Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 28.12.2021; Aktenzeichen 65 S 120/21) |
AG Berlin-Neukölln (Entscheidung vom 01.09.2020; Aktenzeichen 18 C 44/20) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, das angefochtene Urteil im Tenor und in den Gründen wegen einer offenbaren Unrichtigkeit (Rechenfehler) dahingehend zu berichtigen (§ 319 ZPO), dass die Klägerin einen Anspruch auf Rückzahlung zu viel gezahlter Miete für den Monat Oktober 2019 in Höhe von 156,51 € statt in Höhe von 156,66 € hat.
2. Der Senat beabsichtigt, die Revision der Beklagten durch einstimmigen Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen.
Gründe
I.
Rz. 1
1. Die Klägerin, eine Gesellschaft mit begrenzter Haftung, die über eine Registrierung gemäß § 10 des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) für den Bereich der Inkassodienstleistungen verfügt, macht aus abgetretenem Recht des Mieters einer Wohnung der beklagten Vermieterin Ansprüche wegen eines behaupteten Verstoßes gegen die Vorschriften zur Begrenzung der Miethöhe (§§ 556d ff. BGB in Verbindung mit der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung vom 28. April 2015, in Kraft getreten am 1. Juni 2015) geltend.
Rz. 2
Zwischen der Beklagten und dem Mieter besteht seit dem 15. September 2018 ein Mietverhältnis über eine 35 m² große Wohnung, die gemäß der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung in einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt liegt. Die Mietvertragsparteien vereinbarten eine Staffelmiete; danach erhöhte sich die vertraglich vereinbarte Nettokaltmiete von anfänglich 599 € (17,11 €/m²) für den Zeitraum vom 1. Oktober 2019 bis zum 30. September 2020 auf 616,97 € (17,63 €/m²).
Rz. 3
Der Mieter trat im Juni 2019 seine Ansprüche im Zusammenhang mit der sogenannten Mietpreisbremse an die Klägerin ab, den Anspruch auf Rückzahlung zu viel gezahlter Miete beschränkt auf die vier nach der Rüge fälligen Monatsmieten.
Rz. 4
Mit Schreiben vom 3. Juni 2019 rügte die Klägerin gegenüber der Beklagten - unter Berufung auf die Beauftragung durch den Mieter - einen Verstoß gegen die Vorschriften zur Begrenzung der Miethöhe (§§ 556d ff. BGB) in Bezug auf die vermietete Wohnung. Die Klägerin verlangte mit dem Schreiben unter Fristsetzung Auskunft unter anderem über die Höhe der durch den Vormieter gezahlten Miete, über vorangegangene Mieterhöhungen und über durchgeführte Modernisierungsmaßnahmen. Ferner begehrte sie die Rückerstattung der künftig über den zulässigen Höchstbetrag hinaus zu viel gezahlten Miete, die Herausgabe der anteiligen Mietkaution sowie die Abgabe der Erklärung, dass die künftig fällig werdende Miete auf den zulässigen Höchstbetrag herabgesetzt werde. Nach Ablauf der gesetzten Frist übersandte die Klägerin der Beklagten ein Mahnschreiben.
Rz. 5
Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin unter anderem - soweit für das Revisionsverfahren von Belang - die Rückzahlung von 234,74 € Miete für den Monat Oktober 2019 sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von - zuletzt - 958,19 €, jeweils nebst Zinsen, begehrt.
Rz. 6
Das Amtsgericht hat der Klage insoweit lediglich im Hinblick auf einen Teil der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten - in Höhe von 193,97 € - nebst Zinsen stattgegeben und die Zahlungsklage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht die Beklagte - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels und Abweisung der Klage im Übrigen - zur Rückzahlung von 156,66 € [richtig: 156,51 €] Miete für den Monat Oktober 2019 sowie zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 729,23 €, jeweils nebst Zinsen, verurteilt.
Rz. 7
Mit der vom Berufungsgericht insoweit zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Rz. 8
2. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Rz. 9
Die Klägerin habe gegen die Beklagte aus § 556d Abs. 1, 2 BGB, § 556g Abs. 1, 2 BGB aF, § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, § 557a Abs. 4, § 398 BGB in Verbindung mit der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung vom 28. April 2015 einen Anspruch auf Rückzahlung überzahlter Miete für den Monat Oktober 2019 in Höhe von 156,66 € [richtig: 156,51 €].
Rz. 10
Die Höhe des Rückzahlungsanspruchs richte sich aufgrund der gesetzlich angeordneten Teilunwirksamkeit der zwischen den Mietvertragsparteien getroffenen Vereinbarung über die Miethöhe nach der Differenz zwischen der ortsüblichen Vergleichsmiete zuzüglich 10 Prozent im Zeitpunkt der Fälligkeit der Miete für den Monat Oktober 2019 und der ab dem 1. Oktober 2019 nach der vertraglichen Abrede geltenden Mietstaffel.
Rz. 11
Im Fall einer Staffelmietvereinbarung sei gemäß § 557a Abs. 4 Satz 1 BGB die höchstzulässige Miete beziehungsweise deren Überschreitung nicht nur (einmal) für die Ausgangsstaffel, sondern für jede Folgestaffel (erneut) festzustellen, wobei ab der zweiten Staffel nach § 557a Abs. 4 Satz 2 BGB als maßgeblicher Zeitpunkt für die Ermittlung der höchstzulässigen Miete an die Stelle des Beginns des Mietverhältnisses der Zeitpunkt der Fälligkeit der ersten Miete der Folgestaffel trete.
Rz. 12
Einer erneuten Rüge der Miethöhe vor Beginn der neuen Mietstaffel am 1. Oktober 2019 habe es insoweit jedoch nicht bedurft. Die gegenteilige Annahme des Amtsgerichts, dass der Mieter nicht geschuldete Mietanteile einer neuen Mietstaffel nur dann zurückfordern könne, wenn er den Verstoß auch erneut gerügt habe, sei nach dem Wortlaut der einschlägigen Regelungen und der Betrachtung in ihrem Zusammenhang nicht zwingend, nach dem vom Gesetzgeber zugrunde gelegten Zweck der Rüge fernliegend und zudem nicht angezeigt.
Rz. 13
Das Rügeschreiben der Klägerin vom 3. Juni 2019 erfülle den vom Gesetzgeber verfolgten Zweck, dass der Vermieter erkennen könne, weshalb die Ausgangsmiete gegen § 556d Abs. 1 BGB verstoße und sich dieser "Fehler" in den Folgestaffeln fortsetze. Dabei sei vorliegend zusätzlich zu berücksichtigen, dass für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete bezogen auf den Monat Oktober 2019 derselbe Mietspiegel - namentlich der Berliner Mietspiegel 2019, dessen Stichtag für die Datenerhebung der 1. September 2018 sei - wie in Bezug auf die Ausgangsmiete (ab 15. September 2018) heranzuziehen sei.
Rz. 14
Der geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung des nicht geschuldeten Mietanteils für den Monat Oktober 2019 bestehe allerdings nur in Höhe von 156,66 € [richtig: 156,51 €]. Denn die nach § 556g Abs. 1 Satz 1, 2, § 556d Abs. 1 BGB in Verbindung mit der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung vom 28. April 2015 höchstzulässige Miete betrage 460,31 € ([richtig: 460,46 €] 418,46 € [richtig: 418,60 €] zuzüglich 10 Prozent).
Rz. 15
Die zu beurteilende Wohnung sei unstreitig in das Mietspiegelfeld A 1 des Berliner Mietspiegels 2019 einzuordnen, das eine Mietspanne von 5,50 €/m² bis 12,97 €/m² und einen Mittelwert von 7,90 €/m² ausweise. Unter Berücksichtigung der Orientierungshilfe für die Spanneneinordnung nach dem Berliner Mietspiegel 2019 sei auf den Mittelwert ein Aufschlag von 80 Prozent der Differenz zwischen dem Mittelwert und dem Spannenoberwert vorzunehmen. Daraus ergebe sich eine ortsübliche Vergleichsmiete in Höhe von (11,96 €/m² x 35 m² =) 418,46 € [richtig: 418,60 €] monatlich.
Rz. 16
Daneben habe die Klägerin einen Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 729,23 €. Die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 Nr. 1, §§ 249 ff., 398 BGB lägen vor, da die Beklagte ihre vorvertraglichen Pflichten verletzt habe, indem sie eine Miete vereinbart und verlangt habe, welche die nach § 556d Abs. 1, 2 BGB höchstzulässige Miete übersteige. Diese Pflichtverletzung habe die Beklagte, die zu ihrer Entlastung nichts vorgetragen habe, auch zu vertreten.
Rz. 17
Ausgehend von einem Gegenstandswert in Höhe von bis zu 8.000 € ergebe sich eine gemäß § 4 Abs. 5 RDGEG, § 2 Abs. 1 RVG, Nr. 2300 VV RVG erstattungsfähige Geschäftsgebühr (bei einem Gebührensatz von 1,3) in Höhe von 592,80 €, zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer demnach ein Ersatzanspruch in Höhe von insgesamt 729,23 €.
Rz. 18
Der Gegenstandswert sei dabei - wie von der Klägerin geltend gemacht - mit dem 47-Fachen des Überschreitungsbetrags zu bemessen, da sich das Interesse der Klägerin an den mit dem vorgerichtlichen Rügeschreiben vom 3. Juni 2019 geltend gemachten Auskünften nicht auf den Zeitraum der laufenden Mietstaffel beschränke, sondern auch auf die Folgestaffeln erstrecke, und auf der Grundlage des Berliner Mietspiegels 2021 bereits jetzt absehbar sei, dass sich der Überschreitungsbetrag künftig nicht reduzieren werde. Der Berechnung des maßgeblichen Gegenstandswerts sei allerdings nur die Höhe des zugesprochenen Überschreitungsbetrags (156,66 € [richtig: 156,51 €]) zugrunde zu legen.
II.
Rz. 19
1. Die angefochtene Entscheidung ist wegen eines offenbaren Rechenfehlers, der dem Berufungsgericht bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete für die hier zu beurteilende Wohnung nach dem Berliner Mietspiegel 2019 unterlaufen ist, wie im Tenor unter Ziffer 1 angekündigt, zu berichtigen (§ 319 ZPO). Denn unter Zugrundelegung der vom Berufungsgericht ermittelten ortsüblichen Vergleichsmiete in Höhe von 11,96 €/m² ergibt sich für die 35 m² große Mietwohnung rechnerisch eine (ortsübliche) Monatsmiete von 418,60 € statt - wie vom Berufungsgericht versehentlich angenommen - 418,46 €. Demnach beträgt die höchstzulässige Miete gemäß §§ 556d ff. BGB statt 460,31 € richtigerweise 460,46 € (418,60 € zuzüglich 10 Prozent) und die von der Beklagten für den Monat Oktober 2019 geschuldete Mietrückzahlung statt 156,66 € richtigerweise 156,51 € (616,97 € - 460,46 €).
Rz. 20
2. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht (mehr) vor (§ 552a Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
Rz. 21
Das Berufungsgericht hat die Revision mit der Begründung zugelassen, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung und erfordere eine Entscheidung des Revisionsgerichts, weil sich die umstrittene Rechtsfrage, ob der Mieter, der mit dem Vermieter eine Staffelmiete vereinbart habe, nach §§ 556d ff. BGB nicht geschuldete Mietanteile einer neuen Mietstaffel nur dann zurückfordern könne, wenn er die in einer vorangegangenen Mietstaffel erhobene Rüge nach § 556g Abs. 2 BGB aF bezogen auf die neue Mietstaffel wiederholt habe, in einer Vielzahl von vergleichbaren Fällen stelle. Diese Frage hat der Senat mit dem - nach dem Erlass des Berufungsurteils ergangenen - Urteil vom 30. März 2022 (VIII ZR 279/21, NJW-RR 2022, 1092 Rn. 56 ff.) geklärt. Da ein Revisionszulassungsgrund auch sonst nicht zu erkennen ist, sind die Voraussetzungen für die Zulassung einer Revision nicht (mehr) gegeben.
Rz. 22
3. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hat frei von Rechtsfehlern einen Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung überhöhter Miete für den Monat Oktober 2019 in Höhe von 156,51 € [nicht: 156,66 €] sowie auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 729,23 €, jeweils nebst Zinsen, bejaht.
Rz. 23
a) Das Berufungsgericht ist ohne revisionsrechtlich beachtliche Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin gemäß § 556g Abs. 1 Satz 3 BGB in Verbindung mit § 556g Abs. 2 BGB in der hier gemäß Art. 229 § 49 Abs. 2 EGBGB anzuwendenden bis 31. Dezember 2018 geltenden Fassung (im Folgenden aF), § 398 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung von 156,51 € [nicht: 156,66 €] an zu viel gezahlter Miete für den Monat Oktober 2019 hat.
Rz. 24
aa) Zutreffend und von den Parteien im Revisionsverfahren auch nicht in Frage gestellt ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Regelungen der §§ 556d ff. BGB auf das hier zu beurteilende Mietverhältnis Anwendung finden. Auch steht zwischen den Parteien nicht im Streit, dass die Klägerin für die vorliegend geltend gemachten Ansprüche aktivlegitimiert ist, insbesondere die vom Mieter vorgenommene Abtretung seiner Rückzahlungsansprüche aus § 556g Abs. 1 Satz 3 BGB an die Klägerin auch einen solchen Anspruch wegen der für den Monat Oktober 2019 entrichteten Miete umfasst. Es begegnet ferner keinen rechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht angenommen hat, die gemäß § 556g Abs. 2 BGB aF erforderliche, von der Klägerin im Juni 2019 erhobene Rüge erfülle die Voraussetzungen des § 556g Abs. 2 BGB aF und habe in Bezug auf den zuvor bezeichneten Rückzahlungsanspruch für den Monat Oktober 2019 nicht wiederholt werden müssen, obgleich nach den mietvertraglichen Vereinbarungen ab dem 1. Oktober 2019 eine neue Mietstaffel (Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete von ursprünglich 599 € auf 616,97 €) begonnen hat.
Rz. 25
(1) Der Senat hat mit - nach Erlass des Berufungsurteils ergangenem - Urteil vom 30. März 2022 (VIII ZR 279/21, NJW-RR 2022, 1092) entschieden, dass bei vereinbarter Staffelmiete eine vom Mieter nach § 556g Abs. 2 BGB aF erhobene Rüge in der folgenden Mietstaffel fortwirkt und nicht wiederholt werden muss. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf das vorbezeichnete Senatsurteil (aaO Rn. 56 ff.) Bezug genommen.
Rz. 26
(2) Die Revision geht auf die in diesem Senatsurteil angeführten Gründe in ihrer Revisionsbegründung nicht ein. Die von der Revision vorgebrachten Argumente geben auch keinen Anlass zu einer von der genannten Rechtsprechung des Senats abweichenden Beurteilung. Insbesondere ist entgegen der Auffassung der Revision im Fall einer Staffelmietvereinbarung eine Wiederholung der gemäß § 556g Abs. 2 BGB aF erforderlichen Rüge für jede Mietstaffel nicht etwa deshalb geboten, weil der Mieter im Voraus - wie die Revision meint - regelmäßig keine Erkenntnismöglichkeiten dazu habe, ob und in welchem Umfang die für eine künftige Mietstaffel vereinbarte Miete die - nach § 557a Abs. 4 Satz 2 BGB insoweit maßgebliche - ortsübliche Vergleichsmiete zum Zeitpunkt des Beginns jener Mietstaffel übersteige.
Rz. 27
(a) Die Erhebung einer (qualifizierten) Rüge im Sinne von § 556g Abs. 2 BGB aF soll ausweislich des in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gekommenen Regelungszwecks dazu dienen, den Vermieter darüber in Kenntnis zu setzen, aus welchen Gründen, in welcher Höhe und ab welchem Zeitpunkt eine Rückerstattung verlangt wird (vgl. Senatsurteil vom 30. März 2022 - VIII ZR 279/21, aaO Rn. 60 mwN). Insbesondere wollte der Gesetzgeber vor dem Hintergrund, dass die Ermittlung der zulässigen Miethöhe mit Unsicherheiten verbunden ist, vermeiden, dass der Vermieter sich ohne Vorwarnung nachträglich mit Rückforderungsansprüchen konfrontiert sieht, obwohl er redlich bemüht war, die Maßgaben der §§ 556d ff. BGB einzuhalten (vgl. BT-Drucks. 18/3121, S. 33).
Rz. 28
(b) Dieses Ziel wird - zumal der Vermieter bei Erhebung einer Rüge, die sich gegen die Miethöhe einer niedrigeren Staffelstufe richtet, grundsätzlich nicht davon ausgehen darf, dass der Mieter die für nachfolgende Mietstaffeln vereinbarte höhere Miete billigen will (vgl. Senatsurteil vom 30. März 2022 - VIII ZR 279/21, aaO Rn. 60) - durch die (einmalige) Erhebung einer Rüge zweifelsohne erreicht. Einer erneuten Rüge bei Beginn einer neuen Mietstaffel bedarf es hierzu nicht.
Rz. 29
(c) Etwas anderes gilt grundsätzlich auch nicht für den von der Revision angeführten - hier nach den rechtsfehlerfreien und von der Revision insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts allerdings ohnehin nicht gegebenen - Fall, dass sich die ortsübliche Vergleichsmiete - etwa durch Modernisierungen oder das Vorliegen eines neuen Mietspiegels - zwischen dem Beginn der Mietstaffel, während der die Erhebung der Rüge durch den Mieter erfolgt ist, und dem Beginn einer nachfolgenden Mietstaffel, auf die sich das Rückzahlungsverlangen des Mieters (auch) bezieht, erhöht hat. Denn dieser Umstand hätte gemäß § 557a Abs. 4 Satz 2 BGB zwar Auswirkungen auf die Höhe des betreffenden Rückzahlungsanspruchs des Mieters und könnte auch dazu führen, dass ein in Bezug auf die vorangegangene Mietstaffel (zu Recht) gerügter Verstoß gegen die Vorschriften der §§ 556d ff. BGB nicht mehr gegeben wäre.
Rz. 30
Dies ändert aber nichts daran, dass die in einer vorangegangenen Mietstaffel erhobene (qualifizierte) Rüge in einer solchen Konstellation ebenfalls geeignet wäre, den aufgezeigten vom Gesetzgeber verfolgten Zweck auch für die Zeit nach Beginn einer neuen Mietstaffel zu erfüllen. Denn jedenfalls erhält der Vermieter durch eine solche Rüge Kenntnis davon, von welcher ortsüblichen Vergleichsmiete der Mieter - bezogen auf die zum Zeitpunkt der Erhebung der Rüge laufende Mietstaffel - ausgeht und dass dieser etwa bestehende Rückzahlungsansprüche künftig geltend machen wird. Deren Höhe - also insbesondere, ob die vom Mieter angenommene ortsübliche Vergleichsmiete den materiell-rechtlichen Vorgaben entspricht - kann und wird der Vermieter - schon im eigenen Interesse - selbstständig überprüfen. Auch die von der Revision angeführten Umstände, die eine Erhöhung der ortsüblichen Vergleichsmiete im Hinblick auf nachfolgende Mietstaffeln bewirken könnten, sind dem Vermieter entweder - so im Fall der Durchführung einer Modernisierung - bekannt oder er kann sie - so im Fall des Vorliegens eines neuen Mietspiegels - ohne weiteres ermitteln und sich auf diese Weise auf das Bestehen und gegebenenfalls den Umfang künftiger Rückzahlungsansprüche des Mieters einrichten.
Rz. 31
bb) Die - von der Revision nicht eigenständig angegriffene - Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin könne für den Monat Oktober 2019 der Höhe nach eine Mietrückzahlung von 156,51 € [nicht: 156,66 €] verlangen, ist aus revisionsrechtlicher Sicht ebenfalls nicht zu beanstanden. Gemäß den rechtsfehlerfreien und nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich aus dem vorliegend zu Recht vom Berufungsgericht angewendeten Berliner Mietspiegel 2019, der als Stichtag für die in der Mietspiegeltabelle ausgewiesenen ortsüblichen Vergleichsmieten den 1. September 2019 angibt, die vom Berufungsgericht ermittelte ortsübliche Vergleichsmiete von 11,96 €/m² und damit für die 35 m² große Mietwohnung eine (ortsübliche) Monatsmiete in Höhe von 418,60 € [nicht: 418,46 €]. Demnach übersteigt die vom Mieter für den Monat Oktober 2019 entsprechend der mietvertraglichen Abrede (unter Vorbehalt) gezahlten Nettokaltmiete in Höhe von 616,97 € die höchstzulässige Miete in Höhe von 460,46 € ([nicht: 460,31 €] 418,60 € [nicht: 418,46 €] zuzüglich 10 Prozent) um 156,51 € [nicht: 156,66 €].
Rz. 32
b) Das Berufungsgericht hat nach Maßgabe der hierzu vom Senat in seinem Urteil vom 27. Mai 2020 (VIII ZR 45/19, BGHZ 225, 352, Rn. 113, 116 ff.) aufgestellten Grundsätze im Ergebnis auch rechtsfehlerfrei einen Anspruch der Klägerin aus abgetretenem Recht gemäß § 280 Abs. 1, § 249 Abs. 1, § 398 BGB, § 4 Abs. 5 RDGEG aF auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 729,23 € bejaht.
Rz. 33
Insbesondere ist die Annahme des Berufungsgerichts, der Bemessung der gemäß § 4 Abs. 5 RDGEG aF erstattungsfähigen Gebühren für die vorgerichtliche Tätigkeit der Klägerin sei ein Gegenstandswert von bis 8.000 € zugrunde zu legen, im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Rz. 34
Soweit das Berufungsgericht den Gegenstandswert mit dem 47-Fachen des seinerseits zuerkannten Überschreitungsbetrags in Höhe von 156,51 € [nicht: 156,66 €] bemessen hat, hat es zwar übersehen, dass sich die mit dem insoweit maßgeblichen vorgerichtlichen Rügeschreiben der Klägerin vom 3. Juni 2019 geltend gemachten Ansprüche zum Teil auf solche Monate beziehen, die noch innerhalb der nach den vertraglichen Vereinbarungen bis zum 30. September 2019 geltenden Ausgangsmietstaffel (in Höhe von 599 €) liegen, weshalb insoweit ein entsprechend niedrigerer Überschreitungsbetrag zugrunde zu legen ist (599 € - 460,46 € [höchstzulässige Miete] = 138,54 €). Dies wirkt sich gebührenrechtlich indes nicht aus, weil der Gegenstandswert der vorgerichtlichen Tätigkeit der Klägerin auch unter Berücksichtigung dieses Umstands innerhalb der maßgeblichen Spanne von über 7.000 € bis 8.000 € liegt.
Rz. 35
Der vorbezeichnete niedrigere Überschreitungsbetrag ist ausschließlich für die Wertberechnung der vorgerichtlich geltend gemachten Ansprüche auf Teilrückzahlung der Mietkaution (dreifacher Überschreitungsbetrag [vgl. § 551 BGB iVm dem vom Berufungsgericht festgestellten Inhalt des Mietvertrags]) sowie auf Rückzahlung künftig unter Vorbehalt gezahlter Miete (hier - entsprechend dem Ansatz der Klägerin selbst - zweifacher Überschreitungsbetrag [§ 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO]) maßgebend. Der Wertberechnung des Anspruchs auf Abgabe einer Erklärung, dass die Miete künftig herabgesetzt wird, die sich nach § 48 Abs. 1 GKG, § 9 ZPO richtet (vgl. Senatsurteil vom 27. Mai 2020 - VIII ZR 45/19, aaO Rn. 117), ist hingegen - da die hier getroffene Staffelmietvereinbarung zu sich verändernden Jahresbeträgen führt - der höchste für die Berechnung maßgebliche Einzelwert innerhalb des gemäß § 9 Abs. 1 ZPO zu betrachtenden Zeitraums von dreieinhalb Jahren zugrunde zu legen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Mai 2017 - II ZR 169/16, ZIP 2017, 1879 Rn. 5). Demgemäß kommt eine (teilweise) Berücksichtigung des oben genannten geringeren Überschreitungsbetrags (138,54 €) insoweit nicht in Betracht. Es ergibt sich somit ein Gegenstandswert von insgesamt (mindestens) 7.266,12 € (5 x 138,54 € + 42 x 156,51 €).
Rz. 36
4. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.
Rz. 37
Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die angekündigte Berichtigung des Berufungsurteils auch im Fall der Rücknahme der Revision noch vorzunehmen.
Dr. Bünger |
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Wiegand |
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Dr. Matussek |
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Dr. Reichelt |
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Messing |
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Hinweis:
Das Revisionsverfahren ist durch Rücknahme erledigt worden.
Fundstellen
Haufe-Index 16153128 |
WuM 2024, 30 |