Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzungssachen über Vergütung. Prozesskostenhilfe. Keine Rechtsbeschwerde mangels Statthaftigkeit der Zulassung. Vorrangige abschließende Sonderregelung des RVG. Keine Bindung an Zulassung
Leitsatz (amtlich)
In Festsetzungssachen über die Vergütung, die einem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der Staatskasse zu zahlen ist, findet die Rechtsbeschwerde zum BGH nicht statt.
Normenkette
RVG § 56 Abs. 2 S. 1 2. Halbs., § 33 Abs. 4 S. 3; ZPO § 574
Verfahrensgang
OLG Koblenz (Beschluss vom 27.01.2010; Aktenzeichen 7 WF 71/10) |
AG Westerburg (Entscheidung vom 12.11.2009; Aktenzeichen 41 F 424/08) |
Tenor
1. Auf die Rechtsbeschwerde des Bezirksrevisors beim LG Koblenz gegen den Beschluss des 7. Zivilsenats - 4. Senat für Familiensachen - des OLG Koblenz vom 27.1.2010 wird verworfen.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Beschwerdewert: bis 600 EUR
Gründe
I.
Rz. 1
Der beschwerdeführende Bezirksrevisor begehrt die Herabsetzung der Vergütung, die der im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordneten Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu zahlen ist.
Rz. 2
Das OLG hat unter Abänderung des Festsetzungsbeschlusses der Rechtspflegerin die Vergütung auf 1.015,07 EUR festgesetzt. Dabei hat es die geltend gemachte 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 RVG-VV i.V.m. § 49 RVG) in voller Höhe berücksichtigt und nicht - wie die Rechtspflegerin gemäß Anlage 1, Teil 3, Vorbemerkung 3 Abs. 4 RVG-VV - um die halbe vorgerichtlich entstandene 1,3-Geschäftsgebühr eines Wahlanwalts (Nr. 2300 RVG-VV) gekürzt. Denn zumindest nach Einführung des § 15a RVG sei eine entstandene Geschäftsgebühr nicht (mehr) anteilig auf die Verfahrensgebühr des anschließenden gerichtlichen Verfahrens anzurechnen. Dies gelte auch für sog. Altfälle, denn § 15a RVG habe die Gesetzeslage nicht geändert, sondern sie lediglich klargestellt.
Rz. 3
Hiergegen wendet sich der beschwerdeführende Bezirksrevisor mit der vom OLG zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
Rz. 4
Die Rechtsbeschwerde ist trotz ihrer Zulassung durch das OLG nicht statthaft nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO i.V.m. Art. 111 Abs. 1 FGG-RG. Denn in Festsetzungssachen hinsichtlich der dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung ist die Rechtsbeschwerde zum BGH - anders als im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren (vgl. BGH v. 2.4.2008 - XII ZB 266/03, FamRZ 2008, 1159 - Tz. 4 m.w.N.) - von Gesetzes wegen nicht eröffnet. Die Vorschriften des § 56 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 3 und Abs. 6 Satz 1 RVG enthalten eine vorrangige abschließende Sonderregelung gegenüber § 574 ZPO (vgl. Hartmann Kostengesetze 38. Aufl., § 56 RVG Rz. 22; Hansens RVGreport 2007, 100; Müller-Rabe in Gerold/Schmid/v. Eicken RVG 18. Aufl., § 56 Rz. 32 unter Aufgabe der abweichenden Ansicht in der Vorauflage Rz. 23 f.; zur gleichen Rechtslage unter Geltung der BRAGO s. BGH Beschl. v. 13.10.1987 - X ZB 29/86, NJW-RR 1988, 381 f.; a.A. OLG Karlsruhe NJW-RR 2008, 949, 950).
Rz. 5
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat und der Senat gem. § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO an eine Zulassung grundsätzlich gebunden ist. Denn eine Entscheidung, die von Gesetzes wegen der Anfechtung entzogen ist, bleibt auch bei - irriger - Rechtsmittelzulassung unanfechtbar. Durch die Zulassung wird dem Beschwerdeführer die Rechtsbeschwerde nur dann zugänglich gemacht, wenn sie nach dem Gesetz grundsätzlich eröffnet ist, nicht aber in den Fällen, in denen die Anfechtbarkeit gesetzlich ausgeschlossen ist. Die Bindungswirkung der Rechtsmittelzulassung umfasst bei der Rechtsbeschwerde nur die Bejahung der in § 574 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 574 Abs. 2 ZPO genannten Zulassungsvoraussetzungen. Sie kann hingegen nicht dazu führen, dass ein gesetzlich nicht vorgesehener Instanzenzug eröffnet wird. Daher kann eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung auch nicht durch den Ausspruch eines Gerichts der Anfechtung unterworfen werden (vgl. BGH BGHZ 159, 14, 15 = FamRZ 2004, 1191, 1192 sowie BGH Beschlüsse v. 8.10.2002 - VI ZB 27/02, NJW 2003, 211, 212 m.w.N.; v. 1.10.2002 - IX ZB 271/02, NJW 2003, 70 m.w.N.; s. auch BVerfG DtZ 1993, 85).
Rz. 6
Die Rechtsbeschwerde ist deshalb gem. § 577 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen.
Fundstellen
EBE/BGH 2010 |
FamRZ 2010, 1327 |
NJW-RR 2011, 142 |
JurBüro 2010, 537 |
MDR 2010, 946 |
Rpfleger 2010, 521 |
AGS 2010, 387 |
HRA 2010, 14 |
NJW-Spezial 2010, 477 |
RVGreport 2010, 338 |