift eingeräumten Ermessen, den Wert des im Wege des Schadensersatzes geltend gemachten Rechts auf wiederkehrende Leistungen auf der Grundlage des § 9 ZPO zu schätzen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 1997 – XII ZR 307/95, FamRZ 1997, 546 m.w.N.; ferner Beschluß vom 20. Januar 1981 – VI ZR 202/79, NJW 1981, 1318; vom 28. September 1993 – III ZR 81/93, BGHR ZPO § 9 – Schadensrente 1; vom 30. Mai 2000 – IX ZR 450/99, n.v.).
Die Revision weist daraufhin, daß vor der Neufassung des § 9 ZPO vom 25-fachen Jahresbetrag der monatlichen Rente auszugehen war. Sie hält – unter Berufung auf Lappe NJW 1993, 2785 f – die Neufassung für verfassungswidrig, weil Ansprüche auf Kapitalleistung und solche auf Rente – was den Zugang zu den Rechtsmittelinstanzen angehe – willkürlich ungleich behandelt würden. Dem folgt der Senat nicht. Die Ansicht von Lappe ist vereinzelt geblieben (ausdrücklich ablehnend z.B. OLG Frankfurt JurBüro 1994, 738; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO 59. Aufl. § 9 Rn. 1; vgl. auch Schwerdtfeger, in: MünchKomm-ZPO, 2. Aufl. § 9 Rn. 1; Zöller/Herget, ZPO 22. Aufl. § 9 Rn. 1). Auf titulierte Versorgungsrenten und Unterhaltsansprüche, die der hier in Rede stehenden Leibrente ähneln, hat der Bundesgerichtshof schon mehrfach § 9 Satz 1 ZPO n.F. angewendet, ohne verfassungsrechtliche Bedenken anklingen zu lassen (vgl. Beschl. v. 20. Dezember 1994 – IV ZR 259/93, BGHR ZPO § 9 – Rechtsmittelstreitwert 1; v. 2. Oktober 1996 – IV ZR 53/96, BGHR ZPO § 9 – Rentenrückstand 1; Urt. v. 8. Januar 1997 – XII ZR 307/95, BGHR ZPO § 9 – Rechtsmittelstreitwert 2; Beschl. v. 22. April 1999 – IX ZR 292/98, NJW-RR 1999, 1080). Solche sind auch nicht angebracht. Zwar kann der Anspruchsberechtigte unter Umständen statt der Rente eine Abfindung in Kapital verlangen (vgl. § 1585 Abs. 2 BGB, ferner § 843 Abs. 3 BGB, § 12 ZVG). Gegebenenfalls sind der Zuständigkeits- und Rechtsmittelstreitwert höher. Damit wird aber nicht Gleiches ungleich behandelt. Denn die Kapitalisierung der Rente setzt stets mindestens das Vorliegen eines „wichtigen Grundes” voraus.
Unterschriften
Kreft, Kirchhof, Fischer, Zugehör, Ganter
Fundstellen
Haufe-Index 584896 |
BGHR 2001, 530 |