Leitsatz (amtlich)
Auch nach dem 1.7.2002 darf die Zulassung eines Rechtsanwalts beim OLG von einer mindestens fünfjährigen Zulassung bei einem Gericht des ersten Rechtszuges abhängig gemacht werden.
Normenkette
BRAO § 226 Abs. 2
Verfahrensgang
Niedersächsischer AGH (Beschluss vom 26.02.2003) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 2. Senats des Niedersächsischen AGH in Celle v. 26.2.2003 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 30.000 festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist seit 18.3.2000 zur Rechtsanwaltschaft und als Rechtsanwalt - zuletzt beim Amts- und LG B. - zugelassen. Zum 1.7.2002 begehrte er die Zulassung zum OLG B. - . Mit Bescheid v. 13.6.2002 lehnte die Antragsgegnerin diesen Antrag unter Hinweis auf § 20 Abs. 1 Nr. 4 BRAO in der bis zum 31.7.2001 geltenden Fassung ab.
Den hiergegen gestellten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der AGH durch Beschl. v. 26.2.2003 (BRAK-Mitt. 2003, 137) zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde.
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 4 BRAO); es hat jedoch keinen Erfolg.
Das Begehren des Antragstellers ist nach § 226 Abs. 2 BRAO zu beurteilen (vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 12.1.2004 - AnwZ (B) 77/03). Die von dem Antragsteller gegen die zeitliche Zulassungssperre geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken sind unbegründet. Die Regelung, dass der beim OLG zugelassene Rechtsanwalt bereits über anwaltliche Erfahrungen verfügen muss und dass hierfür regelmäßig eine fünfjährige Berufsausübung bei den unteren Instanzen vorausgesetzt wird, betrifft lediglich die Berufsausübung; als solche hält sie sich in dem durch Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG vorgegebenen Rahmen (BGH v. 7.12.1981 - AnwZ (B) 15/81, BGHZ 82, 333 [336] = MDR 1982, 404; Beschl. v. 25.1.1999 - AnwZ (B) 56/98, BRAK-Mitt. 1999, 142; gebilligt durch BVerfG v. 8.1.2001 - 1 BvR 437/99, NJW 2001, 1561).
Dass durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses v. 27.7.2001 (BGBl. I, 1887) der Prüfungsumfang des Berufungsgerichts eingeschränkt worden ist (vgl. §§ 529, 531 ZPO), wodurch die erste Instanz an Bedeutung gewonnen hat, rechtfertigt - entgegen der Ansicht des Antragstellers - nicht, jeden Rechtsanwalt, der bei der ersten Instanz zugelassen ist, auch vor dem OLG auftreten zu lassen. Durch die Einschränkung des Prüfungsumfangs des Berufungsgerichts ist die Aufgabe des Berufungsanwalts, insbesondere die Beurteilung, welche Angriffs- oder Verteidigungsmittel jetzt noch zulässigerweise vorgebracht werden können, nicht einfacher geworden, sondern eher schwieriger.
Dass neu zugelassene Rechtsanwälte "vor nahezu allen Gerichten und auch Bundesgerichten" auftreten dürften, trifft zumindest für die ordentliche Gerichtsbarkeit nicht zu. Aus dem Umstand, dass das BVerfG die bisherigen Rechtsanwälte mit Singularzulassung beim OLG nicht vor der Konkurrenz derjenigen Berufskollegen geschützt hat, die unter Beibehaltung der - seit mindestens fünf Jahren bestehenden - Zulassung beim Amts- und LG die Zulassung beim OLG erstreben, kann der Antragsteller gleichfalls nichts für sich herleiten. Rechtsanwälte mit Simultanzulassung mögen zwar - worauf der Antragsteller hinweist - gegenüber den nur beim Amts- und LG zugelassenen Kollegen einen Wettbewerbsvorteil haben. Da der Gesetzgeber zum Schutze der rechtsuchenden Bevölkerung die Zulassung beim OLG von einer mehrjährigen Berufserfahrung abhängig machen durfte, muss ein Rechtsanwalt, der nicht darüber verfügt, den daraus folgenden vorübergehenden Wettbewerbsnachteil hinnehmen.
Fundstellen
Haufe-Index 1101308 |
BB 2004, 405 |
NJW 2004, 1455 |
MDR 2004, 600 |
BRAK-Mitt. 2004, 78 |