Verfahrensgang
LG Magdeburg (Entscheidung vom 16.02.2024; Aktenzeichen 1 S 90/23 (066)) |
AG Halberstadt (Entscheidung vom 28.03.2023; Aktenzeichen 6 C 317/17) |
Tenor
Der Antrag der Beklagten auf Beiordnung eines Notanwalts für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 16. Februar 2024 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 21.115,08 € festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
1. Der Antrag der Beklagten auf Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 78b Abs. 1 ZPO ist unbegründet.
Rz. 2
Nach dieser Vorschrift hat das Gericht, soweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, einer Partei auf ihren Antrag einen Notanwalt beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Hat die Partei - wie hier - zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden und entsprechend mandatiert, so kommt im Falle einer späteren Mandatsniederlegung die Beiordnung eines Notanwalts nur dann in Betracht, wenn sie die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat (vgl. Senatsbeschlüsse vom 28. April 2020 - VIII ZR 300/18, FamRZ 2020, 1390 Rn. 5; vom 8. Februar 2022 - VIII ZR 192/21, juris Rn. 2; jeweils mwN; vom 19. September 2023 - VIII ZR 114/23, juris Rn. 2). Die Partei hat innerhalb der für das beabsichtigte Rechtsmittel beziehungsweise den beabsichtigten Rechtsbehelf geltenden Frist darzulegen, dass die Beendigung nicht auf ihr Verschulden zurückzuführen ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 28. April 2020 - VIII ZR 300/18, aaO; vom 8. Februar 2022 - VIII ZR 192/21, aaO; jeweils mwN; vom 19. September 2023 - VIII ZR 114/23, aaO).
Rz. 3
Nach diesen Grundsätzen kann der Beklagten im Streitfall ein Notanwalt nicht bestellt werden. Zwar mag die Beklagte ausreichende (vergebliche) Bemühungen nachgewiesen haben, einen zur Vertretung bereiten Rechtsanwalt zu finden. Es fehlt jedoch an jedwedem Vortrag dazu, dass sie die Niederlegung des Mandats durch den zunächst beauftragten Rechtsanwalt nicht zu vertreten hat. Die Beklagte hat in ihrem - am letzten Tag der am 24. Juni 2024 endenden (verlängerten) Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde eingereichten - Notanwaltsantrag lediglich ausgeführt, der Rechtsanwalt sei "bislang offenbar nicht tätig geworden", denn bis jetzt habe sie "keinen Entwurf zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde und andere Schreiben, die er beim Bundesgerichtshof eingereicht hat, erhalten"; sie sei davon ausgegangen, "dass der Rechtsanwalt tatsächlich tätig wird". Aus den von der Beklagten in Bezug genommenen Ausführungen ihrer von ihr bevollmächtigten Tochter in deren Schreiben (ebenfalls) vom 24. Juni 2024 ergibt sich inhaltlich nichts anderes. Dem Vorbringen der Beklagten lässt sich weder der Grund für die - mit Schriftsatz vom 17. Juni 2024 erklärte - Niederlegung des Mandats durch ihren Rechtsanwalt entnehmen noch ergibt sich hieraus, dass die Niederlegung nicht auf ein Verschulden der Beklagten zurückzuführen ist.
Rz. 4
Da die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde am 24. Juni 2024 abgelaufen ist, kann weiterer berücksichtigungsfähiger Vortrag hierzu auch nicht erfolgen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 28. April 2020 - VIII ZR 300/18, aaO Rn. 6; vom 19. September 2023 - VIII ZR 114/23, aaO Rn. 3). Vor diesem Hintergrund war auch dem Antrag der Beklagten auf Verlängerung der Stellungnahmemöglichkeit nicht zu entsprechen.
Rz. 5
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten ist als unzulässig zu verwerfen, da die Frist zu deren Begründung verstrichen ist. Sie ist zwar form- und fristgerecht eingelegt, jedoch nicht innerhalb der von dem Vorsitzenden bis zum 24. Juni 2024 verlängerten Frist durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt begründet worden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 8. Februar 2022 - VIII ZR 192/21, aaO Rn. 7; vom 19. September 2023 - VIII ZR 114/23, aaO Rn. 4).
Rz. 6
Die Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde kann gleichzeitig mit der Zurückweisung des Antrags auf Beiordnung eines Notanwalts erfolgen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 8. Februar 2022 - VIII ZR 192/21, aaO Rn. 9 mwN; vom 19. September 2023 - VIII ZR 114/23, aaO Rn. 5). Ein etwaiger Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 233 ZPO) im Hinblick auf die versäumte Begründungsfrist verspräche - selbst wenn er, wie erforderlich, von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt gestellt würde - keinen Erfolg. Zwar hat die Beklagte vor Fristablauf einen Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts gestellt, die Voraussetzungen hierfür - wie vorstehend ausgeführt - aber nicht dargelegt (vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 8. Februar 2022 - VIII ZR 192/21, aaO mwN; vom 19. September 2023 - VIII ZR 114/23, aaO; vom 16. April 2024 - VIII ZR 55/24, juris Rn. 5 f.).
Dr. Bünger Kosziol Wiegand
Dr. Matussek Messing
Fundstellen
Dokument-Index HI16578727 |