Verfahrensgang
Tenor
Das Ablehnungsgesuch des Klägers vom 31. Oktober 2023 wird als unzulässig verworfen.
Der Antrag des Klägers vom 19. Oktober 2023 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Anhörungsrüge gegen den Senatsbeschluss vom 12. September 2023 wird zurückgewiesen.
Die Anhörungsrüge des Klägers vom 19. Oktober 2023 gegen den Senatsbeschluss vom 12. September 2023 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.
Gründe
I.
Rz. 1
Das Ablehnungsgesuch des Klägers ist unzulässig.
Rz. 2
Der Senat ist in der eingangs genannten Besetzung zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch berufen. Bei eindeutig unzulässigen oder rechtsmissbräuchlichen Ablehnungsgesuchen sind die abgelehnten Richter an der weiteren Mitwirkung nicht gehindert. In diesen Fällen entscheidet - abweichend vom Wortlaut des § 45 Abs. 1 ZPO - das Gericht unter Mitwirkung der abgelehnten Richter und ohne Einholung einer dienstlichen Äußerung des abgelehnten Richters (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. Januar 2018 - V ZB 214/17, juris Rn. 3, vom 20. März 2018 - I ZB 104/17, juris Rn. 4 ff. und vom 8. Juli 2019 - XI ZB 13/19, juris Rn. 4, jeweils mwN).
Rz. 3
Eindeutig unzulässig ist ein Ablehnungsgesuch, wenn es sich - wie hier - pauschal gegen "die am BGH handelnden und unterlassenden Gerichtspersonen" richtet. Nach § 42 ZPO kann nur ein einzelner Richter, nicht aber das Gericht als solches oder eine Gerichtsabteilung abgelehnt werden (BGH, Beschlüsse vom 7. November 1973 - VIII ARZ 14/73, NJW 1974, 55, 56, vom 4. Februar 2002 - II ARZ 1/01, NJW-RR 2002, 789, vom 6. Juni 2016 - V ZA 35/15, juris Rn. 3, vom 17. Januar 2018 - V ZB 214/17, juris Rn. 4, vom 20. März 2018 - I ZB 104/17, juris Rn. 6 und vom 8. Juli 2019 - XI ZB 13/19, juris Rn. 5).
Rz. 4
Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch dann nicht, wenn das Ablehnungsgesuch dahingehend ausgelegt wird (vgl. dazu BVerfG, NJW 2007, 3771, 3773; NJW-RR 2008, 72, 74), dass diejenigen Richter abgelehnt werden, die an der dem Ablehnungsgesuch vorausgegangenen Gerichtsentscheidung - hier dem Senatsbeschluss vom 12. September 2023 - mitgewirkt haben. Denn ein Ablehnungsgesuch ist auch dann eindeutig unzulässig, wenn es völlig ungeeignet ist, weil seine Begründung von vornherein untauglich ist, eine Befangenheit des abgelehnten Richters aufzuzeigen, und für seine Verwerfung deshalb jedes Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens entbehrlich ist (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 11. März 2013 - 1 BvR 2853/11, juris Rn. 30 und vom 20. August 2020 - 1 BvR 793/19, juris Rn. 14; BGH, Beschluss vom 30. März 2022 - AnwZ (Brfg) 28/20, juris Rn. 10). So verhält es sich hier. Der Kläger wirft allen in den drei Instanzen beteiligten Richtern (mit Ausnahme eines OLG-Richters) vor, als "Werkzeug" bzw. "Geschäftsbesorger" der Beklagten mutwillig und willkürlich Art. 101 GG und die dazu ergangene Rechtsprechung verkannt zu haben, was Zeugnis der Justizkorruption "beim BGH sowie durch alle drei Instanzen" sei. Dabei handelt es sich um Pauschalbehauptungen und Wertungen ohne jeden konkreten Bezug zu der Begründung des Senatsbeschlusses vom 12. September 2023, die von vornherein nicht geeignet sind, eine Besorgnis der Befangenheit aufzuzeigen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. Februar 2012 - VII ZA 15/11, juris Rn. 2 und vom 1. Juli 2014 - VIII ZB 27/14, juris Rn. 1 mwN; BVerwG, NJW 1997, 3327).
II.
Rz. 5
1. Die nach § 321a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Anhörungsrüge ist unzulässig.
Rz. 6
a) Sie wurde am 19. Oktober 2023 und damit nicht innerhalb der Notfrist von zwei Wochen (§ 321a Abs. 2 Satz 1 ZPO) erhoben, wie der Kläger selbst mit seinem Wiedereinsetzungsantrag einräumt. Die Frist für die Erhebung der Anhörungsrüge endete hier bereits am 9. Oktober 2023. Denn sie hatte mit der Zustellung des Senatsbeschlusses vom 12. September 2023 am 25. September 2023 begonnen, weil ab diesem Zeitpunkt die Gelegenheit bestand, etwaige Gehörsverletzungen aufgrund des angegriffenen Senatsbeschlusses zur Kenntnis zu nehmen, der Kläger sich das Wissen seines Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen muss und mit der Begründung der Gehörsrüge nicht dargelegt wird, dass die Kenntnis von den angeblichen Gehörsverletzungen erst später erlangt worden wäre (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. September 2012 - III ZR 284/11, juris Rn. 2, vom 11. Februar 2013 - IX ZB 101/12, juris Rn. 1, vom 16. November 2016 - VII ZR 277/14, juris Rn. 2 ff. und vom 13. August 2018 - VI ZR 499/16, juris Rn. 3).
Rz. 7
b) Dem Kläger ist auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Einlegung der Gehörsrüge zu gewähren, da er entgegen § 236 Abs. 2 ZPO nicht dargelegt und glaubhaft gemacht hat, dass er ohne sein Verschulden und ohne ein ihm gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbares Verschulden seines Prozessbevollmächtigten an der Einhaltung der Frist zur Einlegung der Anhörungsrüge gehindert gewesen sei (§ 233 ZPO).
Rz. 8
Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten (§ 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Hierzu gehört eine aus sich heraus verständliche, geschlossene Schilderung der tatsächlichen Abläufe, aus der sich ergibt, auf welchen konkreten Umständen die Fristversäumnis beruht (BGH, Beschlüsse vom 9. Februar 2010 - XI ZB 34/09, VersR 2011, 508 Rn. 9, vom 14. Juli 2015 - II ZB 27/14, FamRZ 2015, 1715 Rn. 13, vom 16. Oktober 2018 - VI ZB 68/16, NJW-RR 2019, 502 Rn. 7 und vom 16. Dezember 2021 - V ZB 34/21, NJW 2022, 1180 Rn. 10). Eine solche Darstellung enthält hier weder der Schriftsatz vom 19. Oktober 2023 noch die beigefügte eidesstattliche Versicherung des Prozessbevollmächtigten des Klägers.
Rz. 9
Der bloße Verweis auf ein Versehen, das "weitestgehend" der einem Beschluss des Bundesgerichtshofs in einem anderen Verfahren zugrundeliegenden Sach- und Rechtslage entspreche, ist hierfür unzureichend. Dies gilt hier auch deshalb, weil in dem in Bezug genommenen Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 18. Februar 1998 (VIII ZB 1/98, NJW-RR 1998, 932) die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist in Rede stand, die damit begründet wurde, dass der Prozessbevollmächtigte seine Büroangestellte beauftragt hatte, einen von ihm bereits unterschriebenen Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist per Telefax an das Berufungsgericht zu senden, der Fristverlängerungsantrag aber nicht abgesandt worden war, weil die Bürogehilfin die Anweisung missverstanden hatte. Selbst wenn der Prozessbevollmächtigte hier einer Mitarbeiterin die Anweisung erteilt hätte, vor Ablauf der Frist aus § 321a Abs. 2 Satz 1 ZPO einen Fristverlängerungsantrag an den Bundesgerichtshof zu übermitteln, wäre die Fristversäumnis nicht unverschuldet. Denn der Prozessbevollmächtigte des Klägers hätte nicht auf die Gewährung einer Fristverlängerung vertrauen dürfen, weil es sich bei der Frist aus § 321a Abs. 2 Satz 1 ZPO um eine Notfrist handelt, deren Verlängerung - anders als für die Berufungsbegründungsfrist in § 520 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO - im Gesetz nicht vorgesehen und deshalb gemäß § 224 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen ist (Zöller/Vollkommer, ZPO, 35. Aufl., § 321a Rn. 14; Hunke in Anders/Gehle, ZPO, 82. Aufl., § 321a Rn. 44; Althammer in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 321a Rn. 29; MünchKommZPO/Stackmann, 6. Aufl., § 224 Rn. 4; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 44. Aufl., § 224 Rn. 5).
Rz. 10
Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass gemäß § 233 Satz 2 ZPO ein Fehlen des Verschuldens vermutet wird, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben ist. Denn die Vermutung greift nur dann ein, wenn die nach § 232 ZPO vorgeschriebene Rechtsbehelfsbelehrung fehlt (BGH, Beschlüsse vom 28. Januar 2016 - V ZB 131/15, NJW 2016, 1827 Rn. 6 und vom 14. Juli 2020 - X ZB 1/20, juris Rn. 8; Zöller/Greger, ZPO, 35. Aufl., § 233 Rn. 23.31; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 233 Rn. 28). Gemäß § 232 Satz 1 ZPO ist nur bei anfechtbaren gerichtlichen Entscheidungen und nur über das statthafte Rechtsmittel, den Einspruch, den Widerspruch oder die Erinnerung zu belehren. Danach war hier keine Rechtsbehelfsbelehrung erforderlich, weil es sich bei dem Senatsbeschluss vom 12. September 2023 um eine unanfechtbare Entscheidung handelt und § 232 ZPO keine Belehrung über außerordentliche Rechtsbehelfe, zu denen auch die Anhörungsrüge nach § 321a ZPO gehört, gebietet (BGH, Beschluss vom 7. März 2023 - II ZR 210/21, juris Rn. 16; BT-Drucks. 17/10490, S. 13; BeckOK ZPO/Wendtland, 50. Edition, Stand: 01.09.2023, ZPO § 232 Rn. 6; Grandel in Musielak/Voit, ZPO, 20. Aufl., § 232 Rn. 6; Zöller/Greger, ZPO, 35. Aufl., § 232 Rn. 2; Gerken in Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl., § 232 Rn. 22).
Rz. 11
2. Im Übrigen wäre die Anhörungsrüge - ihre Zulässigkeit unterstellt - auch unbegründet, weil der Senat den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 321a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 4 Satz 3 ZPO). Der Senat hat vor der Beschlussfassung am 12. September 2023 die Ausführungen des Klägers in vollem Umfang zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen, aber für nicht durchgreifend erachtet.
Rz. 12
3. Weitere gleichgerichtete Eingaben in dieser Sache werden nicht beantwortet.
Ellenberger |
|
Grüneberg |
|
Derstadt |
|
Schild von Spannenberg |
|
Ettl |
|
Fundstellen
Dokument-Index HI16178133 |