Verfahrensgang
LG Osnabrück (Entscheidung vom 13.02.2023; Aktenzeichen 10 KLs 11/20) |
Nachgehend
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 13. Februar 2023 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Die Verurteilung des Angeklagten wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG, § 267 Abs. 1, §§ 27, 52 Abs. 1 StGB begegnet keinen rechtlichen Bedenken, soweit er aus eigenem finanziellen Interesse ukrainische und belarussische Staatsangehörige bei der Einreise nach Deutschland sowie der behördlichen Anmeldung mittels unechter Personalpapiere unterstützte, die sie als EU-Bürger auswiesen, und er sie hier als vermeintlich die unionsrechtliche Freizügigkeit nach Art. 45 AEUV genießende Arbeitnehmer beschäftigte (Fälle II.1 bis 8 der Urteilsgründe; vgl. etwa BGH, Urteil vom 8. März 2017 - 5 StR 333/16, BGHSt 62, 85 Rn. 6 ff.; Beschluss vom 24. März 2021 - 3 StR 22/21, NStZ-RR 2021, 190; Urteil vom 17. August 2022 - 2 StR 231/21, juris Rn. 8 ff., jeweils mwN).
Soweit es im als Fall II.9 der Urteilsgründe geschilderten Sachverhalt dagegen nicht zur geplanten Arbeitsaufnahme der Ukrainer in Deutschland kam, da sich ihre bulgarischen Identitätskarten bereits bei der versuchten Anmeldung beim Stadtamt B. als Fälschungen erwiesen, leistete der Angeklagte lediglich Hilfe zum Gebrauch einer unechten Urkunde, nicht aber zum unerlaubten Aufenthalt nach § 96 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG. Denn nach Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2018/1806 vom 14. November 2018 waren Ukrainer zur Tatzeit im September 2019 als sogenannte Positivstaater in Verbindung mit Anhang II der Verordnung bei einem Kurzaufenthalt von bis zu 90 Tagen von dem Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit, sofern sie Inhaber eines biometrischen Reisepasses waren. Etwas anderes galt nach § 17 Abs. 1 AufenthVO nur und erst ab dem Moment, in dem sie im Bundesgebiet eine Erwerbstätigkeit aufnahmen. Die bloße Absicht hierzu machte ihren Aufenthalt ebenso wenig zu einem illegalen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 2021 - 3 StR 22/21, NStZ-RR 2021, 190) wie die Begehung einer Straftat, so dass die Vorlage der gefälschten Pässe keine vollziehbare Ausreisepflicht der Ukrainer nach § 95 Abs. 1 Nr. 2a AufenthG zu begründen vermochte. Es stellt sich mithin als fehlerhaft dar, dass die Strafkammer auch dieses Geschehen als vollendetes gewerbsmäßiges Einschleusen von Ausländern durch den Angeklagten gewürdigt hat; insoweit kommt aber ein Versuch in Betracht (§§ 22, 23 Abs. 1 StGB, § 96 Abs. 3 AufenthG; vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 3. September 2015 - 3 StR 236/15, BGHR AufenthG § 96 Abs. 3 Unmittelbares Ansetzen 1; vom 23. Februar 2021 - 1 StR 497/20, juris Rn. 9 ff.; vom 29. November 2022 - 3 StR 238/22, juris Rn. 9).
Da das Landgericht insgesamt von einer Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB ausgegangen ist, berührt der Rechtsfehler den Schuldspruch nicht. Mit Blick auf die Strafzumessungserwägungen ist zudem auszuschließen, dass es auf ein geringeres Strafmaß erkannt hätte, wenn es Fall II.9 der Urteilsgründe nicht als vollendetes Einschleusen gewürdigt hätte, zumal dieser Fall lediglich vier der insgesamt 22 vom Angeklagten und der Nichtrevidentin geschleusten Personen betraf.
Schäfer |
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Berg |
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Erbguth |
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Kreicker |
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Voigt |
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Fundstellen
Haufe-Index 16191220 |
wistra 2024, 247 |
wistra 2024, 3 |
wistra 2024, 301 |