Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorliegen eines schwerwiegenden Verstoßes gegen die Pflichten des Insolvenzverwalters bei Nichtvornahme der abverlangten Handlung trotz mehrmaliger Festsetzung und Bezahlung eines Zwangsgeldes. Entlassung eines Insolvenzverwalters
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Entlassung des Insolvenzverwalters setzt voraus, dass es in Anbetracht der Erheblichkeit seiner Pflichtverletzung, insbesondere ihrer Auswirkungen auf den Verfahrensablauf und die berechtigten Belange der Beteiligten, sachlich nicht mehr vertretbar erscheint, ihn im Amt zu belassen.
2. Von einem schwerwiegenden Verstoß gegen die Pflichten des Insolvenzverwalters ist auszugehen, wenn dieser trotz mehrmaliger Festsetzung und Bezahlung eines Zwangsgelds. die ihm abverlangte Handlung nicht vornimmt.
Normenkette
InsO § 59 Abs. 1 S. 1, § 313 Abs. 1 S. 3
Verfahrensgang
LG Oldenburg (Beschluss vom 27.04.2011; Aktenzeichen 6 T 263/11) |
AG Wilhelmshaven (Entscheidung vom 21.03.2011; Aktenzeichen 10 IK 313/05) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg vom 27. April 2011 wird auf Kosten der Treuhänderin als unzulässig verworfen.
Wert des Beschwerdeverfahrens: 10.000 EUR
Tatbestand
I.
Rz. 1
Die weitere Beteiligte zu 1 ist vormalige Treuhänderin in dem am 28. September 2005 eröffneten Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin, in dem diese die Restschuldbefreiung beantragt. Mit Beschlüssen vom 4. Juni 2009 und 14. Dezember 2009 sind gegen die weitere Beteiligte Zwangsgelder in Höhe von 500 EUR und 1.000 EUR festgesetzt worden, weil sie ihrer Pflicht zur Rechnungslegung nicht nachgekommen ist. Der Zwangsgeldbeschluss des Insolvenzgerichts vom 14. Dezember 2009 ist durch Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 30. September 2010 (IX ZB 85/10, NZI 2010, 997) rechtskräftig geworden. Die Treuhänderin hat ihre Pflicht zur Rechnungslegung auch nach Rechtskraft des zweiten Zwangsgeldbeschlusses nicht erfüllt.
Rz. 2
Mit Beschluss vom 21. März 2011 hat das Insolvenzgericht die Treuhänderin entlassen und den weiteren Beteiligten zu 2 als neuen Treuhänder in dem Verfahren bestellt. Das Rechtsmittel der Treuhänderin gegen diesen Beschluss hat das Beschwerdegericht mit Beschluss vom 27. April 2011 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Treuhänderin, mit der sie die Aufhebung des Entlassungsbeschlusses erreichen will.
Entscheidungsgründe
II.
Rz. 3
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 6, 7 aF, § 59 Abs. 2 Satz 1, § 313 Abs. 1 Satz 3 InsO, Art. 103f Abs. 1 EGInsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Sie ist jedoch unzulässig. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).
Rz. 4
1. Gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 InsO kann das Insolvenzgericht den Insolvenzverwalter aus wichtigem Grund aus seinem Amt entlassen. Entsprechendes gilt aufgrund der Verweisungsvorschrift des § 313 Abs. 1 Satz 3 InsO für den Treuhänder im vereinfachten Insolvenzverfahren. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt für die Entlassung des Insolvenzverwalters voraus, dass es in Anbetracht der Erheblichkeit seiner Pflichtverletzung, insbesondere ihrer Auswirkungen auf den Verfahrensablauf und die berechtigten Belange der Beteiligten, sachlich nicht mehr vertretbar erscheint, ihn im Amt zu belassen (BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2005 – IX ZB 308/04, ZInsO 2006, 147 Rn. 10). Von einem schwerwiegenden Verstoß gegen die Pflichten des Insolvenzverwalters ist auszugehen, wenn dieser trotz mehrmaliger Festsetzung und Bezahlung eines Zwangsgeldes die ihm abverlangte Handlung nicht vornimmt (vgl. etwa Lüke in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2009, § 59 Rn. 4c; Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl., § 59 Rn. 10 a.E.). Entsprechend diesen Grundsätzen hat das Insolvenzgericht die Treuhänderin entlassen, nachdem diese trotz zweimaliger Zwangsgeldfestsetzung ihrer längst überfälligen Pflicht zur Rechnungslegung nicht nachgekommen ist. Die von der Begründung der Rechtsbeschwerde vermissten erheblichen Auswirkungen auf das Verfahren folgen schon aus dem Umstand, dass das vereinfachte Verfahren seit mehreren Jahren wegen der fehlenden Rechnungslegung nicht aufgehoben werden kann.
Rz. 5
2. Auf die Rüge der Rechtsbeschwerde, dem Beschwerdegericht sei eine Gehörsverletzung anzulasten, weil es die Treuhänderin nicht darauf hingewiesen habe, dass es bei seiner Entscheidung die von der Treuhänderin selbst dargestellte Überforderung infolge des Ausfalls ihres Sachbearbeiters berücksichtigen wolle, kommt es nicht an. Allein die seit Jahren ausstehende Rechnungslegung trotz der verhängten Zwangsmaßnahmen rechtfertigt die Entlassung der Treuhänderin.
Rz. 6
3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 4 InsO, § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.
Fundstellen
Haufe-Index 3087663 |
WM 2012, 280 |
ZIP 2012, 1092 |
VuR 2012, 198 |